USA machen Rückzieher Dezember 2002

Proteste der Opposition werden fortgesetzt

Von Dario Azzellini

Die Proteste der Opposition halten nur seit über zwei Wochen an und sollen weiter fortgesetzt werden. Die venezolanische Regierung konnte derweil aber einen wichitgen Erfolg auf internationalem Parkett erzielen. Hatten die USA noch vor wenigen Tagen nach langem Schweigen noch zu raschen Neuwahlen in Venezuela aufgefordert, so machte die US-Regierung Anfang der Woche wieder einen Rückzieher und forderte eine Volksabstimmung zur Lösung der politischen Krise. Der Sprecher des Weißen Hauses Ari Fleischer erklärte jeder Rat der US-Regierung würde im Rahmen der venezolanischen Verfassung liegen. Fleischer nannte keinen Termin doch erlaubt die Verfassung eine Volksabstimmung über Amtsträger immer erst nach der Hälfte ihrer Amtszeit. Im Fall von Chavez wäre dies im August 2003, da Chavez im Jahr 2000 nach Einführunge der neuen Verfassung erneut mit überwältigender Mehrheit für sechs Jahre im Amt bestätigt wurde. Hugo Chavez hatte den US-Aufruf zu Neuwahlen in einem CNN-Interview scherzend kritisiert und gesagt er könne sich gar nicht vorstellen, dass die US-Regierung zum Verfassungsbruch auffordere. Fleischer versicherte die Erklärung der US-Regierung sei "falsch verstanden worden", Washington hätte niemals eine Änderung der Verfassung eingefordert.

Auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) einigte sich nach langen Diskussionen schliesslich auf eine Erklrärung in der alle 32 Mitgliedsstaaten versichern die venezolanische Regierung unter Hugo Chavez und eine Lösung im Rahmen der Verfassung zu unterstützen. Ebenso wurde energisch jeder Versuch eines Staatsstreichs verurteilt und auf weitere Vermittlung durch die OAS gesetzt.

Die Opposition ist seit Anfang der Woche, angesichts der nicht erfolgreichen Lahmlegung der Treibstoffversorgung, dazu übergegangen wichtige Straßen zu blockieren. Die Aktionen konzentrieren sich weitgehend auf den gutbürgerlichen Osten Caracas'. Bei den Straßenblockaden kam es auch zu einigen Zwischenfällen. In Petare etwa schoss ein ehemaliges Stadtratsmitglied mit seiner Pistole auf Anwohner, die gegen die Blockade protesierten, dabei wurden auch zwei Minderjährige verletzt. Der Ex-Abgeordnete Frank Gaterol war zuletzt wenige Tage vorher ebenfalls wegen dem Einsatz einer Schusswaffe gegen Oppositionelle verhaftet worden.

Auch die vermeintlich "friedliche Demonstration" der Opposition an der am vergangenen Wochenende etwa 100.000 Menschen teilgenommen hatte, endete in Gewaltakten. Im Anschluss griffen Oppositionelle in offenen Restaurants Betreiber, Personal und Gäste an, denen sie vorwarfen "Streikbrecher" zu sein, wie eine anwesende Journalistin der ecuatorianischen Zeitung "El Universo de Guayaquil" berichtete. Anwesende oppositionelle Polizei habe nicht eingegriffen. Ausserhalb der gutsietuierten Stadtteile Caracas konnte die Oppisition jedoch kaum mobilisieren.

Oppositionelle griffen auch einen Videoreporter des bolivarianischen Gemeindesenders "La Voz de Guaicapuro" tätlich an und verletzten ihn, anschließend wurde dieser auch noch von der oppositionell geführten Polizei des Bundesstaates Miranda verhaftet. Eine Mobilisierung zur Polizeistation konnte allerdings seine Freilassung erreichen. Ebenso wurden verschiedene Reporter des staatlichen Fernsehens Venezuela TV von Oppositionellen tätlich angegriffen. Bewaffnete wiederum verwüsteten die Sendeanlagen des kommunalen bolivarianischen TV-ARAGUA und des Basisradios "Sendero".

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshof, der eigentlich der Opposition wohl gesonnen ist, widersprach dem oppositionellen Bürgermeister von Caracas Zentrum, Alfredo Peña der geklagt hatte, um die Stadtpolizei wieder unter seine Kontrolle zu bringen. Bereits vor dem Streik hatte die Armee die Stationen der Stadtpolizei besetzt und diese vom Dienst suspendiert, nachdem innerhalb der Polizei Konflikte ausgebrochen waren und einige gegen den politischen Missbrauch durch Peña aufbegehrt hatten. Trotz alledem griffen Angehörige der Stadtpolizei eine friedliche bolivarianische Kundgebung gegen die Falschmeldungen der opposistionellen Press mit Tränengas an, bis die Nationalgarde einschritt, um die Stadtpolizei aufzuhalten. An anderer Stelle griffen oppositionelle Polizeieinheiten bolivarianische Demonstranten mit Feuerwaffen und Steinen von Häuserdächern an. Die venezolanische Regierung behielt sich daher diese Einehiten militärisch unter ihre Kontrolle zu bringen, wenn die politische Handhabe in der aktuellen Form weiter geführt werde.

