Ecuador: CONAIE-Vertreter in der BRD Subject: Veranstaltungsreihe CONAIE Date sent: Thu, 16 Mar 2000 Hallo, Die Arbeitsgruppe Chiapas aus Göttingen organisiert eine Reihe von Veranstaltungen mit Calixto Anyapa, einem Vertreter der CONAIE aus Ecuador. Auf Grund des Volksaufstandes in Ecuador Anfang des Jahres halten wir es für wichtig, einen Representanten aus Ecuador einzuladen, um über die Lage im Land, den Aufstand und die Zukunftspläne der sozialen und indigenen Bewegungen in Ecuador zu referieren. Falls Ihr daran interessiert seid, Anyapa auch in Eure Stadt einzuladen, bitte kontaktiert uns über diese e-mail-Adresse so schnell wie möglich, damit wir einen weiteren Zeitplan zusammenstellen können. Es wäre gut, wenn ihr euch auf einen Termin festlegen könntet, der ungefähr mit folgendem geografischen Plan zusammenhängt: ab 03.05. Norddeutschland, danach Westdeutschland, Mitte, Süden, Osten... Wir wären Euch dankbar, wenn Ihr diese Information auch an andere Gruppen weiterschicken könntet, die vielleicht interessiert sein könnten. Hier nun eine kurze Zusammenfassung der Geschehnisse: Die CONAIE (Confederación Nacional de Indígenas del Ecuador) ist eine der grössten indigenen Organisationen in Latein Amerika. Sie schließt alle indigenen Gruppierungen Ecuadors, schätzungsweise 20, zu einen breiten Bündnis zusammen. Anfang der 90er Jahre verschaffte sie sich zum ersten Mal durch einen indigenen Marsch auf Ecuadors Hauptstadt Quito Gehör. Sie tritt ein für die Rechte der indigenen Bevölkerung Ecuadors, für die Erschaffung eines plurinationalen Staates, für die Beteiligung der Indígenas in staatlichen Organen, für die kulturelle Eigenständigkeit der Völker Ecuadors und für soziale Gerechtigkeit. Seit ihrer Gründung macht sie durch Sternmärsche, Blockaden und Demonstrationen auf soziale und politische Missstände im Lande aufmerksam. Im Oktober des Jahres 1997 war sie unmittelbar an der Gründung eines unabhängigen Volksparlamentes beteiligt, in dem sich auch andere indigene Gruppierungen und soziale Bewegungen, wie Studentengruppen und Gewerkschaften, organisierten. Dieses Volksparlament hat im Großen und Ganzen die gleichen Forderungen wie die CONAIE selbst. Im August 1998 kam ein neuer Präsident, Dr. Jamil Mahuad von der Democracia Popular, an die Macht. Während seiner Amtszeit geriet die jahrelange korrupte Misswirtschaft Ecuadors völlig außer Kontrolle. Seine Vorgänger hatten sich jahrelang privat aus staatlichen Geldern versorgt. Da nun die Rückzahlung der Staatsschulden an den internationalen Währungsfonds fällig wurden, läutete Mahuad strikte Sparmassnahmen ein, um die Auflagen des IWF einzuhalten. Unter anderem wurde zunächst die Subventionierung von Gas und Benzin gestrichen. Die Benzinpreise wurden von einem Tag auf den anderen um 74 % erhöht. Dies erregte den Unmut der vielen unabhängigen Bus- und Taxigesellschaften. Zusammen mit den sozialen Bewegungen und indigenen Organisationen, angeführt von der CONAIE führten sie einen unbefristeten Nationalstreik durch, gegen die Sparmassnahmen. Als dann auch noch zwei große ecuadorianische Kreditinstitute schließen mussten und beschlossen wurde, alle sucres-Konten an ecuadorianischen Banken um die Hälfte einzufrieren, um den Geldfluss des Landes aufrechtzuerhalten, wurden die Streiks massiv verstärkt. Der Präsident sah sich gezwungen vorerst den Maßnahmenkatalog zurückzunehmen. Doch die ökonomische Lage des Landes verschlechterte sich weiterhin. Die Bevölkerung hat bis zum heutigen Tag ihre auf den Konten eingefrorenen Gelder