Schill und die extreme Rechte
Verschiedentlich ist auf die Beteiligung von Personen aus der extremen Rechten am Aufbau der Partei Rechtstaatliche Offensive (PRO) hingewiesen worden. Ein massiver Zulauf von bekannten Angehörigen der extremen Rechten ist bisher nicht zu erkennen, wenn auch Faschisten beispielsweise in Schleswig-Holstein immer wieder an den örtlichen Versammlungen teilgenommen und durch Fragen und Redebeiträge ausgelotet haben, welche offen faschistischen Positionen von den Vertretern der PRO noch toleriert oder gar aktiv getragen werden.
In Hamburg-Harburg ist das ehemalige REP-Mitglied Uwe Ellefsen für die PRO aktiv, der Eimsbütteler Fraktionsvorsitzende Christian Brandes kommt aus der extrem rechten Burschenschaft Germania, und das Mitglied des Partei-Arbeitskreises Marketing, Gerda Wittuhn, machte die extrem rechte Bewegung Pro Köln mit dem PRO-Parteiprogramm bekannt. Ob die extreme Rechte maßgeblichen Einfluss in der PRO erhalten wird, erscheint zur Zeit im Gesamtzusammenhang des Parteibildungsprozesses unwahrscheinlich. Antifaschistische Kräfte werden aber nicht nur dies weiter beobachten und gezielt gegen die PRO demonstrieren, sondern vor allem eine politisch-inhaltliche Kritik des von der Schill-Partei vertretenen autoritären Neoliberalismus leisten müssen.
Insgesamt ist das Verhältnis der verschiedenen Strömungen der extremen Rechten zu Schill & Co aber nicht einheitlich. Einschlägigen Stimmen der verschiedenen Fraktionen der extremen Rechten verdeutlichen, dass Parteien wie zum Beispiel NPD, DVU und REP, die Schill-Partei vor allem als Konkurrenz, zum Teil gar als ‘Verrat an der nationalen Sache‘ sehen. Andere Strömungen, wie die Deutsche Partei um Heiner Kappel prüfen noch Möglichkeiten der Zusammenarbeit:
Die NPD schrieb kurz nach der Hamburg-Wahl in der Oktoberausgabe der Parteizeitung Deutsche Stimme, dass "jenseits aller Bewertungen der Systemkräfte (...) nur die Frage von Belang [ist], welche Chancen oder Risiken der Aufstieg der Schill-Partei für eine grundlegende nationalpolitische Umgestaltung bringt." Der NPD ist die PRO nicht rassistisch und autoritär genug ist: "Fest steht (...), daß er ein im Grunde spießiger, unpolitischer Konservativer ist, kein Rechter und erst recht kein Nationalist. Sein (...) Vorbild ist Patrioten-Jäger Beckstein. (...) Mit Schill hat ein weiterer politischer Schurke zur Abschöpfung von nationalen Wahlstimmen die BRD-Bühne betreten..." In den folgenden Ausgaben der Deutschen Stimme darf dann der Kieler Student Thorsten Thomsen über Schill & Co dieses Urteil bestätigen, der aber hofft, dass die nun einsetzende Enttäuschung der Law-and-Order-WählerInnen nächstes Mal zur Wahl einer "authentisch nationalen und ‘rechten‘ Kraft" führen wird.
In der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit wurde der Wahlerfolg Schills ausdrücklich begrüßt. Durch ihn würden sich neue Möglichkeiten einer Koalition der CDU/CSU mit einer rechts davon angesiedelten Partei entstehen. Entsprechend deutlich viel die Zustimmung aus: "Frische Brise für Bürgerliche", "Der Start einer Hoffnung" oder auch "Für 80 Prozent prinzipiell wählbar". Das Blatt, das den Aufbau der PRO in den verschiedenen Bundesländern aufmerksam und mit großen Reportagen verfolgt, sorgt sich aber auch um die Professionalität des PRO-Personals. So wird der für den Aufbau des Landesverbandes Sachsen-Anhalt zuständige, aber wegen seines Geschäftsgebarens nicht unumstrittene Unternehmer Ulrich Marseille gerade deshalb als nützlich für die Partei bezeichnet, weil er neben seinen "nicht zu unterschätzenden finanziellen Mitteln" auch "über professionelle Management-Fertigkeiten" verfüge – ganz im Gegensatz zur Vielzahl derjenigen, die derzeit in die Partei strömen.
