Verfolgung auf Bahnsteig 3/4

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Online seit:
Wed Dec  4 17:37:55 1996
 



Nach offizieller Version blickte Wolfgang Grams kurz nach links und rechts und flüchtete dann die Treppe zu Bahnsteig 3/4 hoch. Die GSG 9-Männer setzten ihm sofort nach. GSG 9 Nr. 1, Nr, 3 und PK Newrzella liefen an der Spitze des Trupps.
Obwohl Nr. 1 mit an erster Stelle lief, hat er Wolfgang Grams laut seinen eigenen Angaben nicht gesehen, sondern sich auf Birgit Hogefeld konzentriert. Er will sich im Laufen entschieden haben, den Kollegen, der Birgit Hogefeld festgenommen hatte, zu unterstützen. Als er seinen Kollegen fast erreicht hatte, hörte er links von sich im oberen Treppenbereich Schüsse. Daraufhin habe er sich umgedreht und den V-Mann festgenommen.
Auch der auf Bahnsteig 1/2 postierte SET 2 muß direkt die Verfolgung aufgenommen haben. Eine im Zug auf Gleis 2 sitzende Reisende beobachtete Personen, die von Bahnsteig 1/2 mit gezückter Waffe in Richtung Treppe/Unterführung losliefen. Sie hörte es dann knallen, ohne etwas sehen zu können, und sah kurze Zeit später eine Vielzahl von Personen auf Bahnsteig 3/4 hochstürmen. Sie nahm alles als einen Bewegungsablauf wahr.


Blick vom Treppenaufgang auf Bahnsteig 3/4

Wolfgang Grams erwidert die Schüsse der GSG 9 ...

Angeblich verfolgten nur sieben GSG 9-Beamte (Nr. 2, 3, 5, 6, 7, 8 und PK Newrzella) des SET 1 Wolfgang Grams die Treppe hinauf. Dieser soll sich unmittelbar nach Erreichen des Bahnsteiges umgedreht, auf seine Verfolger geschossen und dabei den ersten Verfolger, PK Newrzella, der seine Waffe angeblich noch nicht gezogen hatte, mit mehreren Schüssen getroffen haben. PK Newrzella soll noch den Bahnsteig erreicht haben, bevor er zusammenbrach. Die übrigen Verfolger erwiderten, wie behauptet wird, in Notwehr das Feuer.
Mehrere zivile Zeugen sagen aber aus, daß schon im untersten Treppenbereich geschossen wurde. Das bedeutet, daß die Wolfgang Grams verfolgenden Beamten das Feuer eröffnet haben.

... zwischen Treppengeländer und Bahnsteigkante

Sämtliche aus Wolfgang Grams' Waffe verschossenen Patronenhülsen wurden im Gleis 4 gefunden. Aufgrund des Auswurfverhaltens seiner Waffe 1 können die Hülsen dorthin nur gelangt sein, wenn er zwischen Treppengeländer und Bahnsteigkante stehend von der Seite auf den Treppenaufgang geschossen hat. Damit ist sicher, daß Wolfgang Grams erst Richtung linke Bahnsteigkante lief, bevor er auf seine Verfolger schoß und daß er nicht vom Treppenende in den Treppenaufgang hinuntergeschossen hat.
Auch alle zivilen Zeugen, die dazu Beobachtungen gemacht haben, sagen aus, daß er um das Treppengeländer herumlief, bevor er schoß, bzw. daß er erst ab Bahnsteigkante schoß. Selbst von den GSG 9-Angehörigen des SET 1 behaupten nur zwei, daß Wolfgang Grams sich nach Erreichen des Bahnsteigs sofort umdrehte und schoß. Einer von ihnen meint sogar anfangs, daß Wolfgang Grams im Gleis stand, als er schoß. Später revidiert er dies jedoch.
Weiter soll sich Wolfgang Grams unter ständiger Schußabgabe vom linken Stützpfeiler am Kopf der Treppe weg längs des Geländers bewegt und sich der Bahnsteigkante an Gleis 4 genähert haben. GSG 9 Nr. 5 und Nr. 6 sollen unterdessen den Bahnsteig erreicht haben. Hier soll GSG 9 Nr. 5 von Schüssen von Wolfgang Grams getroffen und unmittelbar an der Treppe auf den Bahnsteig gefallen sein. GSG 9 Nr. 6 soll hinter dem linken Stützpfeiler in knieender Stellung Deckung gesucht haben. Die übrigen Verfolger sollen lediglich durch das seitliche Geländer aus dem Treppenaufgang heraus geschossen haben.

Nur zwei der sieben Verfolger gehen auf der Treppe in Deckung, alle anderen setzen nach auf den Bahnsteig.

