Hessische/Niedersächsische Allgemeine / Sonntagszeit, 1.6.03

Die Gipfel machen gute Miene zum bösen Spiel

Philipp Hersel vom Netzwerk Attac begründet die Kritik am Treffen der Industrienationen in Evian

Das Netzwerk Attac kritisiert seit Jahren die G-8-Gipfel. Die Gründe erläutert Philipp Hersel vom Koordinierungskreis der Initiative.

Von Wolff von Rechenberg

Herr Hersel, auf dem Programm des Gipfels stehen Kampf gegen die Wasserknappheit und Hilfen für Afrika. Was haben Sie daran auszusetzen?

Philipp Hersel: Würden die Probleme ernsthaft angepackt, hätte so ein Gipfel sogar eine Berechtigung. Die vergangenen Gipfel haben aber gezeigt, dass das immer nur ein Rahmenprogramm ist, das gute Miene zum bösen Spiel macht. Die Fragen, in denen die G8 gegen die Interessen der Entwicklungsländer handeln, werden nicht so auffällig veröffentlicht.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Hersel: Bleiben wir beim Thema Wasser. Vor allem die Europäische Union drängt darauf, in Entwicklungsländern die Wasserversorgung zu privatisieren. Die Weltmarktführer sind deutsche und französische Unternehmen. Die wollen ihr Wasser in den reicheren Gegenden der Städte mit Gewinn verkaufen. Aber wenn die Konzerne die Wasserversorgung übernehmen, bedeutet das, dass dort wo die ärmeren Leute wohnen, das Wasser unerschwinglich teuer wird. Es ist klar: Wir fürchten, dass man die Gewinne nicht dazu verwenden wird, Wasserleitungen aufs Land zu legen, mit denen sich kein Geld verdienen lässt.

Mit welchen Aktionen begleiten Sie den Gipfel?

Hersel: Wir werden rund um den Genfer See Widerstandsdörfer errichten. Das sind Zeltlager, in denen wir Gegenkongresse veranstalten und unsere Argumente diskutieren. Am Sonntag gibt es eine große Demonstration.

Immer wieder gab es gewalttätige Demonstrationen am Rande der Gipfel. Was tun Sie dagegen?

Hersel: Wir haben mit anderen Gruppen Bündnisse geschlossen, in denen sich alle Beteiligten uns zur Gewaltfreiheit verpflichten.

Philipp Hersel ist Geschäftsführer von BLUE 21 (Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Umwelt und Entwicklung).


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