Fort Benning - Terroristenschule der USA
von Pablo Ruiz, A. Pérez Guerra; Übersetzung: kh. - 11.12.2003 01:24
http://de.indymedia.org/2003/12/69604.shtml

Wenn vom "Krieg gegen den Terror" die Rede ist, wird fast immer verschwiegen, daß die USA selbst Terrorgruppen finanzierten und ausbildeten. Dazu gehörten die von Präsident Reagan geförderten „Contras”, die in Nicaragua scheußliche Greueltaten an Zivilisten verübten, dazu gehört auch die immer noch bestehende Militärakademie Fort Benning in Columbus/Georgia, in der zahlreiche Mörder und Folterer, sowie 11 spätere lateinamerikanische Diktatoren wie Ríos Montt, Galtieri und Bánzer, ausgebildet wurden. Wie jedes Jahr seit 1989 protestierten am 23./24. Nov. 2003 wieder ca. 10 000 Aktivist(inn)en der USA gegen das Weiterbestehen dieser Ausbildungsstätte für Terroristen und forderten deren Schließung. Die Aktivist(inn)en riskieren dabei monatelange, z.T. jahrelange Haft und hohe Geldstrafen.

Stoppt die Verbrechen! - Aktivist(inn)en gegen die Terroristenschule
von Pablo Ruiz und Arnaldo Pérez Guerra (*)

Span. Original: La escuela de terroristas de Estados Unidos - "Detengan los crímenes" Activistas contra la escuela de terroristas http://brasil.indymedia.org/pt/blue/2003/12/269412.shtml medios 8/12/2003 11:10

Am vergangenen Wochenende (23./24. Nov.) kamen etwa 10 000 Menschenrechtsaktivist(inn)en aus verschiedenen Städten der Vereinigten Staaten nach Columbus (Georgia) und versammelten sich vor dem Fort Benning, um wie in jedem Jahr seit 1989 die endgültige Schließung der School of the Americas (jetzt "Western Hemisphere Institute for Security Cooperation" genannt) zu fordern.

Jedes Jahr im November versammeln sich Tausende von Aktivist(inn)en der USA vor Fort Benning, aus Protest und zum Gedenken an den Tod von vier jesuitischen Priestern, ihrer Hausangestellten und deren Tochter, die von (ehemaligen) "Schülern" dieser "Mörderschule" am 16. November 1989 in El Salvador ermordet wurden, sowie aller Menschen die von den "Absolventen" dieser Militärschule gefoltert und hingerichtet wurden oder die sie "verschwinden" ließen. Tausende von Menschenrechtsaktivist(inn)en folgen dem Ruf der (kirchlichen Organisation) School of the Americas Watch unter Führung des Paters Maryknoll Roy Bourgeois.

Tausende von ihnen betreten in einem Akt des zivilen Ungehorsams die Einrichtungen dieser Schule und tragen dabei Kreuze und Bilder (mit den Namen der Opfer, d. Ü.). "Die Behörden sagen, wir würden gegen das Gesetz verstoßen, wenn wir das machen; wir aber meinen, daß es allerdings ein höheres Gesetz gibt, welches heißt: 'du sollst nicht töten', welches sagt, dass wir mit unseren Brüdern und Schwestern in Lateinamerika solidarisch sein müssen. Für diese Aktion haben 50 von uns kollektiv mehr als 30 Jahre Bundesgefängnis verbüßt, während die Mörder ungestraft davonkommen und niemand sie in Chile oder El Salvador antasten kann," äußerte Roy Bourgeois in Kamarikun in einem von der Internet-Zeitschrift "La Insignia" veröffentlichten Interview.

"Solange es infolge der Ausbildung durch die SOA (School of the Americas) Morde an Lateinamerikaner(inn)en gibt, werden wir weiter Aktionen gegen diese Schule durchführen", sagte Rebecca Johnson, 24, die gerade eine sechsmonatige Haftstrafe im Bundesgefängnis hinter sich hat, weil sie sich im vergangenen Jahr an das (Absperr)Gitter der SOA angekettet hatte. Bis zu seinem unter ungeklärten Umständen erfolgten Tod in Minnesota im Oktober 2001 nahm auch der Chilene Eduardo Villaseca, Korrespondent von Radio Nuevo Mundo daran teil und berichtete ausführlich über die legale Existenz dieser Miltärakademie. Etwa 96 Personen, die die Schließung der Einrichtung forderten, wurden von der Polizei von Columbus beim illegalen Betreten der Militärbasis Fort Benning verhaftet. Matthew Smucker, einer der Organisatoren, versicherte, dies sei die größte Demonstration, die bisher durchgeführt worden sei.

