Ausnahmezustand nach Protesten in Paraguay

Dienstag 16. Juli 2002, 10:03 Uhr

Asuncion (Reuters) - Paraguays Präsident Luis Gonzalez Macchi hat nach landesweiten Protesten gegen die Regierungspolitik, bei denen ein Mann starb und mindestens vier Menschen schwer verletzt wurden, den Ausnahmezustand über das Land verhängt.

Durch die Maßnahme sind, zunächst auf fünf Tage befristet, eine Reihe von Grundrechten der Bürger eingeschränkt. Die Regierung kann danach Demonstrationen verbieten und Protestkundgebungen durch das Militär niederschlagen lassen. Das Parlament muss die Maßnahme binnen 48 Stunden billigen. Die Abgeordneten sollen am Mittwoch zusammenkommen.

Mit Schlagstöcken gingen Polizisten gegen Hunderte Demonstranten vor, die Zugangsstraßen zu mehreren Städten blockierten. Ein Demonstrant, der mit anderen die Straße nach Ciudad del Este versperrte, wurde erschossen. Er habe das Feuer eröffnet, dass die Polizei erwidert habe, teilte die Polizei mit.

Nach offiziellen Angaben wurden bei einer Demonstration in Ciudad del Este, rund 300 Kilometer östlich der Hauptstadt Asuncion, vier Personen, darunter ein vierjähriger Junge, von Sicherheitskräften angeschossen. Die Polizei teilte mit, es seien 99 Menschen festgenommen worden. Die Kundgebung richtete sich, wie eine andere in der Nähe des Kongress-Gebäudes in der Hauptstadt, in erster Linie gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung.

In Asuncion fuhr die Polizei mit Wasserwerfern vor dem Kongress auf und Soldaten umstellten das Parlamentsgebäude. Ein Militärhubschrauber kreiste über dem Gebiet. "Wir sind hier, um zu sagen, dass wir die ganze Korruption und die Armut satt haben. Wir wollen, dass dieser nutzlose Präsident zurücktritt", sagte ein Demonstrant. Rund 600 Menschen hatten am Montagmorgen vor dem Kongress demonstriert. Die Polizei nahm nach eigenen Angaben 38 Demonstranten fest.

Viele Menschen in Paraguay leben in bitterer Armut. Täglich spüren die rund 5,7 Millionen Menschen des südamerikanischen Landes die Folgen der seit langem anhaltenden Rezession. Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise im benachbarten Argentinien und in Brasilien hat sich die Lage weiter verschärft. Zudem hatte Paraguay dieses Jahr seine Währung abgewertet und damit weiter zu den Sorgen einer seit 1995 stagnierenden Wirtschaft beigetragen.

Nach 35 Jahren der Diktatur war das Land erst 1989 zur Demokratie zurück gekehrt. Die Regierung vermutet nach eigenen Angaben hinter der jüngsten Protestwelle Machenschaften des im Exil lebenden Ex-Generals Lino Oviedo und seiner Anhänger. Oviedo soll an drei gescheiterten Putschversuchen seit 1996 beteiligt gewesen sein, was dieser jedoch bestreitet.

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