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Datum=13.11.1996; Seite=7; Artikel=assia; Schlagwort=Kriminalität/Brände/Prozesse/;


Titel: LÜBECK (lno).

Text:

Im Prozeß um den Brand in dem Lübecker Asylbewerberheim hat eine ehemalige Hausbewohnerin das Bild von der heilen Hausgemeinschaft relativiert und die These der Staatsanwaltschaft von einem Brandausbruch im Haus unterstützt. "Wenn alle lügen, will ich nicht dabei sein. Ich will die Wahrheit sagen," rief die Libanesin Assia El-Omari (43) unter Tränen im Gerichtssaal. Zuvor hatte die Frau, die bei dem Feuer einen Sohn verlor, ausgesagt, vor Ausbruch des Feuers ein lautes Streitgespräch aus einer der Wohnungen im ersten Stock gehört zu haben. Später habe sie in ihrem Wohnungsflur Qualm durch die Bodendielen aufsteigen sehen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Hausbewohner Safwan Eid vor, das Feuer im ersten Stock des Hauses gelegt zu haben. Als Motiv nimmt sie Streit an. Bei dem Brand im Januar starben zehn Menschen, 38 wurden verletzt.

Die Libanesin, die mit ihrer Familie im zweiten Stock des Hauses lebte, berichtete, sie sei von der Sirene des Brandmelders im Haus aufgewacht und habe Brandgeruch bemerkt. Beim Gang durch ihre Wohnung sei der Fußboden an einer Stelle des Flures heiß gewesen, dort sei Qualm aufgestiegen. Experten des Bundes- und des Landeskriminalamtes hatten in Gutachten belegt, daß das Feuer in der Mitte eines Flures im ersten Stock des Hauses gelegt worden sei.

Einige Zeit vor dem Brand habe sie aus einer der unteren Wohnungen ein Streitgespräch zwischen Männern gehört, sagte die Libanesin weiter. Dabei sei "afrikanisch" gesprochen worden.

Einen Knall oder eine Explosion schließe sie aus. "Ich habe einen leichten Schlaf, das hätte ich hören müssen," erklärte sie. Der Vater von Safwan Eid hatte dagegen ausgesagt, er habe gegen 3.30 Uhr einen Knall gehört. Ihr gegenüber habe er jedoch davon gesprochen, daß er die Explosion schon um 02.30 Uhr gehört habe. Die Verteidigung beruft sich auf Aussagen anderer Hausbewohner, wonach ein Fenster im Vorbau der Unterkunft leicht von außen zu öffnen gewesen sei. Dies würde die These untermauern, daß der Brand von außen gelegt wurde. Auch diesem Punkt widersprach Assia El- Omari gestern. Es sei ihr unverständlich, warum die anderen Hausbewohner dies jetzt behaupteten, meinte die Libanesin. Auch das Bild von der harmonischen Hausgemeinschaft, wie es zuvor von anderen ehemaligen Bewohnern geschildert worden war, wurde von der Zeugin nicht bestätigt. Es habe durchaus Auseinandersetzungen mit der Familie Eid gegeben. Nur einmal habe sie sich länger mit Safwans Mutter unterhalten. Dabei habe ihr die Frau erklärt, daß ihr Sohn 21 Jahre alt sei. Vor Gericht hatte der Angeklagte dagegen versichert, erst 20 Jahre alt zu sein. Dies wurde von seinem Vater bestätigt. Die Frage des Alters ist für die Strafzumessung von Bedeutung.

Die Verteidigung geht dagegen davon aus, daß das Feuer im Vorbau des Hauses von außen gelegt wurde. Sie stützt sich auf entsprechende Aussagen des Frankfurter Brandschutzexperten Ernst Achilles und verdächtigt vier Männer aus dem mecklenburgischen Grevesmühlen. Sie waren vorübergehend festgenommen worden, weil sie mit einem "Wartburg" in der Brandnacht in der Nähe der Asylbewerberunterkunft gesehen worden waren.


Eingang=DPA_13/11_16:53


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