Die School of the Americas wurde 1946 in Panamá gegründet. 1984 wurde sie im Ergebnis der Verhandlungen zur Übergabe des Panama-Kanals zwischen Torrijos und Carter nach Fort Benning in Georgia/USA verlegt. Jedes Jahr erhalten hier weiterhin Tausende von Offizieren lateinamerikanischer Streitkräfte militärische Ausbildung durch US-Militärausbilder.

Schule chilenischer Folterer

Die School of the Americas war die unheilvollste "Ausbildungsstätte", die jemals existierte; ihre "Absolventen" hinterließen eine Spur von Verstößen und Verletzungen gegen die Menschenrechte in ihren Herkunftsländern. 1996 lernte die Öffentlichkeit der Vereinigten Staaten einen Teil der bei der Militärausbildung benutzten Handbücher kennen; diese empfahlen, "... Folterungen, Erpressung und finanzielle Belohnungen für getötete Feinde anzuwenden".

Mörder vom Schlage Álvaro Corbalán Castillos, Miguel Krassnoff Martchenkos, Carlos Herrera Jiménez?, Manuel Contreras Sepúlvedas und Armando Fernández Larios? in Chile sind Beispiele für den Typ von "Absolventen", die in der "Wiege der Demokratie" USA ausgebildet wurden. Einige von ihnen sind in den letzten Jahren demaskiert und vor der Öffentlichkeit bloßgestellt worden. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat auf einer Konferenz der amerikanischen Verteidigungsminister, die im letzten Jahr in Santiago de Chile stattfand, die "interamerikanische Zusammenarbeit für Sicherheit" wiederbelebt.

Chile gehörte in den Jahren zwischen 1996 und 2000 mit Kolumbien und Mexiko zu den Ländern, die die meisten Soldaten in diese Militärakademie entsandten. Schätzungsweise erhalten jedes Jahr mehr als 100 chilenische Offiziere auf dem Boden der Vereinigten Staaten eine Ausbildung zur Aufstandsbekämpfung.

Die Journalistin Pamela Jiles enthüllte in der Zeitschrift The Clinic eine kaum bekannte Tatsache bei einem Interview, das sie mit General Carlos Molina Johnson, einem Vertrauten General Pinochets und des jetzigen Oberkommandierenden der Armee, General Juan Emilio Cheyre, führte. "Er ist der einzige Chilene, der je den Posten eines stellvertretenden Direktors der School of the Americas innehatte, dieselbe, die traurige Berühmtheit dafür erlangt hatte, in der Periode des 'Gorilismo' Spezialeinheiten aus ganz Lateinamerika in der Bekämpfung von Aufständen ausgebildet zu haben, die von Fort Guliack in Panama aus die Ideologie der Vernichtung des inneren Feindes, die Verhörtechniken an Gefangenen und die Verwendung militärischer Ausrüstung zur Bekämpfung von Untergrundbewegungen verbreitet hatte. Er hielt sich jedoch erst in den 90er Jahren an der verrufenen Militärschule auf, als die Einrichtung schon nach Georgia, USA verlegt war und nur noch als Verbindungsinstanz zwischen unterentwickelten Armeen und der gastgebenden Supermacht fungierte, deren Ziel es war, Streitkräfte der Dritten Welt für den Kampf gegen den Drogenhandel und für die Sicherheit auf dem Kontinent auszubilden."

Im Februar 2002 veröffentlichte dieselbe Zeitschrift The Clinic einen anderen Artikel mit der Überschrift: "School of the Americas: Studium der Gewalt", in dem zu lesen war, dass (der Unterschied) "zwischen der alten, polemisch ausgerichteten School of the Americas und dem am 17. Februar 2001 eröffneten Western Hemisphere Institute for Security Cooperation (WHISC) nur in neuen Papieren, Stempeln und Schildern besteht. Dasselbe Gebäude auf demselben Gelände mit denselben Instrukteuren, die Unterricht in ähnlichen grausamen Methoden von zweifelhafter Legalität erteilen."

