Antifachronologie Hamburg


Die folgende Chronologie ruft einige antifaschistische Aktivitäten in Hamburg in Erinnerung. Wir haben uns dabei ausschließlich auf die Aktionen konzentriert, bei denen es eine größere TeilnehmerInnenzahl gab. Insofern besteht keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. (AG/R)

1989
19.4.: Das "Komitee Adolf Hitler" plante großangelegte Geburtstagsfeiern für den "Führer"; die Presse verbreitete Panik mit dem Ergebnis, daß zahlreiche ausländische SchülerInnen am 20.4. zu Hause blieben. Zugleich fand eine Demo von autonomen Stadtteilinitiativen in Horn statt, der sich viele Jugendliche anschlossen, so daß sie auf bis zu 5000 Personen anschwoll.
20.4.: Aus dem gleichen Anlaß gingen noch einmal 1500 Jugendliche auf die Straße. Abends und nachts gab es Fahrwachen. Von den Nazis war dieser Tage nichts zu sehen.
18.6.: Am Abend der Wahlen zum Europaparlament, in das die REPs eingezogen waren, fand eine (autonome) Demo durch die Innenstadt mit 800 TeilnehmerInnen statt.
1.9.: Von einer DGB-Demo zum Antikriegstag setzte sich ein Teil der AntifaschistInnen ab und führte eine Kundgebung vor dem UG Holstenglacis durch.

1990
30.1.: 1200 Menschen demonstrierten gegen die "Wiedervereinigung", mobilisiert von der "Antifaschistischen Koordination", in der sich der Rest der Linken versammelt hatte. Grüne fehlten, aber auch Teile der Autonomen hielten sich vollkommen heraus.
3.3.: Seit einiger Zeit fanden kleinere Aufmärsche für die "Wiedervereinigung" statt (REPs, Nationalsozialisten, Gruppe 146). Gegen den dritten dieser Art demonstrierten 5000 Menschen, mobilisiert von einem großen Bündnis. Auf der Moorweide kam es zu Schlachten mit der Polizei. Die SPD verbot den Jusos daraufhin, mit Autonomen in der "Antifaschistischen Koordination" zusammenzuarbeiten; die gehorchten.
24.3.: 2000 Menschen, vorwiegend AnhängerInnen türkischer MigrantInnengruppen, demonstrierten gegen das geplante neue Ausländergesetz.
9.4.: 500 demonstrierten in Eimsbüttel gegen einen REP-Parteitag im Hamburg-Haus, obwohl der bereits abgesagt worden war.
8.7.: Nach dem deutschen WM-Sieg (Sparte Fußball) feierten 5000 Fans auf der Reeperbahn, darunter 500–600 Faschisten, die versuchten, durch die Polizeikordons zur Hafenstraße zu kommen. Das schafften sie zwar nicht, aber sie griffen AusländerInnen und "linke" Kneipen an.
14.10.: Weil sich bei fast jedem HSV-Heimspiel Hooligans auf dem Kiez sammelten und versuchten, die Hafenstraße anzugreifen, fand eine Antifa-Demo mit 2000 TeilnehmerInnen statt, die zum Hans-Albers-Platz zog. Es beteiligten sich autonome AntifaschistInnen und St. Pauli-Fans, andere Spektren aber leider kaum.
2.12.: 1000 demonstrierten gegen die "Wiedervereinigungswahlen". Neben Autonomen waren erstmals sog. "Antinationale" deutlich zu auszumachen, von denen die Initiative zur Demo auch ausgegangen war.

1991
18.1.: 600 AntifaschistInnen verhinderten im Zuge einer Anti-Golfskriegsdemo ein Kundgebung von 50 FaschistInnen der "Initiative der deutschen Freundeskreise/Deutschlandbewegung", die die "Reichsgründung" feiern wollten.
13.4.: 1000 Personen, Autonome und zahlreiche Jugendliche, demonstrierten in Berne und Rahlstedt gegen den dort zunehmenden Naziterror.
Mai: 500 demonstrierten gegen eine Wahlkampfdemo der "Nationalen Liste" mit 65 Leuten in St. Georg.
2.6.: Bürgerschaftswahlen: REPs 1,2 %, HLA 0,7 %, NL 0,1 %.
20.7.: Vor der Bergedorfer Kneipe "Kogge" wurde ein Türke von vier Nazis schwer zusammengeschlagen. Kurz darauf fand eine Antifa-Demo mit 1700 Personen statt, bei der viele Spektren präsent waren (einschließlich der GAL) und zahlreiche MigrantInnen teilnahmen.
3.10.: Der jährliche "Deutschland-Nationalfeiertag" fand in Hamburg statt. 8000 vorwiegend Autonome und Antinationale protestierten mit einer Demo.
8.11.: 5000 demonstrierten zum Jahrestag der Reichspogromnacht, obwohl das breite Bündnis zerstritten war.
17.12.: 8000 SchülerInnen protestierten gegen "Ausländerhaß".