Währenddessen hat sich die Situation im Erdölsektor immer noch nicht völlig normalisiert. Der Vorsitzende der Erdölgesellschaft PDVSA Alí Rodríguez erklärte die erfolgreiche Sabotage an zahlreichen Anlagen, die zu einer weitgehenden Lähmung im Erdölsektor geführt habe, sei ein trauriger Erfolg der Opposition. Dies schade vor allem dem Land. Er versicherte aber, die internationalen Abkommen würden Dank der Unterstützung der OPEC-Staaten eingehalten werden, während die PDVSA bald wieder im Stande sei im gewohnten Umfang zu arbeiten. Die Sabotage an den Anlagen wird vor allem dadurch vereinfacht, dass ein Unternehmen, Intesa, die gesamte Informatik und Steuerung der Anlagen der PDVSA kontrolliert. Das Unternehmen war vom Ex-Vorsitzenden der PDVSA, Luis Giusti, mit dieser exklusiven Tätigkeit beauftragt worden. Das Unternehmen ist wiederholt beschuldigt worden Verbindungen zum CIA aufrecht zu erhalten. Das wäre nicht weiter verwunderlich, schliesslich war es auch Giust der vor zehn Jahren die Privatisierung der PDVSA in die Wege leitete. Heute arbeitet er as Berater für Erdölfragen der Bus-Regierung.

Neben der zahlreichen Sabotageaktionen und Zerstörungen Seitens der Opposition an Erdölanlagen, wird von höheren Angestellten weiterhin massiver Druck auf Angestellte und Arbeiter ausgeübt und ihnen mit Entlassung gedroht, wenn sie sich nicht der Opposition anschließen.

Der erste Erdöltanker dessen Kapitän sich dem Streik anschloss, Pilín León, wurde im Laufe der Woche von der Armee übernommen und wird nun von einem indischen Kapitän mit Mannschaft geführt, weswegen die Opposition zu Protesten vor der indischen Botschaft aufrief. Mit der übernahme der Kontrolle durch die Armee konnte wohl auch ein ökologisches Desaster vermieden werden. Mittels mitgezeichneten Gesprächen zwischen dem oppositionellen Militär Rafael Huizi Clavier und einer unbekanten Person wurde bekannt, dass darüber diskutiert wurde den gesamten Tankerinhalt in der Lagune von Maracaibo auszuleeren.

Angesichts der Knappheit an Treibstoff, die sich in absehbarer Zeit einstellen wird, da ein Großteil der Raffininerien beschädigt und sabotiert wurden und außerdem die Einarbeitung neuen Fachpersonals Zeit erfordert, hat die venezolanische Regierung Benzinimprote angekündigt. Ebenso wird Milch importiert, die ebenfalls knapp zu werden droht, da die wichtigsten Großhändler weiterhin die Lieferungen ausbleiben lassen.

Dennoch halt sich der Kurs des Bolivars gegenüber dem Dollar zwischen 1.290 und 1.330 Bolivar für einen Dollar. Besonders ärgerlich ist dies für die Großunternehmer des Landes, die ihr Kapital im wesentlichen noch bei einem Wechselkurs von 1450 Bolivar für einen Dollar abgezogen hatten.

Der weitere Verlauf der Ereignisse scheint immer noch ungewiss. Mitte der Woche hatte der Polizeibeamte José Luis Morón, der zu der unter Führung der Opposition stehenden Polizei von Chacao (ein Teilbezirk des Großraums Caracas) gehört, auf einer Pressekonferenz verkündet die Opposition bereite weiterhin eine gewalttätige Eskalation und einen Putsch vor. In der zentralen Polizeistation der er angehöre befänden sich große Mengen an Kriegswaffen. Das ganze sei direct organisiert vom oppositionellen Bürgermeister von Chacao Leopoldo Lopez und dem ehemaligen Chef der Polizei, Henry Vivas, organisiert, die sich eng mit führenden Köpfen der Opposition absprächen. Es sei geplant eine Großdemonstration um jeden Preis und auf Kosten von Toten zum Regierungspalast zu führen und dort die Situation eskalierenzu lassen.

Unterdessen verstärkt sich die internationale Unterstützung für Chavez, vor allem in Lateinamerika. Linke Organisationen, Parteien und Gewerkschaften aus Kolumbien, EL Salvador, Chile, Argentinien, Brasilien und anderen Ländern haben ihre Solidarität mit der Chavez-Regierung undem von ihr eingeleiteten Prozess erklärt und zahlreiche Demostrationen und Kundgebungen organisiert. AusUruguay haben 30 Intelektuelle, einschliesslich Mario Benedetti und Eduardo Galeano, ihre Solidarität mit Chavez erklärt und zur Unterstützung Venezuelas aufgerufen.


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