Amnesty International wies in in ihrem 2001 veröffentlichten Buch "Ein abscheuliches Geschäft: das Geschäft der Folter" darauf hin, dass "die Folterer nicht als solche geboren werden: sie werden von jemandem dazu erzogen, ausgebildet und unterstützt". Darin wurde die School of the Americas als eines der "Instruktionszentren" bezeichnet.

Die Historie des Todes, die von den Absolventen der School of the Americas ausgeht, ist unendlich lang: Hunderttausende von Hingerichteten und Verschwundenen aus politischen Gründen, Hunderttausende von Gefolterten, Exilierten und politischen Gefangenen haben sie im Laufe der vergangenen Diktaturen hinterlassen. Viele neigen zu der Ansicht, daß diese Geschichte zu Ende ist, seitdem die School of the Americas ihre Tätigkeit in Panamá eingestellt hat. Andere haben sich von dem neuen Namen täuschen lassen. Die "Mörderindustrie" funktioniert jedoch weiter.

Die Absolventen hinterlassen Spuren

Auch in den 90er Jahren haben die "Absolventen" der School of the Americas noch Spuren hinterlassen. Das beweist der Konflikt in Chiapas, wo die Militärs "handelten". In Kolumbien zeigen sich die Absolventen der Militärschule als die Aktivsten, wenn es um die Verletzung der Menschenrechte, um die Bildung von Todesschwadronen und paramilitärischen Organisationen geht, um die Repression gegen das Volk und den Kampf gegen die Aufstandsbewegung zu decken. So hinterließ auch Vladimir Montesinos, ein prominenter Zögling der School of the Americas, in Perú die Spuren seiner "Ausbildung", die er in den Vereinigten Staaten erhalten hatte.

Am 26. April 1998 ergriffen Agenten, die im Verborgenen agierten, Monseñor Juan Gerardi am Eingang seiner Residenz und töteten ihn. Mit Steinen schlugen sie ihm den Schädel ein. Gerardi war Auxiliarbischof von Guatemala-Stadt. Seine Mörder waren in den Vereinigten Staaten ausgebildete Militärs.

Im April 2002 waren es „Schulabgänger” der School of the Americas, die den mißlungenen Staatsstreich in der Bolivarianischen Republik Venezuela anführten (**), nachdem sie "Unterredungen" mit Otto Reich, dem von George W. Bush eingesetzten umstrittenen "Minister für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre", geführt hatten. Otto Reich hat auch einen Posten im Vorstand der School of the Americas, dem jetzigen "Institut der westlichen Hemisphäre für Sicherheitszusammenarbeit", inne.

Anmerkungen:

(*) Pablo Ruiz und Arnaldo Pérez Guerra sind ehemalige politische Gefangene und Redakteure von Presos Políticos-Chile ( http://www.libertad.ya.st / e-mail: solidaridadchile@yahoo.com)

(**) Zwei der venezolanischen Generäle, die den putschenden Unternehmer Pedro Carmona unterstützten, wurden in der School of the Americas ausgebildet. Efraín Vásquez besuchte die Einrichtung vom 23. Januar bis 2. Dezember 1988, Héctor Ramírez vom 8. Mai bis 11. August 1972. Die erwähnte Schule hat seit 1946 mehr als 60 000 Offiziere und Soldaten aus Lateinamerika und der Karibik ausgebildet. Unter ihren „Schulabgängern” figurieren mindestens 11 Militärs, die später Diktatoren wurden, darunter der Ekuadorianer Guillermo Rodríguez, der Peruaner Juan Velasco Alvarado, die Argentinier Roberto Viola und Leopoldo Galtieri, die Bolivianer Hugo Bánzer und Guido Vildoso, der Honduraner Juan Melgar Castro und der Guatemalteke Efraín Ríos Montt.
http://www.zonaimpacto.cl/149/escuela_terroristas_eeuu.htm
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"Verdientermaßen" ("En honor al Mérito")

Nächstes Jahr, 2004, wird die - gelinde gesagt - umstrittene School of the Americas, die jetzt infolge der neuen geopolitischen Ziele der Vereinigten Staaten auf Grund des 11. September Western Hemisphere Institute for Security Cooperation - WHISC genannt wird, den 20. Jahrestag ihres Bestehens an ihrem neuen Standort Fort Benning in Georgia/USA begehen.

