...fight.racism - smash.capitalism! 30.5 / 16.6.2001 | ||
fight.racism!
|
[Achtung:
Der Naziaufmarsch wurde erstinstanzlich vom Göttinger Verwaltungsgericht
erlaubt! ] |
![]() |
...da
dieses Mal so viel aufeinander kommt, bieten wir Euch wieder einmal verschiedenste
Rubriken an, mit der ihr Euren Göttingen - Besuch gut planen könnt...
Es ist wieder eine Karten-Seite Online, in der
ihr die verschiedenen Routen (sofern bekannt) der Demonstrationen sowie
im besonderen des Nazi-Mobs betrachten könnt. Dazu gibt wieder mal
den ausführlichen Stadtplan und vieles mehr, was das Antifa- Herz
so begehrt...
Im Entstehen ist außerdem eine News-Seite.
Unbedingt zu empfehlen für weitergehende Infos und was sonst so geht...
[M]indestens
zweimal bekommt die Göttinger Linke in den nächsten Wochen ungeladenen
Besuch.
Am 30. Mai kommt Günther Beckstein auf Einladung des RCDS ins ZHG 006.
Dort sitzt er gemeinsam mit Prof. Bassam Tibi und einem
zu Recht unbekannten CDU-Bundestagshinterbänkler auf dem Podium einer
Diskussionsveranstaltung.
Der andere Gast heißt Udo Voigt, ist Bundesvorsitzender der NPD und ruft,
so das Verfassungsgericht will, am 16. Juni auf einer "nationalen Großdemonstration"
in der Göttinger Innenstadt zur Wahl des zur Genüge bekannten NPD-'Spitzen'-Kandidaten
Stephan Pfingsten in den Stadtrat auf.
Damit ist das gesamte Spektrum der deutschen rassistischen Ideologie innerhalb
von gut zwei Wochen mit ihren exponiertesten Vertretern in Südniedersachsen
zu Gast. Der staatstragende Pol, der von seinem rassistischen Charakter
nichts weiß, ihn an MigrantInnen und anderen "Undeutschen"
aber ständig unter Beweis stellt, ist repräsentiert durch den CSU-Hardliner
und bayerischen Abschiebeminister Günther Beckstein.
Die andere, völkische Variante, die antikapitalistisch daherkommt und
das Potential zum Holocaust in sich trägt, will mit Udo Voigt und - der
Ankündigung nach - einigen Tausend Stiefelnazis durch Göttingens Straßen
marschieren.
'fight racism' ist also angesagt, und zwar gleich zweimal. 'smash capitalism'
gilt sowieso immer.
Die Autonome Antifa [M] spielt zum Tanz auf:
volume.one
beckstein.stoppen
"Wir brauchen mehr Ausländer,
die uns nützen, und weniger, die uns ausnützen"
Beckstein, das Dreckschwein
"Auch der Ausländer, der
morgen vielleicht abgeschoben wird, soll sich heute bei uns noch sicher
fühlen"
Nochmal der gleiche
"Deutschland wird durchrasst"
Stoiber, sein Chef
Verwertungswahn und völkische Rhetorik -
Die CSU und der demokratische Rassismus Beckstein ist genau das, was sein
Job als Innenminister vermuten lässt: Ein Arschloch. Und da er nicht irgendein
Innenminister ist, sondern der des Freistaats Bayern, der sich rühmen
kann, immer noch ein bisschen völkischer, rassistischer und autoritärer
- kurz: deutscher - zu sein, als der Rest unseres verhassten Heimatlandes,
ist er, um auch mal Georg W. Bush zu zitieren, ein "Major League Asshole".
Eigentlich sollten oben stehende Zitate schon reichen, um gegen eine RCDS-Veranstaltung
mit seiner Anwesenheit zu mobilisieren. Alles was es über und gegen ihn
zu sagen gibt, sagt er dort in kaum zu übertreffender Deutlichkeit selbst.
