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Das SVZ online Archiv
Nachrichten aus Deutschland und der Welt vom 24. September 1996


Sanitäter hält an Aussage gegen Safwan Eid fest

Zweifel an Aussagen des Hauptbelastungszeugen in Lübeck bleiben

Lübeck (dpa) Im Prozeß um die Brandkatastrophe in einem Lübecker Flüchtlingsheim hat der Hauptbelastungszeuge gestern seine Aussage gegen den Angeklagten Safwan Eid
bekräftigt.

Eid habe ihm in der Brandnacht in einem Krankentransportbus gesagt: "Wir waren's", sagte der 26jährige Rettungssanitäter am dritten Prozeßtag vor der Lübecker Jugendstrafkammer. Eid, der seine Unschuld beteuerte, will dagegen nach seiner Aussage am vergangenen Prozeßtag damals "Die waren's" gesagt und dabei Neonazis gemeint haben. Bei dem Feuer in der Nacht zum 18. Januar waren zehn Menschen getötet und 38 zum Teil schwer verletzt worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Libanesen Eid vor, das Feuer gelegt zu
haben.

Unaufgefordert habe ihm Eid außerdem erzählt, sagte der Sanitäter, daß es Streit mit einem "Familienvater oder Hausbewohner" gegeben habe. Man habe sich dafür rächen wollen und Benzin "oder eine andere brennbare Flüssigkeit" an die Wohnungstür gegossen und diese angezündet. Die brennende Flüssigkeit sei dann die Treppe heruntergelaufen, habe Eid erzählt, so der 26jährige weiter. Auf Nachfragen von Eids Verteidigerin mußte der Hauptbelastungszeuge der Staatsanwaltschaft allerdings einräumen, er könne sich an den genauen Wortlaut von Eids Schilderung der Tat nicht mehr erinnern.

Wie der 26jährige weiter schilderte, sei er in dem Bus, in dem 17 bis 20 Leichtverletzte in ein Krankenhaus gebracht werden sollten, auf Safwan Eid zugegangen und habe ihn gefragt, ob alles okay sei. Daraufhin habe Eid ihm die Tat gestanden, sagte der Großmarktangestellte, der in der Brandnacht als Rettungssanitäter im Einsatz war. Bei vielen Detailfragen hatte er Erinnerungslücken. Vor allem auf Fragen der Verteidigung von Eid zu Einzelheiten aus früheren Vernehmungen konnte er häufig nicht antworten. So konnte er zunächst nicht sagen, wann er den Rettungssanitäter kennengelernt hatte, der ihm riet, mit seinem Wissen zur Polizei zu gehen. Und auch was die Beteiligung an sogenannten Gotcha-Spielen - wobei sich die Kontrahenten mit Farbkugeln beschießen - in Mecklenburg-Vorpommern anging, hatte der Zeuge zunächst nur verschwommene Erinnerungen. Er habe sich lediglich zwei- bis viermal daran beteiligt.

Auf Abweichungen seiner Aussage von früheren Vernehmungen angesprochen, sagte der 1990 aus der DDR nach Lübeck übergesiedelte Zeuge, es gebe viele "Sachen, die ich als Kleinigkeit nicht erwähnt habe". Er sei mit seinem Wissen nicht sofort zur Polizei gegangen, weil er sich nicht sicher gewesen sei, ob der Libanese nicht unter Schockeinwirkung mit ihm gesprochen habe. Außerdem habe er nach der Festnahme der vier Männer aus dem Raum Grevesmühlen in Mecklenburg-Vorpommern gedacht "Na, die haben ihre Leute ja". Die Frage der Staatsanwaltschaft, ob er Verbindungen nach Grevesmühlen habe, verneinte der ehrenamtliche Mitarbeiter des Deutschen Roten Kreuzes. Die vier Männer waren kurz nach dem Brand als Tatverdächtige gefaßt worden, kamen bald darauf aber wieder auf freien Fuß. Kritiker warfen immer wieder der Staatsanwaltschaft vor, sie sei dem Tatverdacht gegen das Quartett nicht gründlich genug nachgegangen.


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