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GBI, SMUV, VHTL, VPOD, comedia (alle Schweiz), Mai 99

Mit einer Karawane gegen die Globalisierung
Die Basis spricht für sich selbst

Yvonne Zimmermann

Ende Mai kommen 400 indische Bäuerinnen und Bauern sowie 100 Aktivisten/-innen aus anderen Dritt-Welt-Ländern nach Europa. Sie suchen hier den Austausch mit der hiesigen Bevölkerung im Kampf gegen die verheerenden Auswirkungen der Globalisierung.

1998 stieg in Indien der Zwiebelpreis innerhalb von Wochen um das Zehnfache, nachdem die Regierung den Zwiebelexport liberalisiert hatte. Damit wurde die Versorgungslage prekär, insbesondere für die untersten Schichten, zu deren Grundnahrungsmittel die Zwiebel gehört. Es wurde für viele Inderinnen und Inder somit ganz konkret erfahrbar, welche Folgen die Globalisierung haben kann und dass diese zu ihrer Verelendung beiträgt.

Das hat Folgen. In Indien wehren sich immer mehr gegen die Institutionen, die die Globalisierung der Wirtschaft fördern, so zum Beispiel multinationale Konzerne, die etwa mit der Gentechnologie ihren Einfluss verstärken wollen. Im November 1998 fanden in den indischen Bundesstaaten Karnataka und Andhra Pradesh riesige Proteste gegen den multinationalen Konzern Monsanto statt, als bekannt wurde, dass dieser seit Monaten Feldversuche mit genetisch manipuliertem Saatgut durchgeführt hatte. Dieses Saatgut war steril, das heisst, es konnte sich nicht vermehren.

Würde es vermarktet, könnten die Bauern nicht mehr, der Tradition gemäss, einen Teil des Saatguts für die nächste Aussaat zurückbehalten. Statt dessen müssten sie jedes Jahr neues Saatgut kaufen und würden in eine noch grössere Abhängigkeit gezwungen. Nach den massiven Protesten der Bauern und Bäuerinnen forderte die Regierung des Bundesstaats Andhra Pradesh Monsanto auf, die Feldversuche abzubrechen.

Um ihre Rechte besser durchsetzen zu können, haben sich die indischen Bäuerinnen und Bauern organisiert. Allein im Bundesstaat Karnataka haben sich rund 10 Millionen der Bauernbewegung KRRS angeschlossen, welche den Protest gegen Monsanto anführte. Diese ist damit die stärkste Bauernbewegung Indiens. Die KRRS initiierte auch das Projekt einer Karawane nach Europa.

Die Basis kommt

Die Teilnehmer/-innen der Karawane wollen eine breite Öffentlichkeit in Europa auf ihre Situation aufmerksam machen. "Wir wollen dem Norden vermitteln, wie der Süden das System der Ausbeutung und des Genozids erlebt, das uns von Euren Regierungen, den internationalen Institutionen wie der Welthandelsorganisation und den multinationalen Konzernen aufgezwungen wird", schreibt dazu ein Vertreter der KRRS. "Wir wollen Euch aus erster Hand eine Vorstellung davon geben, welche Auswirkungen diese Institutionen auf uns haben und wie sie unser Leben zerstören. Im Süden ist die Dringlichkeit einer radikalen politischen Veränderung offensichtlich."

Erstmals werden nicht einzelne Funktionäre über die Situation der Bevölkerung berichten, sondern 500 Vertreter und Vertreterinnen von Basisbewegungen werden hierher kommen und für sich selbst reden: Bauern und Bäuerinnen, Landlose, Kastenlose, Vertreter/-innen der Adivasi (der Urbevölkerung Indiens) und der Bewegung gegen den Narmada-Staudamm sowie 100 Vertreter/-innen von Bewegungen aus anderen Dritt-Welt-Ländern. Die Teilnehmer/-innen der Karawane suchen einen Austausch mit der Bevölkerung in Europa, die von derselben neoliberalen Politik bedroht ist.

Denn auch hier sind die Auswirkungen der Globalisierung spürbar: Die Zahl der Arbeitslosen, Fürsorgeempfänger/ -innen und anderen Ausgeschlossenen steigt - insgesamt gibt es in Europa 50 Millionen Verarmte, von denen 10 Millionen unter der absoluten Armutsgrenze leben. Auch die europäischen Arbeitsplätze werden unsicherer, die Lohnungleichheit nimmt zu und Bildung wird durch die hohen Studiengebühren wieder zu einem Gut für die Reichen.

Ziel der Karawane ist deshalb auch eine Vernetzung der Menschen, die sich gegen die Globalisierung wehren. Dazu ein Mitglied der Koordinationsgruppe: "Dadurch, dass verschiedene Menschen, die von der Globalisierung betroffen sind, gemeinsam nach Alternativen suchen, können wir auch hier in Europa eine Kraft entwickeln und uns auf einer breiteren Ebene der Globalisierung widersetzen."

Zahlreiche Solidaritäts-, Umwelt- und kirchliche Gruppen, Arbeitslosen- und Bauernorganisationen, Gewerkschaften, Friedens- und Entwicklungsorganisationen unterstützen in Europa die Karawane finanziell, logistisch oder zumindest mit ihrem Namen.

12. Juni 1999 Aktionstag

Am 12. Juni treffen 300 Teilnehmer/-innen der Interkontinentalen Karawane in Bern ein. Zu diesem Anlass finden ein Sternmarsch zum Bundesplatz und ein großes Fest statt. Die fünf Demonstrationszüge sind verschiedenen Themen gewidmet, so dem Sozialabbau und der Arbeitslosigkeit, der Landwirtschaft, der Migration und den Menschenrechten, Frauen sowie der Weltwirtschaft.

Gewerkschaften, Arbeitslose, Fürsorgeempfänger/-innen und Studenten/-innen besammeln sich um 14 Uhr beim Schwellenmätteli (Tram 3 oder 5 bis Helvetiaplatz, dann zu Fuss an die Aare). Auf dem Bundesplatz beginnt ab 15 Uhr ein Fest mit Musik, Ansprachen, Essen und Trinken, Filmvorführungen sowie Diskussionsforen zu Themen der Globalisierung.


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