Gemeinsam mit seinem Chef, dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund
Stoiber, beschreibt er die Politik der CSU und des Landes Bayern in diesen
Aussagen als einzigartige Mischung aus dem staatstragenden Verwertungsrassismus
der Berliner Republik und dem völkischen Rassismus des braunen Mobs, von
dem beide stolz sind, ihn an ihr Wählerpotential gebunden zu haben. Der
Verwertungsrassismus bedient die objektiven Notwendigkeiten, mit denen
sich ein moderner bürgerlicher Nationalstaat abgeben muss, wenn er den
Anschluss
im ‚Krieg der Standorte' nicht verlieren will. Deutschland braucht ComputerexpertInnen
- davon haben ‚wir' nicht genug - und lässt sie aus dem Ausland ranschaffen:
"Ausländer, die uns nützen". Das Kriterium, anhand dessen diese
Nützlichkeit festgestellt wird, ist die Verwertbarkeit für die deutsche
Nationalökonomie unter der Voraussetzung, daß die Interessen des vielbeschworenen
"kleinen Mannes", also des Arbeiters mit Zugehörigkeit zum deutschen Kollektiv,
nicht beschädigt werden. Mit Menschenfreundlichkeit hat das nichts zu
tun, sondern allein mit schnöder Ausbeutung von Arbeitskraft für das Kapital,
die - und da ist Beckstein keineswegs reaktionär, sondern auf der Höhe
der Zeit - auf ‚Volkszugehörigkeit' keine Rücksicht nehmen kann. Arbeitsmigration
ist dabei nur solange erwünscht, solange es tatsächlich einen Mangel an
den entsprechend zugerichteten deutschen Ausbeutungsobjekten gibt.
Deutsches Blut ist dicker als ausländische Fachqualifikation.
Auf der anderen Seite der Migration stehen diejenigen, die von Anfang
an unverwertbar sind: Flüchtlinge, also jene, die ‚uns' nach Beckstein
"ausnützen", weil sie zur Verwertung nichts beizutragen haben. Auch hier
besteht kein grundsätzlicher Dissens zum Rest der Republik, und auch die
Sozialdemokratie fasst jeden Flüchtling erst mal in der Kategorie "Sozialschmarotzer",
aber kein anderes Bundesland
vertritt den völkischen Aspekt des Rassismus so offensiv wie Bayern unter
Stoiber und Beckstein. Nirgendwo wird derart plump rassistische Propaganda
gegen MigrantInnen betrieben, nirgends wird derart konsequent abgeschoben,
wie dort. Gemeinsam mit einer autoritären Polizeigesetzgebung, genetischer
und medialer Überwachung und Repression gegen alles Linke - wie zuletzt
gegen die Antifaschistische Aktion Passau - ergibt sich ein politisches
Klima, in dem es für Nazis schlicht überflüssig wird, Nazis zu wählen.
Ihre Positionen und Interessen werden durch die CSU im demokratischen
Spektrum so überzeugend vertreten, das ein ‚Protestpotential' erst gar
nicht zustande kommt. Mit ihrer Mischung aus moderner liberal-kapitalistischer
Wirtschaftspolitik, deutschtümelnder Identitätsstiftung für die ‚kleinen
Leute' und völkischen Diffamierungskampagnen vertritt die CSU genau den
demokratischen Rassismus eines Jörg Haider in Österreich, der in der bundesdeutschen
Politiklandschaft euphemistisch als ‚Rechtspopulismus' bezeichnet wird.
Die Hofierung der revanchistischen Vertriebenverbände reiht sich hier
als 'großdeutsche Spitze' ein: Die Forderung nach Entschädigung der nach
dem Krieg aus der Tschechoslowakei verjagten deutschen Täter entziffern
deren Nachkommen mühelos als das Versprechen, das man das ‚Sudetenland'
noch lange nicht aufgegeben hat, wenn's hart auf hart kommt.
Charaktermaske Beckstein
- Ausführendes Organ rassistischer Barbarei
All dies ist Grund genug, um Beckstein in Göttingen jegliches Forum
für seine Propaganda zu verweigern. ‚Entlarvt' ist mit dieser Erkenntnis
aber nichts. Im Gegenteil: der Erfolg des demokratischen Rassismus' liegt
- in Bayern wie in Österreich - gerade darin, dass er öffenlich und offensiv
betrieben wird.
