Das Wasser sammelt sich in den Bergen

Vorgeschichte


Aspekte der Vorgeschichte der Zapatista-Bewegung

Die historische Entwicklung der EZLN

Unser Volk ist fähig, sich selbst zu regieren

Ein Gespräch mit dem Subcomandante

Geschichten, die noch nicht Geschichte sind


Warum konnte die EZLN wachsen? Und nicht nur wachsen, sondern in einer Explosion münden, die ein festgefügtes, hartes, gewaltiges, monströses Land bis in seine Grundfesten erschütterte - Mexiko. Sie vermochte dies, weil sie - entgegen aller Regel - in ihrer Entstehungsphase eine große Niederlage erlitt (und seither immer wieder erleidet), die genau ihren Erfolg begründet. Sie ließ zu, daß die Realität die Theorie zunichte machte, daß das gelebte Leben ein Denken überwand, das festen Strickmustern folgte, mit Kompaß und Handbuch als Anleitung. Eine Guerilla-Kolonne hatte das Spiel bereits mit ihrem ersten Einsatz verloren. Aber ihr Kampf galt damals nicht den Kugeln des feindlichen Staates, sondern einer Wirklichkeit, die sich den Dogmen der Fokustheorie und dem Avantgardeanspruch nicht fügen wollte.

(Guido Camú Urzúa/Dauno Tótoro Taulis: EZLN - El ejército que salió de la selva, Mexiko 1994)


Aspekte der Vorgeschichte der Zapatista-Bewegung

Antonio García de León

Die Zapatista-Bewegung ist nach meiner Meinung das Ergebnis zweier konfluierender Traditionen. Eine davon ist die Tradition der lokalen Campesino-Bewegungen, die 1974 mit dem Indígena-Kongreß in Chiapas ihren Anfang nahmen.

Die ursprüngliche Absicht dieses Kongresses war, die lokalen Organisationen zu einer breiten Bewegung zusammenzuführen. Dies war nicht möglich, da dafür noch die politische Reife fehlte. Die Bewegung blieb atomisiert in viele verschiedene Organisationen, von denen einige später von nationalen Organisationen vereinnahmt wurden, wie im Falle der Central Independiente de Obreros Agricolas y Campesinos (CIOAC; Unabhängige Zentrale der Landarbeiter und Bauern), oder die später neue regionale Organisationen hervorbrachten, wie die Organisación Campesina Emiliano Zapata (OCEZ; Bauernorganisation Emiliano Zapata), die inzwischen in vier Teilorganisationen gespalten ist.

In der Selva Lacandona beginnt der Organisationsprozeß früher. Dort setzt die Zuwanderung in den 60er Jahren ein. Von Anfang an sahen sich die Neusiedler vor der Notwendigkeit, Schutzorganisationen gegen Angriffe der Großgrundbesitzer oder der Regierung zu bilden. Diese Organisationsstruktur war eine der Grundlagen für die Mobilisierung für den Indígena-Kongreß.

Der Kongreß markierte den Beginn einer neuen Etappe der Bauernbewegung in Chiapas, die in den 20er bis in die 40er Jahre heftige Landkämpfe geführt hatte, danach aber abgeklungen war.

Eines der Organisationsprinzipien in Chiapas, vor allem in den Gemeinden der Tzeltal, ist das sogenannte "huoc ta huoc". "Huoc ta huoc" bedeutet in der Sprache der Tzeltal sammeln, wiedergeben und wieder sammeln. Es bezeichnet eine Organisationsform, in der die Führer nur auf Grundlage des Konsenses mit ihrer sozialen Basis handeln dürfen. Die Meinungen der Gemeindemitglieder werden angehört, die Führer fassen dies zu einem Vorschlag zusammen, der wiederum der Gemeinde präsentiert wird, bis ein allgemeiner Konsens erreicht wird, auf dessen Grundlage dann gehandelt wird. Dies wird in einem anderen Begriff zusammengefaßt, der sowohl in der Sprache der Tzeltal als auch der Tzotzil existiert - dem Begriff "k'op". "K'op" bedeutet Wort, aber auch Sprache, Spiel, Kampf oder Aktion, denn in diesem Konzept gehören Wort und Tat untrennbar zusammen. Sehr im Unterschied zur Tradition der Linken in Mexiko, die üblicherweise Beschlüsse faßt, diese aber nicht umsetzt... Charakteristisch für das k'op-System ist dagegen, daß die Beschlußfassung immer auf Handeln ausgerichtet ist.

Meiner Meinung nach ist der bewaffnete Aufstand vom Januar 1994 Ergebnis eines solchen k'op-Prozesses. Dies ist eine Tradition des indianischen Widerstandes seit der Kolonialzeit, die sich in allen großen Indígena-Erhebungen nachvollziehen läßt.

