Protokoll der AG Neoliberalismus in Goerde

  Date: Tue, 22 Dec 1998 03:00:58 +0100 (MET)
  From: "Infopool Uni.Frankfurt" 


Hallo Eurozappies,
anbei endlich das Protokoll zur AG "Neoliberalismus und Koeln '99" beim 
Europaeischen Ya Basta-Treffen in Goerde, Wendland. 

Mit chiapanekischen Gruessen
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AG Neoliberalismus und "Koeln 99" waehrend des Europaeischen Ya Basta-
Treffens (Goehrde, 4.-6. Dezember 1998)


MAI + Neoliberalismus:
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Zu Beginn wurde kurz auf die neueren Entwicklungen im Bereich des 
"Multilateralen Abkommens ueber Investitionen (MAI)" eingegangen. Nach 
Beschluss der "Organisation fuer  wirtschaftliche Zusammenarbeit und 
Entwicklung", OECD, wird  das MAI nicht mehr in dieser Form in der 
Organisation verhandelt. Die OECD stimmt die Interessen von Kapital und 
Regierungen zwischen 29 der maechtigsten Industriestaaten (alle EU-
Laender, Mexiko, Kanada, Japan etc.) ab. Gruende fuer das Scheitern 
nach fast drei Jahren stiller Verhandlungen waren weltweite massive 
Proteste von Basisbewegungen und insbesondere der Widerstand von 
Kulturschaffenden in Frankreich und Kanada, die eine globale Dominanz  
des "Systems Hollywood" verhindern wollten. Die franzoesische Regierung 
zog sich daraufhin kurz vor Vertragsabschluss zurueck. Mehrseitige und 
internationale "Freihandelsabkommen" nach dem Muster des MAI werden 
aber zukuenftig weiterhin in OECD und der Welthandelsorganisation (WTO) 
verhandelt, was eine schnelle Umsetzung auch in schwaeche ren und 
aermeren Laendern der Welt bedeuten koennte. Die WTO, in der 
nur etwa 15 Staaten der Welt nicht Mitglied sind, wuerde MAI-Strukturen 
mit anderen Themen koppeln. Dies kann eine direkte Bekaempfung von 
unserer Seite erschweren und einer Erpressung gerade der aermsten 
Regionen erleichtern. Zur mehrjaehrigen neuen Verhandlungsrunde, der
"Millenium Round" der WTO, die naechsten Herbst in Washington beginnen 
soll, stehen MAI-Themen ganz oben auf der Tagesordnung. Gleichzeitig 
wird versucht, die Nordamerikanische Freihandelszone NAFTA um 23 
karibische Staaten zu erweitern, den MERCOSUR in Suedamerika 
auszudehnen und beide schliesslich unter Bedingungen des MAI zur FTAA 
(Freihandelsgebiet der Amerikas) zu vereinigen. In der Europaeischen 
Union (EU), dem APEC (Asiatisch-Pazifischer Oekonomischer Rat) und 
verschiedenen transnationalen Institutionen werden nun MAI-Themen mit 
Nachdruck beraten. Eine anvisierte Vereinigung von NAFTA und EU zur TEP 
(Transatlantischen Oekonomischen Partnerschaft) wird fuer uns noch viel 
Diskusions- und Widerstandbedarf bringen. 

Fazit: Das MAI ist nicht tot, sondern  taucht nur unter vielen neuen 
Namen in Organisationen weltweit auf. Die neoliberale Spielart des 
Kapitalismus versucht verstaerkt auf allen Ebenen, die letzten Bereiche 
unseres Planeten zu kolonisieren. Als Ya Basta-Zusammenhang muessen wir 
die Entwicklungen weiter beobachten und thematisieren.

Koeln 1999:
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Im Juni 1999 werden sich in Koeln am Rhein die Partei-, Staats- und 
Regierungsbosse aller einflussreichen Nationen versammeln. Am 4. bis 
6. Juni findet das Gipfeltreffen der EU- Regierungen statt, zu dem auch 
MinisterInnen, VertreterInnen von Regionalregierungen und 
beitrittswilligen Staaten Osteuropas sowie LobbyistInnen aus Industrie 
und Kapital erwartet werden. Bereits am 3. und 4. Juni treffen sich die 
fuehrenden RepraesentantInnen der sozialdemokratischen Regierungen in 
der EU, ergaenzt durch AmtstraegerInnen der "Sozialistischen 
Internationale" aus Nicht-EU-Staaten. Vom 18. bis zum 20. Juni 
versammeln sich schliesslich Herrschende zum Weltwirtschaftsgipfel, zu 
dem in erster Linie die G-8-Staaten (die sieben reichsten Laender und 
Russland), aber zusaetzlich auch RepraesentantInnen von wenistens 20 
Staaten aus der "zweiten Reihe" anreisen. Zwischen den Gipfeln finden 
die Wahlen zum Europaparlament statt.