Stoibers Rede von der ‚durchrassten Gesellschaft' war ebenso wenig ein
Versehen, wie Haiders ständiges Lob des Nationalsozialismus. Beides ist
Kalkül: Die zivilgesellschaftlichen BedenkenträgerInnen werden nachher
mit der Entschuldigung besänftigt, man habe es ja nicht so gemeint; der
völkische Mob weiß trotzdem, dass da einer mit seiner Stimme gesprochen
hat und ist davon begeistert. Rassistische Propaganda kommt, gerade wenn
sie ein demokratisches Gewand trägt, hervorragend an in der bürgerlichen
Gesellschaft. Sie braucht nichts zu tun, als die Ideologien, die von der
kapitalistischen Vergesellschaftung in den Köpfen der Bürger erzeugt werden,
zu bestätigen. Es sind nicht Beckstein und Co., die dieses Land zu einem
rassistischen Mordzusammenhang machen, der - sei es durch staatliche Maßnahmen
oder durch Naziterror - regelmäßig Todesopfer fordert. Auch ein bayerischer
Innenminister wird durch diese Verhältnisse erst hervorgebracht. Er ist
eine Charaktermaske, die kapitalistische Notwendigkeit und deutsche Ideologie
mit ihrer Politik exekutieren, ohne dabei aber ursächlich für sie verantwortlich
zu sein. Wir machen uns nicht die Illusion, dass dieses Land ohne einen
Günther Beckstein ein besseres wäre. Solange es die kapitalistischen Verwertungszusammenhänge
und ihren Nationalstaat gibt, werden sie auch Menschen wie ihn hervorbringen,
die ihre Sachzwänge brutal durchsetzen.
Es ist notwendig, am 30. Mai gegen Beckstein vorzugehen, aber nicht in
der Hoffnung, sein Verschwinden aus der Öffentlichkeit würde die Probleme
der Gesellschaft lösen, sondern um an seinem Beispiel zu zeigen, daß diese
Gesellschaft selbst das Problem ist. Und die Beckstein'sche Politik ist
in der Tat ein hervorragendes Exemplar der - häufig tödlichen - Konsequenzen,
die der Kapitalismus für seine Opfer bereithält. In seinem Sinne sei darum
gesagt:
Auch ein Minister, der morgen vielleicht nach München zurückfährt, braucht
sich heute in Göttingen nicht sicher zu fühlen.
volume.two
faschisten.bekämpfen
Auch wenn in Becksteins Kopf
der völkische Wahn als eine Mischung aus Schuhplattler, preußischem Fleiß
und bayerischem Defiliermarsch herumspukt, daß einer und einem schwindelig
werden kann: Er kann nicht raus aus seiner Haut als demokratischer Politiker
mit Verantwortung für den Standort. Er ist den Sachzwängen der kapitalistischen
Verwertung unterworfen, und denen ist in den Zeiten von Postfordismus
und ‚Globalisierung' - im Gegensatz zu früher - die reine völkische Ideologie
doch eher hinderlich.
Die Tatsache, daß auch die CSU bereit ist, "Ausländer, die uns nützen"
reinzulassen, ist Indiz dafür, daß sie dies zähneknirschend anerkennt.
Damit gerät sie als einer von Deutschlands erfolgreichsten Dienern in
Konflikt mit Deutschlands größten Fans: den Nazis, deren Hirne vom ganzen
deutschnationalen Schrott derart vernagelt sind, daß sie selbst mit den
'Erfolgen' des demokratischen Rassismus nichts mehr anzufangen Wissen.
Deutsche Arbeit, Deutscher
Wahn - völkischer Rassismus als Ideologie der NPD
Am 16. Juni ist Göttingen wohl konfrontiert mit einer massiven Äußerung
dieser Gesinnung in Form einer ‚nationalen Großdemonstration'
der NPD. Die Gelegenheit ist günstig: Die verbesserte rechtliche Situation
im Kommunalwahlkampf soll genutzt werden, um endlich auch in der "Frontstadt
Göttingen" (Deutsche Stimme, NPD-Postille) ein Bein auf den Boden zu kriegen.
Was gesagt werden wird, ist nicht schwer zu erraten. Die Ideologie der
‚deutschen Sozialisten' ist ebenso altbekannt wie brandgefährlich. Die
abstrakten gesellschaftlichen Verhältnisse unter der Herrschaft des Kapitals
werden naturalisiert: Die Arbeit erscheint als das ‚schaffende' und konkrete,
die ewige Naturnotwendigkeit, die mit Gesellschaft nichts zu tun habe.
Identifiziert wird sie mit den Tugenden von Pünktlichkeit, Sauberkeit
und Fleiß und ist somit deutsch.
Das alles nicht so schön ist, wie es sein könnte, muß dieser Logik zufolge
von außen kommen: Zum einen habe das ‚raffende' und internationale Finanzkapital
- im Bunde mit der verräterischen demokratischen Regierung - das deutsche
Wesen korrumpiert und sauge es aus. Dahinter stehe die Weltverschwörung
gegen das Deutschtum, der ‚ewige Jude', und ein zweites Auschwitz ist
immer schon mitgedacht. Auf der anderen Seite stehen die Unverwertbaren.
