archives of global protests - archives des protestations mondiales - archivio de los protestos globales

Filmszenen aus Genua

Über die Polizisten und Faschisten im Schwarzen Block

junge Welt 27.07.2001

Genua, Samstag nachmittag. An den Straßenecken, die von der Seepromenade stadteinwärts führen, drängt der Schwarze Block die Demonstration ab. Auf der Kreuzung zu Corso Torino gehen Mülltonnen und Geschäfte in Flammen auf, die Demonstrierenden sind gezwungen, in Parallelstraßen auszuweichen, hinter den Schwarzen rücken die Carabinieri mit Tränengas vor. In einiger Entfernung, auf der Treppe, die in die Oberstadt führt, beobachtet der Filmregisseur Davide Ferrario, wie ein Polizist sein Moped an der Tankstelle abstellt. »Ich bin als Privatmann nach Genua gekommen«, versichert er später der Presse. »Ich habe nicht im Auftrag gefilmt, ich habe ein Zeugnis gedreht.« Er ist nicht im Genoa Social Forum, dem Bündnis der Demonstrierenden. Aber seine Aufnahmen werden zu einem der wichtigsten Zeugnisse für die Anklagen des Bündnisses gegen die Polizei werden.

Ferrario beobachtet, wie sich ein bulliger Demonstrant in der Aufmachung der Tute Nere, der schwarzen Overalls, wie der Schwarze Block in Italien genannt wird, dem Polizisten nähert. Gespannt eilt Ferrario die Treppe herunter, um aus der Nähe filmen zu können. Der Demonstrant macht ihm eine drohende Gebärde: »Hau ab hier!«, und hält ihm eine Polizeiplakette unter die Nase. Die Kamera schwenkt einen Moment zur Seite, dann wieder drauf: Der angebliche Demonstrant unterhält sich angeregt mit dem Polizisten. Es kommen zwei Tute Nere auf einem Moped angefahren, eine Frau und ein Mann, sie erhalten Anweisungen und fahren wieder fort.

Die Zeugnisse über die Einschleusung von Provokateuren und die Zusammenarbeit zwischen Teilen des Schwarzen Blocks und der Polizei sind erdrückend. Ein Foto zeigt Tute Nere zusammen mit Carabinieri am Eingang zur Wache; der Senator Gigi Malabarba hat erlebt, wie sie in voller Montur und mit ihren Waffen im Polizeiquartier aus- und eingingen und sich mit den dortigen Polizisten wie mit alten Bekannten unterhielten.

Neben Provokateuren gab es übrigens auch Faschisten. Bekannt wurde »Doggy«, ein junger Engländer aus Birmingham, 26 Jahre alt, den rechten Arm mit Runenzeichen tätowiert, gekleidet mit Tarnhosen und einem T-Shirt, das einen reißenden Hund zeigt. Er nennt sich Liam Stevens. Reporter, die für eine britische Zeitung arbeiten, fanden ihn am letzten Freitag vor einer Kulisse von Randalierern betrunken auf dem Boden sitzend, bereit zu reden. »Nazi, Nazi«, sagte er und deutete mit dem Finger auf sich. »Mich interessiert der G 8 einen Dreck, ich bin hier, um alles kaputtzuschlagen, und amüsier mich riesig dabei.« Seine »italienischen Brüder« hatten ihn und seine Gruppe, die Black Dogs, eingeladen.

Angela Klein

© junge Welt


Genoa Reports | pictures | genoa info | www.agp.org