Wiesbadener Kurier, 2.6.03

Platzregen löste Kundgebung auf

Protest gegen G 8-Gipfel auf dem Luisenplatz stieß auf nur wenig Resonanz

Von Kurier-Mitarbeiter Sebastian Herold

BUND, Bündnis 90 / Die Grünen, der Flüchtlingsrat Wiesbaden, die Ortsgruppe von Greenpeace und andere lokale Gruppen hatten zur Kundgebung aufgerufen und rechneten eigentlich mit einer regen Beteiligung. Vielleicht war der Samstag Vormittag zu warm, oder aber das Thema einfach zu abstrakt. Auf jeden Fall fanden sich auf dem Luisenplatz nur etwa 30 Demonstranten ein, um gegen den Gipfel der führenden Industrienationen (G 8) im französischen Evian zu protestieren.

Ein Polizist tauchte am Rande der Veranstaltung auf, um sich nach einem kurzen Blick über den fast leeren Platz wieder zu entfernen. Von der Bushaltestelle guckten Wartende scheel auf die obligatorische Regenbogenfahne mit dem "Pace"-Aufdruck und kümmerten sich wenig um den Redner auf dem blauen Pritschenwagen. Dabei, so machte Peter Silbereisen von ATTAC-Wiesbaden deutlich, habe das informelle Treffen der Regierungsvertreter am Genfer See auch Auswirkungen auf die eigene Stadt. "Das die Innenstadt zunehmend verödet, alteingesessene Geschäfte schließen müssen, hat etwas mit der Verdrängung der Kleinen durch die Großen zu tun", führt Silbereisen aus. Die Bürgerbewegung ATTAC steht der Globalisierung der Weltmärkte kritisch gegenüber, weil diese zu ungerechter Verteilung führen würde. Sie betonen die Folgen von Privatisierung und dem Abbau von Handelsbeschränkungen, wie sie gerade von den G 8-Staaten gefordert werden.

Das dumpfe Grollen des herannahenden Gewitters kommentierte Silbereisen mit den Worten: "Der Liebe Gott grummelt über das Treffen der acht Halunken in Evian." Der Rest seiner Rede über die Privatisierung der Wasserversorgung in der dritten Welt ging im Platzregen unter. Für fünf Zuhörer wurde das Spruchbanner der Linken Liste Wiesbadens zur Regenplane, aber bald flüchten auch sie unter das Vordach der Bushaltestelle. Die offizielle Veranstaltung musste abgebrochen werden.

Unter dem Dach des Infozeltes wurde weiter diskutiert und über vier Wiesbadener gesprochen, die mit dem Sonderzug zum Gegengipfel nach Frankreich gefahren waren. Eine kurze Unterbrechung gab es, als ein junger Passant lautstark verkündete, es liege in der Natur des Menschen, die Erde zu zerstören. Eine Antwort wartete er nicht, dabei hätten ihm die Aktivisten gern eines entgegen gesetzt: die Hoffnung auf eine gerechtere Welt.


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