10 000 Menschen trafen sich seit dem 17. November vor den Toren dieser Militärbasis, um gegen ihr Fortbestehen zu demonstrieren, für die sofortige Schließung dieses Ausbildungszentrums für Offiziere der Streitkräfte Lateinamerikas, die sich auf dem Gebiet des Nachrichtendienstes und der Gegenspionage spezialisieren wollen. Die Karriere der Absolventen dieser Militärschule ist gesäumt von den unzähligen Leichen ihrer Opfer - Ergebnis ihrer eifrig und effizient betriebenen, gemeinen Folterung, Erpressung, Entführung, Vergewaltigung und Ermordung Tausender von Lateinamerikanern vom Río Grande im Norden bis Patagonien im Süden.

Viele ihrer Absolventen sind in Gerichtsverfahren wegen Verletzung der Menschenrechte verwickelt. General Hernán José Guzmán Rodríguez, berühmtes Mitglied der "Galerie der Angst", gehört zu den Hunderten von Schülern, die einst in ihren Hörsälen saßen. 1993 protegierte und unterstützte Guzmán Rodríguez die Todesschwadron der kolumbianischen paramilitärischen Gruppe "MAS", die für den Tod von mindestens 149 Menschen verantwortlich war. Er befehligte die Soldaten, die die kommunale Führerin Yolanda Acevedo Carvajal im Rahmen des Antidrogenkampfes verhafteten, folterten, vergewaltigten und ermordeten.

Bolivien unter der Diktatur des Generals Hugo Bánzer (1971 - 78), Nicaragua unter dem Regime der Somozas, die 43 Jahre lang das ganze Land mit Terror überzogen; El Salvador während der blutigsten Jahre des Bürgerkriegs (1981 - 1992) - alle diese Staaten waren auf dem Höhepunkt ihrer militärischen Repression die Hauptkunden der SOA. Mexiko ist seit 1994, nach dem indigenen Aufstand der Nationalen Zapatistischen Befreiungsfront (EZLN) in Chiapas, zum Hauptklienten geworden.

Oberst Pablo Belmar, 1987 Gastinstrukteur, war direkt verwickelt in die Folterung und Ermordung des Funktionärs der Vereinten Nationen Carmelo Sorias im Jahre 1976, dem sie das Genick brachen, nachdem er vom Personal des chilenischen Geheimdienstes DINA, der unter der Diktatur des Generals Augusto Pinochet (1976 - 83) traurige Berühmtheit erlangte, verhaftet und zusammengeschlagen worden war. In den Rängen der argentinischen Militärjunta (1976 - 83) befanden sich Massenmörder wie der Marineoffizier Alfredo Astiz, der von argentinischen Instrukteuren, die aus dieser "Alma Mater" des Terrors hervorgegangen waren, ausgebildet wurde.

Gegenwärtig bildet die School of the Americas nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen etwa tausend lateinamerikanische Militärs im Jahr aus und verfügt über ein Budget von über 20 Millionen Dollar. Sie hat außerdem ihre Ziele neu definiert. Den US-amerikanischen Chefs zufolge werden nach dem Verschwinden der kommunistischen Bedrohung jetzt Themen behandelt, die angeblich dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus dienen, ein Ziel, das heute auch diese Region betreffe, wie auf der letzten Tagung der Mitgliedsländer der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) in Mexiko postuliert wurde.

School of the Americas wird seit 1946 betrieben. Damals war sie am Isthmus von Panamá stationiert und unterstand dem Südkommando der US-Armee; aus ihr gingen 60 000 zivile und militärische Absolventen hervor. Man sagt, daß die Gegenwart das Ergebnis der Vergangenheit und ein Volk ohne Gedächtnis zum Scheitern verurteilt sei. Vergessen wir nicht, daß viele Männer wie die hier erwähnten, die in Foltertechniken, Verfolgung und Mord instruiert wurden, immer noch leben und ihre makabren Erfahrungen weitergeben, als wären sie für die neuen Generationen von Militärs ein Gewinn. Das bedeutet, daß die Gefahr in Wirklichkeit noch nicht vorüber ist.

Shut Down the School of Assassins!
http://www.soaw.org/new/ (Aktueller Bericht über die diesjährige Protestaktion vor Fort Benning von School of the Americas Watch, englisch; mit Fotos)

Weitere Infos auf
http://atlanta.indymedia.org/

SOA 2004www.agp.org

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