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Berliner Zeitung, 08.04.1998
Datum: 08.04.1998,
Ressort: Politik
Autor:

(nicht benannt)

Justiz verfolgt neue Spur im Lübecker Brand
Widerrufenes Geständnis löst Ermittlungen aus

LÜBECK, 7.April.
Mehr als zwei Jahre nach dem verheerenden Brand in einem Asylbewerberheim in Lübeck, bei dem zehn Menschen ums Leben gekommen sind, verfolgt die Staatsanwaltschaft eine neue Spur.
Einem Bericht der Lübecker Nachrichten" zufolge wird nun gegen vier junge Grevesmühlener ermittelt, die bereits am Morgen nach dem Feuer vom 18.Januar 1995 festgenommen worden waren.
Einer der Tatverdächtigen, der 20jährige Maik W., soll Ende Februar dieses Jahres in der Haftanstalt Bützow (Mecklenburg-Vorpommern) ein Geständnis abgelegt, dieses aber kurz darauf widerrufen haben.
In den Vernehmungen sei von 5 000 Mark die Rede gewesen, die angeblich jeder der vier Grevesmühlener für die Brandstiftung in dem Asylbewerberwohnheim an der Hafenstraße bekommen haben soll, heißt es in den Lübecker Nachrichten".Über die Herkunft des Geldes sei derzeit nichts bekannt.
In einer späteren Vernehmung habe W. erklärt, er und seine Freunde hätten nichts mit der Brandstiftung zu tun.
Der Sprecher der Lübecker Staatsanwaltschaft, Klaus Dieter Schultz, habe bestätigt, daß Maik W. unterschiedlichste Angaben gemacht und sie später als "Unsinn" bezeichnet habe.
Die Äußerungen von W. seien mit Vorsicht und großer Zurückhaltung zu betrachten, sagte Schultz den Lübecker Nachrichten". "Ich sehe keine Wende im Komplex Hafenstraße."Gleichwohl werde die Staatsanwaltschaft die Sache prüfen."Wir gehen jedem Hinweis nach, sei er auch noch so fernliegend."Versengte AugenbrauenIn der Nacht zum 18.Januar 1996 waren die vier Grevesmühlener auf ihrem Heimweg an dem brennenden Asylbewerberheim vorbeigekommen und einer Polizeistreife aufgefallen.
Wenige Stunden später wurde sie festgenommen.
Wie sich erst später herausstellte, hatten drei der vier jungen Leute versengte Augenbrauen, -wimpern und Stirnhaare.
Dies erklärten die Mecklenburger damals damit, daß sie einen Hund angezündet, Benzin aus einem Mafotank abgezapft und entzündet, beziehungsweise sich an der Stichflamme eines Ofens versengt hätten.
Schon bald nach dem Brand gab es nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ein Alibi für die Grevesmühlener.
Sie sollen weit weg vom Brandort an einer Tankstelle von einem Streifenwagen gesehen worden sein.
Im Mai 1996 wurde das Ermittlungsverfahren gegen die vier Männer eingestellt. (po.)