1992
8.2.–19.2.: Flüchtlinge, die nicht wieder in die Ex-DDR deportiert werden wollten, führten in einer Kirche in Norderstedt einen Hungerstreik durch. Von antifaschistischer und antirassistischer Seite gab es zwar Unterstützung aus Hamburg, sie blieb aber relativ gering.
27.6.: Zu einer antirassistischen Demo wegen zahlreicher pogromartiger Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte erschienen trotz eines breit getragenen Aufrufs nur 500 TeilnehmerInnen.
26.10.: In Niendorf demonstrierten etwa 500 Autonome und Jugendliche gegen den Naziterror der letzten Zeit.
9.11.: Zum Gedenken an die Reichspogromnacht erschienen 5000 Menschen, aufgerufen hatte ein breites Bündnis.
22.11.: Zur Demo wegen der Ermordung Silvio Meiers in Berlin erschienen 4000 Menschen, auch, weil in der Nacht zuvor der mörderische Brandanschlag in Mölln stattgefunden hatte. Deswegen waren am Vormittag bereits 500–1000 SchülerInnen und Studierende auf die Straße gegangen.
3. Advent: 300000–450000 Menschen beteiligten sich am "Alsterleuchten", einer Lichterkette um die Binnenalster nach Münchner Vorbild, deren Forderungen sich aber nicht gegen Rassismus schlechthin wandten, sondern nur gegen seine gewalttätige Ausprägung durch Nazibanden.

1993
15.1.: 1000 SchülerInnen demonstrierten gegen den "Asylkompromiß".
Januar: 500 gedachten der Freiburger Antifaschistin Kerstin, die mit einer Paketbombe ermordert wurde. Nazis wurden als Täter verdächtigt.
30.1.: Zum Jahrestag der Machtübertragung an die NSDAP demonstrierten 1300 Personen gegen Rassismus, Faschismus und Krieg – traditionelle Linke und ein paar türkische, kurdische und autonome Gruppen.
6.2.: 1500 vorwiegend autonome Antifas demonstrierten zur FAP-Geschäftsstelle in Halstenbek-Krupunder.
26.5.: 5000 SchülerInnen demonstrierten gegen die de facto Abschaffung des Asylrechts.
29.5.: Wegen des Brandanschlags in Solingen gingen spontan 700 Menschen auf die Straße.
1.6.: Erneut wegen des Solinger Anschlags fand eine Demo statt. Türkische SozialdemokratInnen brachten 600 Personen auf die Straße.
2.6. 5000 nahmen an einer Trauerkundgebung für die Opfer von Solingen auf dem Rathausmarkt teil. Bei der anschließenden Demo gingen Jugendliche militant gegen die Ausländerbehörde und die SPD-Zentrale vor. Zu weiteren Auseinandersetzungen kam es im Schanzenviertel.
4.6.: 500 demonstrierten gegen die Propagandaveranstaltung "Vielvölkerstadt Hamburg" auf dem Rathausmarkt.
5.9.: 400 demonstrierten gegen einen NL-Aufmarsch, der verboten wurde.
19.9.: Am Wahlabend gingen 3000 Leute auf die Straße um gegen den möglichen Einzug der REPs in die Bürgerschaft zu protestieren. Eine REP-Wahlfeier in Farmsen wurde attackiert. Die Ergebnisse: REPs 4,8 %, DVU 2,8 %, NL 0,0 %.

1994
29.1.: Zum Jahrestag der Machtübertragung wollte die FAP aufmarschieren. Das blieb verboten, dennoch waren 600 Antifas auf der Straße.
15.4.: Eine weitgehend autonome Mobilisierung brachte auf eine Demo gegen das "Nationale Infotelefon" der FAP in Hamm 800 TeilnehmerInnen.
30.5.: 300 Leute störten eine "Bund Freier Bürger"/Haider-Veranstaltung auf dem Gänsemarkt.
12.8.: Gegen den alljährlichen "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch" wurde regional gegen Nazistrukturen vorgegangen. In Hamburg fand in Blankenese eine Demo mit 600 Autonomen gegen Jürgen Rieger statt.

1995
30.1.: Zum Jahrestag der Machtübertragung demonstrierten 400 Leute aus dem traditionalistischen/reformistischen Spektrum.

1996
1.6.: 300 autonome Antifas demonstrierten durch Eppendorf und Winterhude gegen die Drahtzieher des Heideheims in Hetendorf.
Ende '96: 300 demonstrierten in Glasmoor gegen den Abschiebeknast.

