Piqueter@s blockieren wichtigste Straße nach Bolivien

von chika y ralpho en directo de la ruta - 22.04.2003 21:10
http://germany.indymedia.org/2003/04/49659.shtml

Eine Woche vor den Praesidentschaftswahlen in Argentinien spitzt sich die Situation nicht nur in Buenos Aires zu. Waehrend dort die besetzte Fabrik Brukman geraeumt wurde und auf Proteste heftige Repression folgt, breitet sich die Repression auch auf andere Provinzen Argentiniens aus. In Jujuy, im Norden Argentiniens, wurde eine Demonstration von ArbeiterInnen gewalttaetig beendet. Ebenfalls im Norden Argentiniens liegt die kleine Stadt Mosconi, die eine wichtige Rolle in den Arbeitslosenbewegungen Argentiniens spielt, da sich dort vor einigen Jahren die ersten Arbeitslosen organisierten und einen bis heute andauernden heftigen und tief in der Bevoelkerung verwurzelten Widerstand entwickelten. Hier hat vor einigen Tagen eine Verhaftungswelle begonnen, die Situation in der Kleinstadt ist angespannt.

Mosconi, Nordargentinien. Seit heute morgen um 11.30 Uhr ist die wichtigste Zufahrtsstraße von Argentinien nach Bolivien von den Piqueter@s der oertlichen Arbeitslosenbewegung UTD blockiert. Die Autos stauen sich, die Piqueter@s fordern die sofortige Freilassung der politischen Gefangenen Mosconis. Es ist noch nicht abzusehen, wann die Blockade beendet wird. Die AktivistInnen sagen erst dann, wenn zumindest "Pepino" (einer der wichtigsten Gefangenen) freigelassen wird.

Nachdem es vor einigen Tagen bereits Verhaftungen von Piqueteros der UTD Mosconi gegeben hatte (mehr dazu: http://de.indymedia.org/2003/04/49154.shtml), wurde heute morgen bekannt, dass ein weiterer Piquetero verhaftet wurde. Insgesamt sind nun bereits 6 AktivistInnen aus Mosconi im Gefaengnis und die Verhaftungswelle scheint weiterzugehen. Zivile Polizei patroulliert durch die Stadt und versucht bekannte AktivistInnen abzuhaften.

Es wird angenommen, dass die Verhaftungen im Zusammenhang mit den bevorstehenden Praesidentschaftswahlen am Sonntag stehen. Mosconi liegt in der Provinz Salta, deren Regierungschef Romero ist. Dieser ist fuer das Amt des Vizepraesidenten vorgesehen, falls Menem die Wahlen gewinnt. Menem (Ex-Praesident und verantwortlich fuer die meisten Privatisierungen in Argentinien) will einen strikten Law-and-Order kurs fahren und saemtliche Bewegungen Argentiniens gewaltsam zerschlagen ("die Straßen von Marxisten und Deliquenten saeubern").

Live von der Straße ein Interview mit einer Aktivistin (das Interview ist nicht woertlich widergegeben, da nur stichpunktartig mitgeschrieben):

- Wir sitzen hier auf der Straße nach Bolivien, sie ist blockiert, warum?

Weil wir einen Compañero verteidigen, der festgenommen wurde. Er kaempft mit uns, um das zu verteidigen, was unseres ist. Wir wollen Arbeit und wir wollen nicht, dass wir von ihnen so marginalisiert werden. Mosconi ist eine tote Stadt seit YPF (Anm.: große ehemalig staatliche Oelgesellschaft) weg ist. Es ist hier eine Gespensterstadt. (Anm.: Vor der Privatisierung gab es in Mosconi 95% Beschaeftigung - vor allem bei der YPF - danach waren 60% arbeitslos)

- Warum ist YPF weg?

Dank unserem Ex-Praesidenten Menem. Der hat alles privatisiert, die Leute eingeschuechtert, damit sie YPF verlassen - er hat alles privatisiert, was uns gehoert.

- Wie habt ihr reagiert?

Wir haben reagiert! Weil wir vor Hunger am sterben waren und das obwohl das hier so eine reiche Stadt ist mit dem ganzen Oel, das es hier gibt. Nichts bleibt hier - alles wird rausgebracht. Wir hatten keine Arbeit mehr.

- Mensch kann also sagen, dass es sich bei den gefangenen Compañeros um politische Gefangene handelt? (Anm.: da der politische Zusammenhang von den Behoerden geleugnet wird - der Vorwurf ist Straßenblockade)

Ja, es sind politische Gefangene.

- Siehst du einen Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen am Sonntag?

Ich nehme schon an, dass es den gibt. In dem Sinne, dass wir nicht wollen, dass Menem gewinnt, denn der will uns den letzten Schlag versetzen. Der will uns noch tiefer druecken, als wir es schon sind.

- Heute sind wir hier nicht so viele auf der Straße, warum?

(Situationsbeschreibung: Die Straße ist mit Aesten blockiert - davor stauen sich die Autos - dahinter ist die Straße leer - in kleinen Grueppchen liegen Piqueter@s im Schatten und trinken Mate - von Massen kann mensch nicht sprechen - wie wenig Leute reichen eigentlich aus um eine Straße zu blockieren?)

Dass ist so, wie wir manchmal sagen: Wir sind hier 4 oder 5 Verueckte, aber wenn der Moment kommt, dann kommt die ganze Bevoelkerung der Stadt (22.000 EinwohnerInnen) und ist hier zusammen mit uns.

- Wie sieht es mit der Stimmung in der Bevoelkerung aus? Haben sie Mut weiterzukaempfen?

Das haben sie! Denn dank dem Kampf haben wir die "Planes Trabajar" bekommen. (Anm.: Das ist staatliches Geld, mit dem die Piquetero@s ihre Projekte finanzieren, z.B. Gemuesegarten, dessen Gemuese dann fuer kollektive Kuechen verwendet wird, damit die Kinder was zu essen bekommen) Das bringt uns nicht viel weiter, aber zumindest haben wir etwas zu essen.

- Wie sieht es mit der Repression aus?

Es gab hier heftige Repression. Wir haben Gefallene. Die Gendarmeria (militaerische Polizei) hat 5 Compañeros von uns umgebracht und immer noch ist das nicht aufgeklaert. Sie wurden umgebracht, weil sie einen Arbeitsplatz gefordert haben, weil sie nicht verhungern wollten. Die Regierung, anstatt eine Loesung zu suchen, schicken sie Polizei und die Gendameria, damit sie uns umbringen, uns verpruegeln, uns einknasten.

- Wie geht es jetzt weiter? Was macht ihr, wenn sie die Compañeros nicht freilassen?

Wir machen mit dem Kampf weiter - bis sie sie freilassen!


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