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Fri Sep  4 00:22:34 1998
 


Lübecker Polizei weitet Fahndung aus

Libanese bestreitet weiter Brandanschlag - Spurensuche abgeschlossen

Von DIETHART GOOS
Lübeck - Der des zehnfachen Mordes, des 38fachen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung bezichtigte Libanese Safwan E. wurde gestern den ganzen Tag über von Beamten der Staatsanwaltschaft und der Kriminalpolizei vernommen. Die Lübecker Sonderkommission zur Ermittlung der Brandkatastrophe hielt sich bei Auskünften bedeckt. Den Ermittlern gehe es darum, wie Polizeidirektor Winfred Tabarelli erläuterte, mögliche Mittäter oder Mitwisser ausfindig zu machen. Offenbar wird eine alleinige Täterschaft des verdächtigen Libanesen angezweifelt.

Wie verlautete, wurden die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen inzwischen auf das Umfeld von Safwan E. ausgedehnt. Der libanesische Asylbewerber war am Samstag verhaftet worden. Er bestreitet bisher die Vorwürfe. Der 21jährige wohnte mit seinen Eltern und sechs Geschwistern in dem Heim an der Lübecker Hafenstraße. Die Polizei vernimmt jetzt vor allem Freunde und Bekannte des Libanesen. Zwei Brüder von Safwan E., Mohammed (23) und Gasswan (19), waren am vergangenen Wochenende bereits ausführlich vernommen worden. Dabei ergab sich kein hinreichender Tatverdacht, der einen Antrag auf einen Haftbefehl gerechtfertigt hätte.

Am Ort der Katastrophe in der Lübecker Hafenstraße ist inzwischen die Straßensperrung aufgehoben; Großgerät von Feuerwehr und Bergungsunternehmen ist abgezogen, Schwerlastverkehr von und zum Hafen fährt an der Ruine vorbei. Nach wie vor sind die 50 Experten der "Soko 1/96" im Einsatz, sie haben ihre Tätigkeit allerdings von der Brandstätte in das Polizeipräsidium verlegt.

"Alle Beweise sind gesichert und werden jetzt ausgewertet", sagte Polizeisprecher Detlef Hardt. Außerdem sei die Polizei immer noch mit der Identifizierung der Leichen beschäftigt. In die komplizierten Untersuchungen sind kriminaltechnische und wissenschaftliche Labors eingeschaltet. Dabei geht es unter anderem auch um die Fragen, auf welche Weise das Feuer gelegt wurde und warum sich die Flammen derart schnell über das ganze Gebäude hatten ausbreiten können.

Der Brandherd stehe jetzt zweifelsfrei fest, sagte Hardt. Einzelheiten dazu wollte er aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht preisgeben. Wie die WELT in Erfahrung bringen konnte, brach das verheerende Feuer im Flur des ersten Stockwerks vor der Etagentür zur Wohnung des Vaters von Safwan E. aus. Marwan E. lebte dort mit seiner Frau und den vier jüngeren Kindern, während die drei erwachsenen Söhne Mohammed, Safwan und Gasswan Zimmer im ausgebauten Dachgeschoß hatten.

Die Stelle, wo der Brand ausbrach, ist von außerhalb des Hauses nicht erreichbar. Nach Kripo-Einschätzung sei damit die Möglichkeit ausgeschlossen, daß ein Brandsatz von außen in das Gebäude geworfen wurde und das Feuer auslöste.

 Copyright: DIE WELT, 23.1.1996


 

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