Demgegenüber stehen wiederum Aussagen von zivilen Zeugen. Alle, die dazu Angaben machen können, sprechen von einer "Personengruppe", einer Vielzahl von Personen, von 5 bis 6 Mann, von 8 Mann oder sogar von einer Gruppe von 10 bis 15 Mann, die die Treppe hoch auf den Bahnsteig stürmten. Auch wenn die Angabe von 10 bis 15 Personen die obere Grenze markiert, zeigt sie doch, daß das Auftreten der GSG 9 massiv gewirkt haben muß und es sich nicht um lediglich zwei oder drei Beamte gehandelt haben kann.
In den Vernehmungen werden die GSG 9-Beamten nach ihrer eigenen Position auf der Treppe und der ihrer Kollegen während des Schußwechsels befragt. Zu den Positionen der Kollegen können sie oft keine genauen und vollständigen Angaben machen.
So sagt zum Beispiel GSG 9 Nr. 2, daß links von ihm zwei Kollegen, rechts von ihm Newrzella und drei weitere Kollegen waren. Auf die Frage, wo GSG 9 Nr. 7 war, antwortet er, er hätte Nr. 7 nicht gesehen. Nr. 7 müßte aber den Aussagen seiner Kollegen zufolge direkt links neben ihm gestanden haben.

GSG 9 Nr. 3 gibt an, daß direkt bei ihm auf der Treppe zwei Kollegen waren, ein weiterer Kollege hinter dem Pfeiler kniete und Newrzella und Nr. 5 sich auf dem Bahnsteig befanden. Laut dieser Aufzählung würde einer fehlen. Auf die Frage, wo sich Nr. 7 und Nr. 8 befanden, sagt er, daß er das nicht genau wüßte. Dabei müßten sich die beiden aber, wie GSG 9 Nr. 2, unmittelbar links neben ihm befunden haben. GSG 9 Nr. 8 gibt an, daß er der letzte Verfolger gewesen sei und nur noch einen weiteren Kollegen auf der Treppe wahrgenommen habe. Damit bestätigt er die Aussagen ziviler Zeugen, daß ein ganzer Trupp von Personen auf den Bahnsteig rannte. Die Geschichten der GSG 9-Beamten, wonach sie sich fast alle auf der Treppe in Deckung geworfen und mit der Waffe über dem Kopf blind Richtung Gleis 4 geschossen haben wollen, sind damit weitgehend widerlegt.

Dauer des Schußwechsels

Insgesamt soll der Schußwechsel nur ca. 8 bis 10 Sekunden gedauert haben. In dieser Zeit sollen nach offiziellen Angaben insgesamt 43 oder 44 Schüsse abgegeben worden sein, davon von der GSG 9 33 Schuß und von Wolfgang Grams 10 oder 11 Schuß. Zwei GSG 9-Kräfte, Newrzella und GSG 9 Nr. 5, wurden jeweils dreimal getroffen, Wolfgang Grams fünfmal inclusive dem aufgesetzten Kopfschuß. Nach offizieller Zählung erzielte er demnach eine Trefferquote von über 50%, die hochtrainierten GSG 9-Beamten nur 15%.
Bezüglich der Dauer des gesamten Schußwechsels widersprechen die Aussagen der eingesetzten Kräfte der GSG 9 einerseits denen des BKA andererseits. Während alle GSG 9-Beamten angeben, lediglich einen einzigen Feuerstoß bzw. eine Salve wahrgenommen zu haben, behauptet der größte Teil der eingesetzten BKA-Beamten, erst wenige Einzelschüsse und dann Sekunden später, aber deutlich abgesetzt eine Serie/Salve von Schüssen wahrgenommen zu haben. Allerdings sind sich BKA- und GSG 9-Beamte darin einig, daß der Schußwechsel nach dem Sturz von Wolfgang Grams abrupt beendet gewesen und kein weiterer Schuß mehr gefallen sei. Die späteren Ermittlungsergebnisse der StA Schwerin stützen sich ausschließich auf die Aussagen der GSG 9. Die Wahrnehmung zweier Schußfolgen sowohl durch alle BKA-Beamten als auch durch viele zivile Zeugen ist für die Ermittlungsbehörden nicht von Bedeutung. In der Frage der Dauer des Schußwechsels will die Staatsanwaltschaft allerdings nicht den GSAG 9-Aussagen folgen, die allesamt von einer Zeitspanne vondrei bis sechs Sekunden sprechen. Hier stützt sie sich auf die Angaben der BKA-Beamten, die von zehn bis zwölf Sekunden sprechen.

Maschinen-Pistolen

Mehrere Zeugen haben von MP-Salven berichtet, darunter auch Birgit Hogefeld. Der Einsatz von Maschinenpistolen wurde von GSG 9 und BKA durchgängig bestritten. Vorhanden waren sie aber in Bad Kleinen. Alle vier an dem Einsatz beteiligten SETs der GSG 9 hatten je 2 Maschinenpistolen dabei, davon jeweils eine mit Schalldämpferaufsatz. Angeblich waren sie aber wegen ihrer Auffälligkeit in den Fahrzeugen geblieben. Dagegen berichteten zwei Ärzte der Rettungsteams unabhängig voneinander, daß sie neben den Pistolen von Wolfgang Grams und GSG 9 Nr. 5 auch eine Maschinenpistole auf dem Bahnsteig liegen sahen. Auffälligerweise ist diese MP auf den Videoaufnahmen der GSG 9 nicht zu sehen, obwohl ein Arzt angab, gesehen zu haben, wie sie gefilmt wurde.




  1. Die Czeska Wolfgang Grams' wirft die leeren Patronenhülsen in einem Winkel von ca. 125 etwa 2,15 bis 2,35 Meter weit nach rechts hinten aus.