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Sun Jun 10 19:14:53 2001
 

Inhaltsverzeichnis Inhalt Chaos: Die Grundlagen des ontologischen Anarchismus Aufwärts

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Amour Fou

Amour Fou ist keine Sozialdemokratie, ist kein Parlament von zweien. In den Minuten seiner Geheimtreffs geht es um Inhalte, die zu enorm, aber auch zu präzise für Prosa sind. Nicht dies, nicht das - sein Buch der Embleme zittert in deiner Hand. Er scheißt natürlich auf Schulleiter & Polizisten, aber er verhöhnt ebenso Liberationisten & Ideologen - er ist kein sauberer, hellerleuchteter Raum. Ein topologischer Scharlatan hat seine Korridore & verlassenen Parks entworfen, sein Hinterhaltsdekor in luminösem Schwarz & flimmerndem, verrücktem Rot.¶

Jede(r) von uns verfügt über eine Hälfte der Karte - wie zwei Renaissancepotentaten definieren wir mit der unter Bannfluch stehenden Verschlungenheit unserer Körper, dem Ineinanderfließen unserer Säfte eine neue Kultur - die imaginären Ränder unseres Stadtstaates verschwimmen in unserem Schweiß.¶

Der ontologische Anarchismus ist von seinem letzten Angeltrip nie zurückgekehrt. So lange niemand dem FBI zuarbeitet, schert sich CHAOS nicht im geringsten um die Zukunft der Zivilisation. Amour fou entsteht nur zufällig - sein primäres Ziel ist die Verstopfung der Galaxie. Eine Konspiration der Transmutation.¶

Sein einziges Interesse an der Familie liegt in der Möglichkeit des Inzests (»Jeder Mensch ein Pharao!«) - oh, ihr ernsthaften Leser, ihr, die ihr mir ähnlich seid, mein Bruder, meine Schwester! - & in der Masturbation eines Kindes entdeckt amour fou (wie in einer japanischen Papierblumenfaltung) das Bild des zerfallenden Staates.¶

Wörter gehören denen, die sie gebrauchen, nur solange, bis andere sie sich aneignen. Die Surrealisten entehrten sich selbst, indem sie amour fou an die Geister-Maschine der Abstraktion verkauften - sie suchten in ihrem Unbewußten nur Macht über andere & folgten darin de Sade (der »Freiheit« nur für den erwachsenen weißen Mann wollte, um Frau und Kinder auszuweiden).¶

Amour fou ist von seiner eigenen Ästhetik erfüllt, durchdringt sich selbst bis an die Grenzen der Verlaufsbahnen seiner Gebärden, Engelsglocken inspirieren ihn, er ist untauglich für Kommissare & Ladenbesitzer. Sein Ego verschwindet in der Veränderlichkeit des Begehrens, sein Gemeinsinn erliegt dem Egoismus der Obsession.¶

Zum amour fou gehört eine nicht-gewöhnliche Sexualität wie zur Hexerei ein nicht-gewöhnliches Bewußtsein. Die angelsächsische post-protestantische Welt kanalisiert all ihre unterdrückte Sinnlichkeit in Werbung & spaltet sich in widerstreitende Mobs: in hysterische, prüde Typen vs. promiskuitive Klones & ehemalige Ex-Singles. AF möchte niemandes Armee beitreten, er nimmt nicht teil an den Geschlechterkriegen, er ist gelangweilt von gleichberechtigten Beschäftigungsmöglichkeiten (faktisch weigert er sich zu arbeiten, um den Lebensunterhalt zu verdienen), er beschwert sich nicht, erklärt sich nicht, wählt nie & zahlt keine Steuern.¶

AF würde gerne jeden Bastard (»Kind der Liebe«) zur Welt kommen sehen - AF fährt auf anti-entropische Erfindungen ab - AF liebt es, von Kindern geschändet zu werden - AF ist besser als jedes Gebet, besser als jedes Sündenbabel - AF nimmt die eigenen Palmen, den eigenen Mond mit, wohin er auch aufbricht. AF bewundert Tropicalismo, Sabotage, Breakdance, Layla & Majnun, den Geruch von Schießpulver & Sperma.¶

AF ist immer illegal, ob in der Verkleidung einer Ehe oder einer Pfadfindertruppe - immer trunken, ob vom Wein seiner eigenen Sekrete oder dem Rauch seiner eigenen polymorphen Virtualitäten. AF ist nicht das Dérangement der Sinne, sondern vielmehr deren Apotheose - nicht das Resultat von Freiheit, sondern vielmehr deren Voraussetzung. Lux et voluptas.



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