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junge Welt, Freitag, 8. März 1996, Nr. 58, seite 6, inland

>> Brandursache weiter unklar

> Monitor: Zweifel an Täterschaft von Safwan E.

Die erheblichen Zweifel an der Täterschaft des im Zusammenhang mit dem Brand einer Lübecker Asylbewerberunterkunft der Täterschaft beschuldigten Libanesen Safwan E. werden jetzt auch durch Recherchen des ARD-Magazins Monitor gestützt. Entgegen den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind demnach die Ursachen noch völlig ungeklärt und lassen sich die wesentlichen Gründe für den dringenden Tatverdacht nicht mehr aufrechterhalten. Bei dem Brand waren am 18. Januar 1996 zehn Menschen ums Leben gekommen.

Laut Haftbefehl soll der Beschuldigte Benzin an die Wohnungstür eines Mitbewohners im 1. Stock des Hauses gegossen und angezündet haben. Dies soll er einem Rettungssanitäter in der Brandnacht mitgeteilt haben. Das Brandgutachten des Landeskriminalamts Schleswig-Holstein, das Monitor nach eigenen Angaben vorliegt, widerspricht dem Haftbefehl. Danach ergibt sich zweifelsfrei, daß am angeblichen Entstehungsort des Brandes sowie an der Bekleidung des Libanesen keinerlei Spuren brennbarer Flüssigkeiten wie Benzin nachgewiesen werden konnten. Dies aber hätte nach Gutachter-Aussagen der Fall sein müssen.

Die tragenden Gründe für den Haftbefehl gegen Safwan E. wären damit laut Monitor widerlegt. Falsch sei auch, daß sich der Tatverdacht gegen den beschuldigten Libanesen durch die von der Lübecker Staatsanwaltschaft präsentierten geheimen Tonbandmitschnitte aus der Untersuchungshaft erhärtet. Die Aufzeichnungen von Gesprächen im Besuchszimmer des Gefängnisses waren nach Aussage von Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Schultz erforderlich gewesen, weil die »weitere Erforschung des Sachverhalts« ansonsten »aussichtslos« gewesen wäre.

Bei den von der Staatsanwaltschaft herangezogenen Zitaten handelt es sich laut Monitor um aus dem Zusammenhang gerissene Wortfetzen, die in keinem Fall als Geständnis des Beschuldigten gewertet werden können. Vielmehr beteuert der Libanese in den abgehörten Gesprächen mehrmals seine Unschuld. Dies wurde von der Staatsanwaltschaft bisher jedoch unterschlagen.

(sid/jW)