Ein Gespräch mit Roghel und Persia, zwei Frauen aus Afghanistan, die zur Zeit in Hamburg leben und mit anderen afghanischen Frauen eine Ausbildung absolvieren. Ihre Familiennamen und Daten möchten sie – aus Angst vor Benachteiligung oder gar Repression - nicht veröffentlicht wissen.
Habt Ihr das Gefühl, dass sich für Euch seit dem
11. September etwas in Deutschland geändert hat?Roghel: Nein, nicht für uns soviel, aber für unsere Vereine und Institutionen schon, da werden viele schlimme Dinge drüber erzählt. Früher war es auch nicht so gut als Ausländerin.
Persia: Für mich ist es einfach unverständlich, dass es da zwei Seiten geben soll: Afghanen und Amerika, zumal es ja nicht mal Afghanen waren. Was können denn die Menschen dafür, dass der sich da versteckt, die wurden doch gar nicht gefragt ob sie Bin Laden da haben wollen oder nicht. Jetzt werden die da bombardiert!
Habt ihr noch Familie in Afghanistan?
Roghel: Ja natürlich, die Situation von denen ist unbeschreiblich schlecht. Einige sind im Gefängnis. Auch die Nordallianz macht da nichts.
Persia: Die sind auch keine Lösung! Die Nordallianz hat doch zusammen mit den Taliban Afghanistan zerstört. Und jetzt sollen die wieder an die Macht?!
Was könnet ihr euch denn als Lösung vorstellen für Afghanistan? Oder besser: Was wünscht ihr euch als Lösung?
Roghel: Das kann man nicht so einfach sagen. Das hat ja Geschichte, die muss man betrachten. Wir hatten ja schon mal so etwas wie Demokratie und auch als dann die Sowjetunion gekommen ist, gab es z.B. noch mehr Rechte für Frauen. Das war so etwas wie eine Republik. Aber das war die Zeit des Kalten Krieges und die Menschen sind dazwischen geraten. Amerika hat die Feinde der Sowjetunion unterstützt und das hat diese Republik kaputt gemacht.
Persia: Afghanistan war fast immer ein Spielball der Großmächte.
Roghel: Nur die wirklichen afghanischen Demokraten können ein besseres Afghanistan errichten.
Gibt es denn diese Demokraten gerade in Afghanistan?
Roghel: Ja natürlich, vielleicht nicht in Afghanistan aber ...
Persia: Wen meinst Du denn damit?
Roghel: Die Intellektuellen, Leute in der ganzen Welt, die im Exil. Ohne die können wir nichts erreichen.
Persia: Damit wir irgendwann in ein paar Jahren selber entscheiden können, wie wir leben wollen.
Persia: Die Nordallianz handetn auch im Interesse der westlichen Länder, auch deshalb schon können die uns nicht helfen.
Also gäbe es die Sowjetunion heute noch:
Wäre es in Afghanistan besser?Roghel: Auch die Sowjetunion ist bei uns eingedrungen, auch die Rote Armee wollten wir nicht. Die hatten das gleiche geopolitische Interesse wie die USA.
Persia: Afghanen waren immer ein patriotisches Volk, weil wir damals von England kolonialisiert wurden.
Wie glaubt ihr:
Könnte man Bin Laden ohne Intervention verhaften?Roghel: Für mich existiert der gar nicht. Ich habe ihn nicht geholt und die Afghanen wollten ihn nicht. Wer hat ihn denn erschaffen und finanziert? Wenn ich mir selber ein Problem schaffe und es danach auf andere schiebe: das ist nicht logisch. Die USA und die Sowjetunion haben Afghanistan zerstört und die müssen es wieder aufbauen.
Habt ihr euch politisch engagiert gegen den Krieg?
Roghel: Aus Angst nicht. Keine von uns!
Persia: Es wird zwar immer gesagt, Deutschland ist ein demokratisches Land, aber man sieht ja: fast jede ausländische Akte wird untersucht.
Roghel: Die wollen, dass wir dieser Politik zustimmen, damit sie weiter geht. Wenn Du dagegen bist und einen Verein gründest, dann wissen sie doch wer du bist und wer soll das finanzieren? Wir sind viele einzelne, mit unseren Gedanken allein.