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Unsere Bildung mit dem Rücken zur Wand
Eine Bestandsaufnahme der Globalisierung im Dienstleistungsbereich

Ein hoffnungsvoller Blick in die Hochschule der Zukunft -
wenn Ökonomisierung und Hierarchisierung der Hochschulen der Vergangenheit angehören!

Hochschulen: offene Einrichtungen

Im Jahre 2015 sind die Hochschulen zu einer gesellschaftlich integrierenden Institution geworden. Es wurde eingesehen, dass in einer von Wissenschaft und Technologie geprägten Gesellschaft der freie Zugang zu Hochschulen nicht wenigen Elite-Studenten vorbehalten werden kann. Ein gutes Bildungssystem ist als Grundlage für Demokratie schließlich unentbehrlich. Deshalb kann sich jede(r) Bürger(in) an einer Hochschule einschreiben, kostenlos studieren und an laufenden Projekten teilnehmen. Ein früher begonnenes Studium kann jederzeit fortgesetzt werden. Der freie Zugang zu Wissenschaft und Lehre stellt ein so verstandenes lebensbegleitendes Lernen dar. Im Rahmen der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung nutzen viele das Mehr an Freizeit, um sich fortzubilden.

Studiengebühren: ein teurer Flop

Die 2004 eingeführten Studiengebühren hatten verheerende bildungs- und sozialpolitische Wirkungen. Sie verstärkten den hierarchischen und selektiven Charakter des alten Bildungssystems und verteilten die Bildungschancen noch ungerechter. Viele Interessierte wurden abgeschreckt bzw. hatten gar nicht die finanziellen Möglichkeiten zu studieren. Studiengebühren stellten sich als betriebswirtschaftlich belanglos und volkswirtschaftlich schädlich heraus. Die marktradikale Auffassung, Bildung und Wissen als Ware und persönliche Investition zu betrachten, wurde nach und nach aufgegeben. Studiengebühren sind jetzt verboten.

Finanzierung?

Für Bildung und somit für die Hochschulen ist durch ein Gesamtreformkonzept in der Steuer- und Sozialpolitik wieder mehr Geld da. Endlich wurde Steuergerechtigkeit hergestellt, d.h. es wird von oben nach unten umverteilt. Durch umfassende internationale Abkommen können auch große Konzerne wieder vernünftig besteuert werden, nachdem sie durch den lästigen Standortwettbewerb früher übervorteilt wurden. So erholt sich der Staatshaushalt allmählich von den dürren Zeiten des Neoliberalismus.

Modularisierung

Inzwischen ist der Studienaufbau modularisiert: Nach einer bestimmten Anzahl von Modulen, die aus Seminaren und Kursen bestehen, erhält man einen akademischen Grad. Leistungen während des Studiums zählen zur Abschlussnote; die Abschlussprüfungen halten sich somit in Grenzen. Auch Auslandsaufenthalte, sowie Praktika und Scheine aus anderen Fächern können in den Modulen verwertet werden. Sogar die Arbeit in Fachschaften und in der Studentischen Vertretung kann eingebracht werden. Der Theorie- und Praxisanteil des Studiums kann freier gestaltet werden. Insgesamt ist eine erhöhte Motivation unter den Studierenden feststellbar, da das Studium durch größere persönliche Gestaltungsmöglichkeiten den Interessen der Leute gerechter wird. Auch Arbeitgeber schätzen inzwischen, dass sich die Absolventen mit viel individuellerem Profil bewerben. Der Abgang von der Uni ist jederzeit mit einem Zeugnis über die besuchten Kurse möglich. Auch ein Teilzeitstudium ist jetzt machbar, was besonders Eltern von kleinen Kindern und Leuten, die erwerbstätig sind, zugute kommt.

Projektstudiengänge

Solche zeitlich begrenzten Projekte bereichern das akademische Angebot entscheidend. Sie basieren auf dem Prinzip des forschenden Lernens, d.h. Eigeninitiative und kollektive Arbeitsmethoden werden sinnvoll miteinander verbunden. Die Studierenden werden früher in die Forschung eingebunden und entwickeln eigene Fragestellungen. Zusammen mit Tutoren organisieren sie selbst Seminare. Der Zugang zur notwendigen Theorie wird von Dozenten erschlossen.

Demokratische Hochschulen

Die Demokratie ist wieder an die Hochschulen zurückgekehrt. Der Studienaufbau wird jeweils selbständig in paritätisch besetzten Gremien aus Professoren, Angehörigen des Mittelbaus und Studierenden erarbeitet, welche auch die finanziellen Mittel verteilen. Durch die Berufungsverfahren der letzten Jahre wurde schließlich eine vernünftige Mischung aus Forschung und Lehre erreicht.

Die thematische Wende

Sie ist der eigentliche Gewinn. Hochschulen haben sich als Bildungsinstitutionen etabliert, in denen Wissenschaft für den Menschen betrieben wird. Auf Grundlage der Agenda 21 gibt es immer wieder neue zeitlich begrenzte Forschungsschwerpunkte mit starker studentischer Beteiligung: In Fächer übergreifender Zusammenarbeit erstellen Physiker, Informationswissenschaftler und Geographen computerunterstützte Optimierungssysteme für den öffentlichen Personennahverkehr; eine Gruppe aus Historikern, Soziologen und Sozialpädagogen erarbeitet Konzepte zur Integration von Einwanderern. Mit sozialer Gerechtigkeit und der Verteilung der zurückgehenden Erwerbsarbeit beschäftigen sich Volks- und Betriebswirte, Politologen und Theologen, wobei sie mit mittelständischen Betrieben der Region zusammenarbeiten.

(Größtenteils übernommen aus dem Artikel « Die offene Hochschule - Eine Vision » von Richard Heigl, in: « Grundbuch - Blick hinter die Kulissen der Uni Regensburg », Hg. Studentischer SprecherInnenrat, 1999.)

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