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junge Welt Interview

15.07.1998
Kann man Ihnen Strafvereitlung im Amt vorwerfen?
jW sprach mit dem Lübecker Staatsanwalt Klaus-Dieter Schultz

F: Die vier verdächtigen Männer aus Grevesmühlen, die im Januar 1996 in der Tatnacht des Brandanschlages auf das Lübecker Asylbewerberheim mit angesengten Augenbrauen in der Nähe des Heimes angetroffen worden waren, sind seinerzeit kurz nach ihrer Festnahme wieder freigelassen worden. Einer der vier, Maik Wotenow, der zur Zeit im Gefängnis in Neustrelitz sitzt, hat im jüngsten »Spiegel« eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, wonach er an dem Brandanschlag beteiligt gewesen ist. Er hatte auch zuvor schon ein Geständnis abgelegt. Es bleibt einem da unverständlich, warum man erst im Februar ein Ermittlungsverfahren gegen die vier der rechten Szene Angehörenden eingeleitet hat.

Ich werde, und da bitte ich um Verständnis, jetzt nicht den ganzen Sachverhalt hier wiederholen. Dazu ist ja auf vielen Pressekonferenzen Stellung genommen worden. Dazu können und werden Sie von mir keine weiteren Erklärungen bekommen. Ich sage Ihnen heute nur, und ich wiederhole mich hiermit, es gibt derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen die vier jungen Männer aufgrund des im Februar abgelegten Geständnisses. Dieses Ermittlungsverfahren ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Wir haben es also mit einem laufenden Ermittlungsverfahren zu tun. Und daher werde ich keine weiteren Auskünfte erteilen.

F: Am 14. April dieses Jahres traf auch ein mit dem Namen Heiko Patynowski unterzeichnetes Bekennerschreiben bei der jungen Welt ein. Patynowski war einer der vier am Tatort angetroffenen Rechten aus Grevesmühlen. Er sitzt zur Zeit im Gefängnis im mecklenburgischen Bützow. Der Brief schien Ihnen seinerzeit auch nicht authentisch zu sein. Woraus schlossen Sie das?

Dieses Wort »auch« verstehe ich nicht. Worauf bezieht sich dieses »auch«? Ich sage folgendes: Wir haben es mit einem laufenden Ermittlungsverfahren zu tun, weitere Auskünfte können Sie von mir heute nicht bekommen.

F: Gibt es ...

Ich habe doch gesagt, weitere Auskünfte gibt es nicht. Und insofern lohnt es nicht, wenn Sie weitere Fragen stellen. Ich glaube, wir verschwenden da gegenseitig unsere Zeit.

F: Noch eine Fragem dürfen wir stellen? Gegen Safwan Eid, der seinerzeit lediglich einem Dritten gegenüber geäußert haben soll, »wir waren's«, wurde seitens der Staatsanwaltschaft ein umfangreicher Mordprozeß geführt. Die Aussagen von Maik Wotenow hingegen, der schon mehrfach Geständnisse abgegeben hat, wurden Ihrerseits nicht ernstgenommen. Jetzt hat Wotenow sogar in der eidesstattlichen Versicherung seine Beteiligung an dem Brandanschlag gestanden. Das bewertet Ihre Behörde widerum als »keine neuen Fakten«. Haben Sie keine Angst, daß man Ihnen Strafvereitelung im Amt vorwerfen könnte?

Das ist eine unsachliche Frage. Darauf kriegen Sie von mir keine Antwort ...

(Hier endete - aufgelegt- leider das Gespräch, obwohl wir noch ein paar Fragen hatten.

Interview: Peter Murakami

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