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Online seit:
Wed Sep 25 23:27:57 1996
 

Tagesschau, politische Femsehmagazine, Tages- und Wochenpresse (mittlerweile noch die Nachrichtensender des Hörfunks + des Privatfernsehens, die Information als Unterhaltung anbieten) bilden tagtäglich ein mediales Zerrbild der Wirklichkeit, welches sich Öffentlichkeit nennt. Nur ein von ihnen wahrgenommenes und damit medial vermitteltes Ereignis ist überhaupt passiert - und nur ein von ihnen als interessant eingestuftes Ereignis hat die Chance, innerhalb der Meinungsbildungsmaschinerie einen Platz zugeordnet zu bekommen. Dieser künstlich zusammengesetzte Bodensatz an MEINUNGSVIELFALT gilt als Grundvoraussetzung der "modernisierten Demokratie", durch den vorgegaukelt wird, die Politik, Wirtschaft und die soziale Umwelt für alle transparent zu machen. (...)
Mit der Schwerpunktsetzung auf die Hofnarren der Parteien erfüllen sie die wichtigste Funktion und Grundvoraussetzung des pluralistischen Parlamentarismus; sie suggerieren eine permanente Auseinandersetzung zwischen den Parteien, die längst nicht mehr so scharf existiert. Mehr noch, durch die von ihnen geschaffene "Öffentlichkeit" wird überhaupt noch eine "Dipolarität" in den politischen Standpunkten aufrechterhalten, damit wiederum die Existenzberechtigung von Wahlen, Demokratie am Leben erhalten. (...)
"Öffentlich" ist eben nicht der Zustand in den Wohnsilos der Vorstädte, die permanente Männergewalt, die Drangsalierung der Flüchtlinge - sondern "öffentlich" sind die Probleme der Regierung bei der Einebnung des EG-Binnenmarkts, ist allenfalls die Regelverletzung eines unvorsichtigen Spekulanten, und natürlich die Flut der "Scheinasylanten", die das demokratische System erschüttern.
"Öffentlich" sind die Gesetzesvorhaben, Oppositionsverlautbarungen, damit alle sich in die Auseinandersetzung miteinbezogen fühlen, "sie können sich eine Meinung bilden", damit ist die Teilnahme des Souveräns gewährleistet.
(aus: Gegen Worte als Ware, radikal 144)

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