Die deutsche Nation wird als Kollektiv der Produktiven gedacht, dessen
Erfolg durch Faulenzer bedroht sei. Alles Unproduktive, nicht Verwertbare
wird so zum Feind:
‚Arbeitsscheues Gesindel' - auch die NPD weiß, genau wie der Bundeskanzler,
das es unter den Bedingungen des Kapitalismus, des deutschen zumal, kein
Recht auf Faulheit gibt.
Stärker noch als Schröder oder die CSU machen die völkischen Rassisten
die Unfähigkeit, sich ausbeuten zu lasen, aber an biologistischen Kriterien
fest. Die durch gesellschaftliche Umstände erzeugte Unverwertbarkeit erscheint
ihnen als genetische Grundkonstante. Polen, Schwarzen und Süditalienerinnen
sei sie ebenso angeboren, wie den Deutschen die Verwertbarkeit; die Bereitschaft
also sich abzuschuften für die Nation. Herrschaft, Verwertung, Vernichtung:
Das ist die Perspektive, die sich aus der Ideologie der NPD ergibt.
Nichts Neues also unter der deutschen Sonne. Gegen diesen Wahn braucht
man nicht mehr zu argumentieren, es gibt Leute, bei denen hilft nur noch
der Teli.
Keine Wahl -
Rassismus als Grundkonstante von Demokratie und Faschismus
Aber Vernichtung steht nicht auf der Tagesordnung, die Position der
Faschisten ist - zur Zeit - gesellschaftlich isoliert. Die Notwendigkeit,
Sie zu bekämpfen, ergibt sich momentan weniger aus der potentiellen Gefahr
einer Machtübernahme, denn aus der sehr konkreten, die sie für die Objekte
ihres Wahns darstellen. MigrantInnen, Jüdinnen und Juden, Schwule,
Behinderte, Punks oder Linke, kurz alle, die nicht ins Weltbild vom fleißigen
deutschen Spießer passen, sind von den Nazibanden bedroht, wenn man ihnen
die Straße überlässt. Die Linke tut gut daran, auch nach dem staatlichen
Antifa-Sommer am Ball zu bleiben und die Forderung, man dürfe den Nazis
keinen Fußbreit überlassen, weiter ernst zu nehmen. Als radikale Linke
darf sie dabei aber nicht stehen bleiben. Völkische Ideologie, Antisemitismus
und Rassismus entstehen nicht aus dem Nichts, quasi als angeborener Hass
gegen das ‚Fremde', sondern sind notwendige kapitalistische Denkformen.
Vergleicht man die Analysen des demokratischen Rassismus und seines völkischen
Gegenparts, erkennt man, dass die Unterschiede zwischen beiden nur graduell
sind. Der völkische ist konsequenter, der demokratische kann flexibler
auf die wechselnden Anforderungen des Marktes reagieren. Beiden ist gemein,
das sie sich auf die Nation berufen, deren Wohl alles sei. Beide sehen
in MigrantInnen eine Bedrohung dieses Wohls und beide sind bereit, diese
vermeintliche Bedrohung unter Anwendung von Gewalt abzuwenden. Die eine
Variante bedient sich der Form Abschiebung, die andere der des offenen
Terrors. Auch die Beschwörung des Staates an seine Bürger, sie mögen doch
tolerant gegenüber Ausländern sein, kann seinen rassistischen Charakter
nicht verbergen: Die Leute werden eben geduldet - genau das meint tolerieren
-, solange sie verwertbar sind, mögen muß man sie deshalb noch lange nicht.
Rassismus ist Ergebnis der
bürgerlichen
Ideologie: Weil es vor dem Markt keine Überlebensgarantie gibt, fliehen
die Bürger ins nationale Kollektiv, das alles, was von außen kommt, als
feindlich wahrnimmt. Demokratie und Faschismus unterscheiden sich in der
Umsetzung des nationalen Wohls nur in der Wahl der Mittel; im gemeinsamen
Ursprung aus der kapitalistischen Vergesellschaftung besteht ihre Wesensverwandschaft.
Für die radikale Linke heißt das, daß ihr Gegner - unabhängig vom Kampf
gegen Nazis oder der Auseinandersetzung mit demokratischen Rassisten -
immer diese Gesellschaft als Ganzes ist. Ein Ende des bürgerlichen Wahn-Sinns,
von dem auch der Rassismus nur Symptom ist, ist nur durch ihre Abschaffung
möglich.
Autonome Antifa
[M] im Mai 2001