1997
22.2.: 600 überwiegend MigrantInnen demonstrierten gegen Abschiebungen nach Jugoslawien.
Juli (?): 400 demonstrierten gegen das BFB-Wahlbüro in der Innenstadt. Getragen wurde die Aktion von den üblichen Strukturen und erstmals auch vom "Linksruck".
13.9.: 3500 demonstrierten gegen einen NPD-Aufmarsch. Mobilisiert hatte ein breites Bündnis. Die NPD kam nicht, lediglich ein paar Nazis wurden am Hauptbahnhof angegriffen und 30–40 von ihnen störten eine Voscherau-Wahlkampfveranstaltung in Hamm.
21.9.: Bürgerschaftswahlen: DVU 4,975 %, REPs 1,9 %, NPD 0,1 %, BFB 1,3 %.
8.11.: 400 v.a. AfrikanerInnen protestierten gegen Diskriminierung und Kriminalisierung afrikanischer Flüchtlinge.
3.12.: 500 Antifas, v.a. Autonome und Jugendliche, verhinderten eine DVU-Veranstaltung in Billstedt.

1998
2.9.: 400 Antifas verhinderten eine DVU-Veranstaltung in einer Wandsbeker Kneipe.
27.9.: Hamburger Ergebnisse der Bundestagswahlen: DVU 2,1 %, REPs 0,6 %, NPD 0,1 %, BFB 0,3 %.

1999
5.6.: Ein Naziaufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung ab Moorweide blieb verboten. Antifa-Aktionen waren ebenfalls verboten worden, dennoch demonstrierten 1500 AntifaschistInnen.
10.7.: 530 Nazis durften in Bergedorf gegen die Wehrmachtsausstellung demonstrieren. Ganz Bergedorf war von der Polizei abgeriegelt worden, um antifaschistischen Protest zu unterbinden. Vor Ort waren vielleicht 400 Antifas, weitere wurden unterwegs gestoppt, auf dem Gänsemarkt versammelten sich zur besten Zeit 400 Antifas. Die Beteiligung der Hamburger AntifaschistInnen blieb erschreckend gering.
27.11.: In Barmbek marschierten 50 Nazis gegen einen Bauwagenplatz. 1000 Polizisten schützten sie vor 600 AntifaschistInnen.

2000
8.1.: Gegen einen Aufmarsch von 70 Neonazis demonstrierten in Bergedorf 300 vom DGB Mobilisierte und 150 Antifas.
19.2.: 800 protestierten gegen die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich.
4.6.: Erneut durften Nazis demonstrieren; diesmal waren es etwa 250 in Eilbek. An der Gegendemo beteiligten sich überraschenderweise 2000–3000 Menschen aus den unterschiedlichsten Spektren.
8.7.: Nachdem ihr ein Infostand in Altona abgeräumt worden war, wollte die NPD durch Altona marschieren, was von bis zu 2000 AntifaschistInnen mit Blockaden verhindert werden konnte.
19.8.: Gegen einen (verbotenen) Naziaufmarsch trafen sich 1500 Menschen (mobilisiert vom "Bündnis gegen Rassismus und Faschismus" und dem DGB) auf dem Gänsemarkt.
20.8.: Zum "Ausgleich" für das Verbot vom Vortag wurde Worch und Co. eine Kundgebung vor dem Springer-Hochhaus gestattet. Während die Nazis kaum mehr als 100 Personen waren, gingen bis zu 1500 AntifaschistInnen auf die Straße. Massive Polizeisperren verhinderten aber auch hier jedes Vorgehen gegen die Nazis.
3.9.: Erneut standen 2000 Antifas vor Polizeiabsperrungen, während etwa 80 Nazis vor das MoPo-Gebäude in Bahrenfeld zogen.
9.11.: Zum Gedenken an die Reichspogromnacht, da traditionell von der VVN organisiert wird, kamen 500 Menschen. Niemand weiß, warum es in diesem Jahr so viele geworden waren.
9.12.: 300 überwiegend Autonome demonstrierten in Bramfeld gegen die örtlichen Nazistrukturen.

2001
27.1.: Worch wollte demonstrieren, dies blieb an diesem Tag aber verboten. Statt dessen waren 1000 Menschen vorwiegend aus Bramfeld auf der Straße.
28.1.: An diesem Tag durfte Worch mit 130 Getreuen durch Bramfeld ziehen. 500–700 AntifaschistInnen konnten den Marsch trotz 2500 Polizisten immer wieder stören, so daß die Polizei ihn nach einem Drittel seiner Route abbrach.
 
 

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