nadir start
 
initiativ periodika Archiv adressbuch kampagnen suche aktuell
Online seit:
Fri Sep  4 00:19:11 1998
 

Spiegel
Pressemeldung 05.04.97

Im Brandfall Lübeck führt die Spur ins Rotlichtmilieu

Bei den Ermittlungen zur Brandkatastrophe in einem Lübecker Asylbewerberheim haben die zuständigen Beamten eine auffällige Spur nicht mit Nachdruck verfolgt. Wie das Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL in der neuen Ausgabe berichtet, handelt es sich um Verbindungen des bei dem Brand getöteten Hausbewohners Sylvio Amoussou zu einer ehemaligen V-Frau der Lübecker Polizei namens Annegret Gottschalk. Sie erklärte jetzt gegenüber dem SPIEGEL, daß sie wegen fortgesetzter massiver Bedrohungen im vergangenen Herbst aus Lübeck geflüchtet ist. Zur Zeit hält sie sich in Ostafrika auf.

Gegen Gottschalk, die zur Jahreswende 1993/1994 kurzzeitig als Prostituierte gearbeitet hat, wurden zwei Brandanschläge verübt, sie erhielt schriftliche und telefonische Morddrohungen. Außerdem war sie zweimal vergewaltigt worden. Eine Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Lübeck vom Freitag zu den Vorgängen war eine Reaktion auf noch laufende Recherchen des Nachrichtenmagazins. Die Darstellung des Behördensprechers Klaus-Dieter Schultz, ein Bezug zur Brandstifung in der Hafenstraße sei "nicht im entferntesten zu erkennen", trifft nicht zu. Vielmehr ist die hochgradige Gefährdung der Annegret Gottschalk den Ermittlern im Fall Hafenstraße genau bekannt gewesen.

Zwei Kripo-Beamte, die nach der Brandstiftung in maßgeblicher Weise die Ermittlungen geführt haben, hatten die Informantin mit dem Decknamen "Britta" zeitweilig betreut. Gegen sie kam es 1994 zu einem Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung im Amt. Gottschalk war im Rahmen ihrer Spitzeltätigkeit für die Polizei von einem Mann vergewaltigt worden, den sie als Drogenhändler überführen sollte. Dies hat sie den Beamten berichtet, die aber keine Anzeige aufgenommen haben. Das Ermittlungsverfahren gegen die Beamten wurde eingestellt. Allerdings mußte einer der beiden Beamten als Auflage einen geringen Geldbetrag zahlen.

Die Verbindungen der ehemaligen Polizei-Informantin zu Amoussou sind deshalb von Bedeutung, weil der Tod des Afrikaners bis heute ungeklärt ist. Die Untersuchung des Lübecker Gerichtsmediziners Manfred Oehmichen ergab keine Anhaltspunkte dafür, daß der Mann noch lebte, als das Feuer ausbrach. Die Beziehung zwischen dem Asylbewerber und Annegret Gottschalk fiel in eine Zeit, als die frühere V-Frau erneut massiv bedroht wurde. Zwei Tage vor dem Brand in dem Asylbewerberheim, sagte sie jetzt dem SPIEGEL, habe Amoussou einen der Drohanrufe entgegengenommen.


[Lübeck - Hauptseite | Presse | Was gibt's Neues | Inhalt | Feedback ]