Die zweite Wurzel der Zapatista-Bewegung hat mit politischen Entwicklungen außerhalb von Chiapas zu tun, mit der Studentenbewegung von 1968 und den Guerilla-Organisationen der 70er Jahre. Daraus bildete sich eine Gruppe linker Kader, die vor zehn Jahren in die Selva ging. Ihr ursprünglicher Diskurs war sehr traditionell, drehte sich um die Diktatur des Proletariats, den Sozialismus, den bewaffneten Kampf, genauso wie es die mexikanische Guerilla der 70er Jahre propagierte. Dieses Konzept war fundamentalistisch radikal, ausschließend und intolerant in dem Sinne, daß alles, was davon abwich, als kleinbürgerlich oder bürgerlich verurteilt wurde. Diese von außen kommende Linie wurde zunächst von der lokalen Indígena-Bewegung in der Selva abgelehnt und heftig kritisiert. Offensichtlich gab es jedoch sensible Kräfte innerhalb der externen Kader, die begannen, die Indígena-Sprachen zu lernen und auf das soziale Umfeld, in dem sie sich bewegten, einzugehen. Ein Prozeß der Indianisierung begann und damit auch eine tiefgehende politische Transformation, die die traditionellen Organisationsformen der Indígenas ernst nahm. Viel vom vorangegangenen Fundamentalismus wird aufgegeben, die Sprache ändert sich. Trotzdem ging die Verbreiterung der Bewegung zunächst langsam voran. Erst ab 1992 scheint es einen starken Zuwachs gegeben zu haben, vor allem aus drei Gründen: Einer ist das staatliche Waldschutzgesetz, das den Siedlern verbietet, Brennholz zu schlagen und zu verkaufen, und den Bauern harte Strafen für jeden gefällten Baum androht. Der zweite Grund ist ein neues Strafgesetz, das der Gouverneur Patrocinio González Garrido erläßt, das Generalklauseln gegen Terrorismus, Zusammenrottung, Aufstand etc. enthält und damit jegliche unabhängige Organisation, Versammlung und Mobilisierung bedroht. Dieses Strafgesetz war vor allem gegen die Bauernbewegung und ihre Aktionsformen gerichtet, die Land- und Rathausbesetzungen umfaßten und jede Art öffentlicher Demonstrationen. In der Tat zeitigte dieses neue Gesetz Wirkung. Es gab keine Landbesetzungen mehr, keine Kundgebungen. Aber wie die Bauern sagen: Der Sack, der oben zugebunden wurde, war unten offen. Denn die Leute organisierten sich nun diskret, klandestin. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Zapatisten einen enormen Zulauf. Tausende von Menschen, die nichts mehr vom Staat erwarteten, ganze Gemeinden schlossen sich ihnen an. Ein wichtiges Charakteristikum dabei war das Prinzip der doppelten Militanz. Jeder Bauer praktizierte diese doppelte Militanz: Er war katholisch und Zapatista, evangelisch und Zapatista, PRI-Mitglied und Zapatista, was auch immer und Zapatista. Das hieß auch, daß die Bewegung nicht mehr exklusiv war, wie die traditionellen linken Organisationen in Mexiko und Chiapas, sondern in der Klandestinität wurde ein Raum geschaffen, der vor der Repression relativ geschützt war und der die Teilnahme verschiedenster Strömungen und Organisationen in der zapatistischen Bewegung erlaubte. Dies war sicher ein entscheidender Faktor, der das massive Wachstum der Bewegung seit 1992 ermöglichte.

Der dritte und grundlegende Auslöser schließlich ist die Reform des Verfassungsartikels 27, der in seiner neuen Form den Zugang zum Land beendete, da die Landreform und -verteilung für abgeschlossen erklärt wurde. Dies bedeutete den Schlußpunkt einer langen Periode, in der seit der mexikanischen Revolution der Staat den Zugang der Bauern zu Land geregelt hatte.

Die Tradition indianischen Widerstands in Chiapas läßt sich bis in die Kolonialzeit zurückverfolgen. Es gab wichtige Aufstände im sechzehnten, siebzehnten, achtzehnten, neunzehnten Jahrhundert. Die Erinnerung daran ist nicht verschwunden, sondern in die Legenden und Vergangenheitsmythen der Dörfer eingegangen.