Insgesamt werden im Juni mindestens 4000 Offizielle und 
MitarbeiterInnen, sowie tausende Vertreter von Wirtschaft und ueber
6000 JournalistInnen aus aller Welt erwartet. Nach Polizeiplanungen 
werden bis zu 50.000 Schergen aus Polizei, Grenzschutz, 
Sicherheitsfirmen und Geheimdiensten eingesetzt um Gegenaktivitaeten zu 
kontrollieren. 

Bereits mehr als ein halbes Jahr BEVOR sich die ersten Gruppen zu 
Planungen trafen, begann der Verfassungsschutz 
(http://www.verfassungsschutz.de, suche im aktuellen Bericht nach 
"Köln 99" oder "EZLN") mit Beobachtungen und Diffamierungen aller 
Bewegungen, einschliesslich "Ya Basta". Die Regionalpresse Koeln 
berichtet bereits seit Monaten von Bombenanschlaegen, die "Linke" und 
Kirchengruppen planen.

Bereits im Sommer 1998 konstituierten sich zwei Plena um fuer Koeln 99 
Gegenaktivitaeten zu koordinieren und Gegenkonzepte zu diskutieren: 
- Das Antoniterkirchen-Plenum setzt sich  u.a. zusammen aus 
  Nichtregierungsorganisationen (NGOs), dem Euromarsch, einigen Kirchen 
  und Parteien nahestehende Gruppen und diversen linken Bewegungen.
- Das Linksradikale Anti-EU-WWG-Plenum sammelt Gruppen aus dem 
  linksradikalen (vor allem studentischen) Spektrum. Basisinformationen 
  zu beiden Plena gibt es (am besten gegen Rueckporto) beim Infoladen, 
  Ludolf-Camphausen-Str. 36, D-50672 Koeln.

Im Internet finden sich die wichtigsten Details unter:
http://userpage.FU-Berlin.de/~inter

Das LiRa-Plenum ist zu erreichen ueber:
Antifa-Referat des AStA, Universitaetsstr. 16, D-50937 Koeln, 
Tel.: +49-(0)221-4702992, Fax: -4705071 

Wer regelmaessig Informationen per E-Mail (90% in Deutsch, wenig in 
Englisch) zu "Koeln 99" erhalten will, schicke eine E-Mail an:     
Infoladen.Koeln@link-lev.de


Geplant ist jeweils mindestens eine bunte und intergalaktische
- Großdemonstration zum EU-Gipfel, am 5. Juni und
- zum Weltwirtschaftsgipfel, am 19. Juni.
- Vor der Demonstration am 19.06. werden ausserdem mehrere zehntausend
AktivistInnen des kirchlichen Spektrums ("Erlassjahr 2000" - "Jubilee 
2000") erwartet, die eine Menschenkette fuer die Entschuldung der 
aermsten Laender anstreben.

- Zwischen den offiziellen Gipfeln wird es alternative Gegenveranstaltungen 
und Gegengipfel von Gruppen aus den Arbeitsbereichen Oekologie,
3.Welt/Solidaritaet/ Internationalismus, Antifaschismus/Antirassismus, 
Armut/Arbeitslosigkeit/ Ausbeutung, Anti-Atom und Anti-Gentech etc. 
geben. Weiterhin geplant ist eine Vielzahl von Aktionen und 
Kulturveranstaltungen.

- Am 23./24. Januar 1999 wird in Koeln eine "Europaeische Konferenz 
gegen Erwerbslosigkeit, Ausgrenzung und Rassismus" stattfinden, die 
ueberwiegend von Euromarsch getragen wird und die spaeteren Aktionen 
vorbereitet. Die OrganisatorInnen wuenschen sich internationale 
Beteiligung auch von anderen Bewegungen. Ab Mai 1999 werden aus 
verschiedenen Regionen Europas Euromarsch-Gruppen gen Koeln ziehen und 
ueberall dezentrale Veranstaltungen abhalten. Infos via E-Mail:  
Euromarsch@hotmail.com

- Am 1. bis 5. April findet in Berlin die Internationale Konferenz 
"Befriedung oder Befreiung! Perspektiven internationaler Solidaritaet" 
zu den politischen Gefangenen weltweit statt. Auch hier wird am Rande 
Koeln 99 vorbereitet.
 Infos:  Libertad!, c/o "3.Welt"-Haus,Westerbachstr. 47H, 
D-60489 Frankfurt, Fax: +49-(0)69-97843445, im Internet unter:
http://www.Libertad.de