Kurz nach dem Wahlerfolg Schills in Hamburg hatte sich die Deutsche Partei, die unter Leitung Heiner Kappels vor allem die Reste des aufgelösten Bund Freier Bürger (BFB) einzusammeln versucht, mit einem Brief an Schill gewandt. Darin waren Gespräche angeregt worden, um das Ausmaß politischer Gemeinsamkeiten und mögliche Formen der Zusammenarbeit auszuloten. Auf diese Initiative hat die PRO in allgemeinen Ausführungen positiv reagiert, so dass nun Heiner Kappel beauftragt wurde, den Kontakt zu verstärken.
Die Republikaner um Rolf Schlierer bemühen sich vor allem darum, Schill und das übrige PRO-Personal den Geruch der Inkompetenz und Korruption anzuhängen. So schreibt der Hamburger Landesvorsitzende der REP, Thomas Nissen: "Mit Richter Schill und seiner zwielichtigen Truppe sind die Hamburger Bürger vom Regen in die Traufe geraten." Zudem zählt er auf, dass die PRO einige ihrer Wahlversprechen (Halbierung der Kriminalität in 100 Tagen, sechsspuriger Autobahnring um Hamburg, Herabsetzung der Strafmündigkreit auf zwölf Jahre, ...) bisher nicht gehalten habe. Insbesondere die zentrale Rolle, die der Unternehmer Ulrich Marseille, der die Partei finanziell erheblich unterstützt und eine zentrale Rolle beim Aufbau der Partei in Ostdeutschland spielt, wird von den REP aufgegriffen und mit dessen zweifelhaften Geschäftspraktiken in Verbindung gebracht. Schließlich dürfen auch antisemitische Anspielungen a lá ‘die Juden und krumme Geschäfte‘ nicht fehlen: "Und auch aus der einflussreichen deutsch-israelischen Gesellschaft, deren Mitglied Ronald Barnabass Schill ist, kam bisher noch kein hörbarer Protest."
In der Deutschen National-Zeitung, herausgegeben vom DVU-Chef Gerhard Frey, kommt Schill ebenfalls nicht gut weg. Das liegt zum einen daran, dass die DVU mindestens wegen der PRO-Kandidatur bei den letzten Bürgerschaftswahlen von knapp 5% der Stimmen auf unter 1% abstürzte. In der Bewertung des Wahlausgangs vom September 2001 kommt die DVU zum Ergebnis, dass nicht nur rot-grün eine deutliche Niederlage erlitten hat, sondern dass auch "mehr als 20 Prozent der Wähler (...) per Stimmzettel Forderungen ihre Zustimmung erteilt (hätten), die – beispielsweise in Sachen Kriminalitätsbekämpfung – seit Jahr und Tag von den Rechten erhoben werden". Will die DVU zunächst der PRO noch eine Chance geben, so versucht sie seit Januar 2002 Schill für die LeserInnen der Deutschen National-Zeitung (DNZ) politisch niederzumachen. Dazu dienen ihr Äußerungen Schills, denen zufolge er mehrfach seinen Großvater, der von den Nazis ermordet worden sei, als Vorbild habe". Das DVU-Blatt breitete daraufhin einige Stationen der Lebensgeschichte von Kurt Schill aus, der danach in der KPD und im antifaschistischen Widerstand aktiv war. Das alles unter der Überschrift "Sein Leben im Dienste des Kommunismus Stalins".
Im revanchistischen Ostpreußenblatt, dessen Redaktion in Hamburg sitzt, wird der Weg der Schill-Partei ebenfalls aufmerksam und wohlwollend verfolgt. Im guten Abschneiden der PRO sieht man eine Entwicklung nach Deutschland übergreifen, die "seit den 70er Jahren (...) in beinahe ganz (West)Europa das bürgerliche Lager in Bewegung" gebracht habe und zum Aufstieg und zur parlamentarischen Vertretung extrem rechter und rechtspopulistischer Parteien geführt hat. Nach den ersten negativen Schlagzeilen um Senator Mettbach (PRO), der wegen der Beschäftigung seiner Lebensgefährtin auf einer gutbezahlten Stelle als Referentin kritisiert worden war, gab das Revanchistenblatt aber zu bedenken, dass Schill sich in der Behandlung dieser Affäre öffentlich zu bedeckt gehalten habe und so der Eindruck entstehe, er habe "zum Gänseklein des täglichen Politikgeschäfts (...) wenig Lust". Sauer stößt dem Ostpreußenblatt auch auf, dass Mettbach sich nicht offensiver zu dem Interview bekannt hat, das er der extrem rechten Wochenzeitung Junge Freiheit gegeben hatte. Dadurch sei die "demokratische Rechte" brüskiert worden.