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Scharfschützen eingesetzt
Harald Neuber 22.09.2003
http://www.jungewelt.de/2003/09-22/007.php

Bolivien: Zusammenstöße zwischen Landarbeitern und Armee. Tote auf beiden Seiten

Nachdem in der vergangenen Woche in mehreren Städten Boliviens Großdemonstrationen gegen die Steuerpolitik der Regierung und Freihandelsabkommen mit den USA stattgefunden hatten, kam es am Samstag zu Gefechten zwischen Polizei, Armee und Landarbeitern. Der Zwischenfall ereignete sich, als Polizei- und Armeekommandos mehrere hundert Menschen aus dem Ort Sorata nördlich der Hauptstadt La Paz evakuieren wollten. Indigene Landarbeiter hatten mehrere Orte in der Region mit Straßensperren abgeriegelt, um gegen die Ausfuhr von Gas in die USA zu protestieren.

Nach einem Bericht der Tageszeitung La Razón hätte ein Konvoi aus Polizei- und Militärfahrzeugen ohne größere Probleme die Ortschaften Warisata und Achacachi passiert, um die Menschen im dritten Ort Sorata aufzunehmen. Bei der Rückfahrt sei der Konvoi mehrfach durch Straßenblockaden aufgehalten worden. Die Demonstranten hatten zudem die einzige Brücke über einen Fluß gesprengt. Als die Soldaten einen provisorischen Übergang errichten wollten, seien sie von mehreren Seiten beschossen worden, schrieb die bolivianische Tageszeitung am gestrigen Sonntag. Dabei sei ein Soldat ums Leben gekommen. Auf der Gegenseite gab es anderen Berichten zufolge bis zu vier Tote. Die Opfer seien erst zu beklagen gewesen, nachdem die Fahrzeuge die Gefahrenzone am Nachmittag verlassen hatten und Spezialkommandos der Armee mit Scharfschützen nachgerückt waren.

Der politische Kopf der Landarbeiter im bolivianischen Hochland, Felipe Quispe, dementierte am gestrigen Sonntag Berichte, die Sicherheitskräfte seien grundlos angegriffen worden. « Sie wollen jetzt glauben machen, daß die Demonstranten Geiseln behalten wollten », sagte der Bauernführer und Parlamentsabgeordnete, tatsächlich seien die Fahrzeuge der Armee und Polizei ohne Probleme durchgelassen worden. Erst als Soldaten grundlos zwei Aktivisten inhaftiert haben, hätten sich die Demonstranten zur Gegenwehr entschieden. « Sie wollten Krieg, und sie haben Krieg bekommen », so Quispe.

In der Nacht zum Sonntag gingen im Ort Sorata mehrere Hotels in Flammen auf. Von den Angriffen betroffen waren auch die Verwaltungsstelle, eine Polizeistation und ein Gerichtsgebäude. Am Sonntag berieten Vertreter verschiedener Organisationen der Landarbeiter gemeinsame Proteste für die nächsten Tage.


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