- Etwa vom 24. Mai bis zum 23. Juni 1999 wird es eine InterContinental 
Caravan geben, die gegen den Neoliberalismus durch Europa zieht und 
dabei auch Koeln besucht. Die indische Graswurzelbewegung KRRS wird 
etwa 500 BaeuerInnen, Landlose und AktivistInnen aus ganz Indien nach 
Europa entsenden, damit der Kontakt zu hiesigen Gruppen verbessert und 
vor allem der Widerstand gegen die transnationalen Konzerne und 
Institutionen gestaerkt werden kann. Aktionen sollen u.a. vor dem 
Gentech-Konzern Novartis, vor Nestlé und der WTO in der Schweiz, bei 
der EU, Europabio und der NATO-Zentrale in Belgien, aber auch mit
lokalen Initiativen in anderen Laendern stattfinden. Neben den 500 
InderInnen wird versucht, noch weitere 30-50 AktivistInnen von 
Basisbewegungen Lateinamerikas, Afrikas, Asiens und Australiens die 
Moeglichkeit zur Teilnahme zu geben und etwa 50 EuropaeerInnen 
mitreisen zu lassen. People's Global Action (PGA) plant die Karawane, 
bei Eurodusnie in Leiden/Niederlande findet die Koordination statt. 
Weitere Infos ueber das Internet unter:

http://www.agp.org

(Englisch, Deutsch, Frz., Span., Ital. und Russich)   oder 
http://tmtm.homelinux.org/caravan/icc 
(detaillierte Infos zur Karawane, PGA, KRRS etc. in Niederlaendisch, 
Englisch, Deutsch, Franz., Ital., Portugiesisch, Spanisch, Finnisch)
postalisch ueber 
ICC, c/o Eurodusnie, Postbus 2228, NL-2308 CE Leiden.
Zwar ist die FZLN Teil der PGA-Bewegung, doch noch konnte nicht 
geklaert werden, ob eine Teilnahme von Zapatistas aus Chiapas 
finanziert werden kann.
Ya Basta-Gruppen, die sich fuer die Beteiligung von FZLN-Menschen 
einsetzen moechten oder die Karawane dezentral unterstuetzen koennen, 
sind herzlich dazu eingeladen!

- Ab Mitte Mai wird es ausserdem zwei Arme der Karawane "Geld oder 
Leben- gegen den neoliberalen Wahnsinn" geben, die spaetestens am 
3. Juni in Koeln eintreffen werden. Ein Arm der Karawane aus Bauwagen 
und Fahrraedern wird aus Berlin losziehen und Verstaerkung aus Polen 
und der Tschechischen Republik erhalten, der andere Arm startet in 
Genf/Schweiz. Auf dem Weg wird es zahlreiche Veranstatungen und 
Aktionen geben.
Unterstuetzung aller Art ist noch dringend willkommen, nicht nur von Ya 
Basta-Gruppen, die zu den HauptinitiatorInnen  zaehlen. 

- Ob es auch eine "Karawane der Fluechtlinge und MigrantInnen" mit 
anschließendem Gipfel der MigrantInnen in Koeln geben wird, ist noch 
unklar. Organisator waere die Kampagne "Kein Mensch ist illegal!", im 
Internet unter
http://WWW.Humanrights.de zu finden.

- In der BRD gibt es diverse regionale Vorbereitungsgruppen, die 
inhaltlich und organisatorisch zu Koeln 99 diskutieren, planen, 
informieren und mobilisieren. Zum Wirtschaftsgipfel am 19. Juni wird es 
Aktionen in aller Welt geben, die u.a. von "Reclaim the Streets" in 
London und PGA Genf koordiniert werden.

- Eine bisher recht  kleine Gruppe von Menschen aus verschiedenen 
Basisbewegungen hat begonnen, ein Widerstandscamp 99 im Herzen Koelns 
zu organisieren, welches mindestens vom 3. bis 21. Juni stehen soll.

Eine Unterstuetzung und Mitorganisation des Camps wurde durch das 
europaeische Ya Basta-Netz  beschlossen, ein europaeisches Encuentro im 
Camp zeichnet sich fuer Juni 99 ab.

Auf einem Stueck Land soll eine befreite Zone nach dem zapatistischen 
Vorbild der Aguas Calientes entstehen, wo sie versuchen werden, ein 
Stueck Utopie zu realisieren. Mit Zelten aller Groesse und Bauwagen 
wollen sie die gesamte notwendige Infrastruktur aufbauen, damit sich 
Leute aus der ganzen Welt an Aktionen, Demonstrationen, Gegengifpeln 
und nKulturveranstaltungen im Juni beteiligen und voneinander lernen 
koennen. Soziale Bewegungen werden sich vorstellen und ihre Kultur 
vorleben. Tatkraeftige Unterstuetzung, Erfahrungen von anderen Camps 
und Ausruestung werden noch dringend gebraucht. Bevor das Buero zur 
Vorbereitung aller Aktionen in Koeln eroeffnet wird, wendet Euch bitte 
an:
W.I.R. im Exzess, Leipziger Str. 91, D-60487 Frankfurt, Fax:
+49-(0)69-774670


So weit zum Arbeitskreis in Goerde, weitere Infos sind willkommen.

Cologne99 | PGA