08.05.07, Redebeitrag:

Redebeitrag auf der Kundgebung zur Kapitulation des 3.Reichs


Betrachtet man als halbwegs aufmerksamer Mensch derzeit das politische Treiben ist man hin und her gerissen zwischen Lachen und Weinen. Man fragt sich doch, ob es Dreistigkeit oder schlicht und ergreifend Dummheit ist, wenn Günter Oettinger einen Nazirichter, der für mehrere Todesurteile verantwortlich ist zum Partisanen umdichtet. Eins jedenfalls hat er daraus gelernt. Das man damit ziemlich auf die Schnauze fallen kann. Mehr aber auch nicht. Nach dem beinahe schon förmlich wirkenden Marathon der Empörung bekam die Öffentlichkeit erst eine, dann die zweite Entschuldigung zu hören. Grund dafür war wohl, dass sich die erste eher nach einem „wenn ihr alle zu dumm seid mich zu verstehen, kann ich auch nichts dafür“ anhörte statt nach einer ernsthaften Entschuldigung. Ernsthaft war aber auch die zweite nicht. Was bleibt ist ein Baden-Württenbergischer Ministerpräsident, der sich gerade noch mal so den Kopf gerettet hat, ohne das eine wirkliche Erkenntnis festzustellen gewesen wäre. Es ging eben nicht darum, dass Günther Oettinger die tiefere Einsicht, das bei Todesurteilen eben doch Menschen sterben erhält, sondern lediglich darum, das Medieninteresse von ihm abzuwenden und das eigene Image zu retten. Da ist es wieder, das Image. Und wie so oft war es mal wieder wichtiger als die Wahrheit. Denn nicht nur Oettinger, auch so manch andere versuchen durch das Leugnen oder Verharmlosen der Verbrechen des dritten Reichs das Bild seiner Stadt, seines Landes, seiner Verwandten oder sonst wem oder was aufzupolieren. „Opa war kein Verbrecher.“, „Die haben doch alle von nichts gewusst“, oder „Andere haben doch auch Massenmorde begangen.“ sind nur einige der ausflüchte, mit denen Wahlweise der Holocaust oder der zweite Weltkrieg verharmlost werden sollen, oder aber die deutsche Bevölkerung kollektiv zum Opfer des Nationalsozialismus umgedichtet wird. Scheinbar wurden alle so sehr verführt und wussten von so wenig, dass sie gar nicht gemerkt haben, wie sie die Synagogen in der Reichspogromnacht angezündet haben, wie sie sich die Geschäfte von Juden genommen haben, die deportiert wurden, wie jeden Tag Menschen mit den Gelben Sternen an ihnen vorbei liefen. Doch genau diesen Stumpfsinn bekommt man immer und immer wieder zu hören. In Fernsehshows, am Stammtisch und in der Schule. Doch nicht genug damit, dass solche selbstgerechten Lügen das Gesamtbild beherrschen. Auch die Trauer hierzulande beschränkt sich meist auf die Ereignisse, die Deutschland geschadet haben. Wenn es darum geht, den Bombardements von Dresden zu gedenken wird an nichts gespart, der Krieg tut dort leid, wo man selber ihn verloren hat. Und dieses Verhalten zieht sich wie ein roter Faden durch die deutsche Nachkriegsgeschichte bis Heute. Mittlerweile ist man sogar wieder soweit, gestärkt von dem Gefühl für die Geschichte nicht verantwortlich zu sein, neue Weltmachtsambitionen zu stellen. So selbstsicher wie nie zuvor wird eine rassistische Abschiebepolitik betrieben, bei der neben dem früheren Argument das das ja doch alles Schmarotzer wären nun auch noch das Argument das sind doch alles Terroristen hinzugekommen ist. Und doch scheint die Lehre aus der Nazi-Diktatur weitgehend die zu sein, dass Deutschland wirklich großartig ist. Ein Land, das für sechzig Millionen Tote verantwortlich ist, ist durch eine neue Verfassung scheinbar von aller Schuld befreit worden und feiert sich dafür regelmäßig ab. Anders scheint das an Tagen wie Heute zu sein. Heute jährt sich die bedingungslose Kapitulation Deutschlands, der Sieg der alliierten Streitmächte kurz nach der Einnahme Berlins durch die rote Armee. Den meisten ist noch nicht einmal das in Erinnerung geblieben. Trotz alledem wollen wir heute feiern. Wir feiern, dass vor 62 Jahren genau der Schritt getan wurde, der auch heute wieder nötig wäre. Es gilt Deutschland zu bekämpfen, seine Selbstherrlichkeit, seine Arroganz und Dummheit und seinen mörderischen Nationalismus. Wir wollen Hier und Heute nicht nur die Niederlage Deutschlands und das Ende seines Krieges feiern sondern gleichzeitig auch eine Gegenkultur schaffen, gegen Nationalismus, gegen Faschismus, gegen Deutschland und für eine Herrschaftsfreie Welt!
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