nicht zurückbekommen. Um dem endgültigen Zusammenbruch der Wirtschaft zu verhindern, stellte die Regierung neue Maßnahmenkataloge auf, die unter anderem die Forderung enthielten, den US-Dollar als Währung im Land einzuführen. Dies löste eine neue Protestwelle aus. Anfang des Jahres 2000 rief die CONAIE alle indigenen Gemeinden im Land zu einem großen Marsch nach Quito auf, wobei sie sehr großen Wert auf einen friedlichen Charakter der Proteste legte. In vielen Gemeinden wurden Volksräte gegründet, die Lebensmittel- und Straßenblockaden organisierten. Dr. Mahuad verhängte den nationalen Ausnahmezustand. Mitte Januar trafen die ersten Indígenas in Quito ein, um dort erneut das unabhängige Volksparlament einzuberufen. Die 10000 Menschen besetzten Straßen und forderten den Präsidenten auf, das Amt niederzulegen. Am 21.01. wurden, unter Beteiligung von Gruppen der Polizei und Militärs, der Nationalkongress und andere Regierungsgebäude in einer friedlichen Aktion besetzt. Der zuständige Militär, Coronel Lucio Gutierrez hatte sich auf die Seite der Aufständischen geschlagen und weitere Offiziere und Militärs mittleren Ranges fanden sich im Parlament ein und sicherten den Indígenas ihre Unterstützung zu. Auch der Oberste Gerichtshof wurde unter dem Schutz von Polizei und Militärs von StudentInnen und Indígenas besetzt. Die "Junta zur nationalen Rettung" wurde ausgerufen, deren drei Vorsitzende, Lucio Gutierrez, Antonio Vargas und der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofes Carlos Solorzano, der Regierung die Legitimität absprachen. Antonio Vargas ist einer der Führer der CONAIE. Die Junta hielt sich ganze drei Stunden an der Macht. Denn der Coronel Guiterrez wurde bald von Carlos Mendoza, dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte ersetzt. Dieser führte direkt Gespräche mit dem US-Amerikanischen Staatssekretär für Lateinamerika Peter Romero, der mit einer militärischen Intervention der USA drohte, wenn nicht die verfassungsmässige Demokratie in Ecuador und somit der Vizepräsident unter Mahuad, Gustavo Noboa, unterstützt werden würde. Daraufhin erklärte Mendoza die "Junta zur nationalen Rettung" für aufgelöst. Gustavo Noboa, der Vizepräsident, wurde aus Guayaquil eingeflogen und übernahm die Amtsgeschäfte. Die Angehörigen der Streitkräfte, die sich mit den Aufständigen solidarisiert hatten, wurden vor Militärgerichte gestellt, und den Führern der zivilen Aufständigen drohen ebenfalls Gerichtsverhandlungen wegen Verfassungsbruch. Zwischen dem 15.04.00 und wahrscheinlich bis Ende Mai hält sich Calixto Anyapa in Deutschland auf. Bis jetzt der Zeitplan seht so aus: 16. April - Einreise nach Deutschland 18.April- Veranstaltung in Göttingen 20. April - 1. Mai- Teilnahme an den Flüchtlingskongress in Jena 3. Mai- Hamburg Oldenburg, Bremen, Köln, Münster, Wuppertal, Frankfurt haben bereits Interesse gezeigt, auch eine Veranstaltung mit Anyapa durchzuführen. Wir versuchen, so weit wie möglich, eine Kontaktperson mit Anyapa mitzuschicken, die auch übersetzen kann. Es wäre gut, wenn ihr euch an aufkommenden Kosten beteiligen könntet (Fahrtkosten/Unterbringung, etc.) und Geld für die CONAIE sammeln könntet. Falls Ihr Interesse habt, auch eine Veranstaltung mit Anyapa zu machen, bitte wendet euch an diese e-mail-Adresse. Vielen Dank für Euer Interesse! Telefonisch sind wir folgendermassen erreichbar: Warren: Tel.: 0551 / 58894 Nina: Tel.: 0551 / 5315289 Bitte meldet Euch so schnell wie möglich, Saludos solidarios, Nina und Warren von der AG Chiapas, Göttingen