Dabei ist bemerkenswert, daß die indianischen Aufstandsbewegungen seit dem neunzehnten Jahrhundert Bündnisse mit politischen Strömungen in den Städten eingegangen sind, vor allem mit den Anarchisten jener Zeit. Deshalb weisen die politischen Konzeptionen der Indígenas viele anarchistische Elemente auf, obwohl sie tief in den eigenen, mündlich überlieferten Traditionen verankert sind. Zum Beispiel wurde 1869 eine massive Rebellion chiapanekischer Indígena-Bauern von einem weißen Anarchisten, Galindo, angeführt, der indianische Lebensgewohnheiten angenommen, sich indianisiert hatte. Diese Bewegung schuf die Losung "Land und Freiheit", die später während der Revolution von 1910 eine der Hauptforderungen von Emiliano Zapata war. In den 20er und 30er Jahren unseres Jahrhunderts gab es einige Bauernrevolten, die nicht-indianischen Aktivisten der kommunistischen Dritten Internationale nahestanden. Auch die Allianz zwischen indianischem Widerstand und städtischen linken Bewegungen hat also Tradition in Chiapas.

 

(Aus einem Interview vom 20. April 1994. Übersetzung: Danuta Sacher)


Die historische Entwicklung der EZLN

Vor dem 1. Januar 1994 gab es in der EZLN eine Reihe von Entwicklungsstufen, die wir heute als logisch ansehen können, damals aber eher spontan waren.

Am Anfang war die EZLN eine kleine Gruppe mit einem traditionellen militärisch-politischen Konzept, die sich stark an die anderen lateinamerikanischen Guerilla-Gruppen anlehnte. Dann begannen aber sechs Leute, der Kern der Truppe, das Konzept an die Realitäten vor Ort anzupassen. Wir mußten lernen, in den Bergen zu leben, wir hatten damals keine Unterstützung aus den Dörfern, bekamen Nachschub nur aus den Städten. Das Überleben in den Bergen zu lernen war aber nicht nur eine militärische Taktik, sondern die Garantie für das Überleben der zukünftigen EZLN. Wir haben gelernt, in der Selva zu leben, zu überleben und uns von ihr zu ernähren, haben gelernt, ein Teil der Selva zu werden.

Es war für uns eine schwere Zeit - wir waren nur auf uns gestellt. Damals waren wir nicht nur von den Dörfern, sondern auch von der Außenwelt abgeschnitten, hatten nur ein kleines Radio dabei, über das wir unsere Informationen bekamen. Diese Zeit hat uns körperlich sehr stark beansprucht, schließlich kamen wir aus der Stadt, jedenfalls einige von uns. Wir mußten lernen, unter solchen Bedingungen Lasten zu tragen, zu marschieren - haben uns die Kondition für das (Über-)Leben beschafft. Es hat uns Kraft gekostet, Wasser und Holz zu holen, Essen zu kochen, stundenlange Märsche zu ertragen, zu jagen und die Tiere zuzubereiten. Wir mußten den Unterschied zwischen giftigen und ungiftigen Pflanzen lernen, welche man essen konnte und welche nicht. Abgesehen von diesen körperlichen Strapazen, die jedenfalls den Erfolg hatten, daß wir abhärteten und man sich an den Schmerz und die Unbequemlichkeiten gewöhnte, geschah eine Verhärtung der Seele jedes einzelnen. Da es nichts gab, an das man sich klammern konnte, klammerte man sich an die Hoffnung, daß das, was man heute macht, irgendwann wichtig wird, all diese absurden Dinge sich eines Tages auflösen würden. Das war damals das Leben in der Selva. Das war die erste Phase. Sie dauerte drei Jahre, und schon damals hatten wir die ersten Kontakte zu den Indígenas aufgenommen - aber sie waren sehr sporadisch. Wir haben ihnen erklärt, warum wir kämpfen, daß man sich organisieren muß, bereit sein muß für den Tag, an dem man die Waffe in die Hand nimmt, um seine Rechte zu verteidigen.

Danach, in der zweiten Phase, sind junge Indígena-Männer zu uns gestoßen, haben sich der Bewegung angeschlossen. Aber wir waren immer noch eine kleine Guerilla-Gruppe. Zusätzlich zu ihrer Kondition, die sie für ein Leben in den Bergen befähigte, brachten sie uns ihre Weltsicht sowie ihre Sicht des Kampfes und ihre Kultur. Das heißt, in dieser Aufbauphase bewegten wir uns in einer Schule, wo es nicht klar war, wer Lehrer und wer Schüler war. In dieser Epoche geschah ein wichtiges Ereignis, das normalerweise übersehen wird, weil es heute für uns schon selbstverständlich ist: die Anwesenheit von Frauen in der EZLN. Es gibt heute viele Frauen in der EZLN, die militärische Ränge haben und sich innerhalb der Armee bewegen. Aber am Anfang waren es eben nur ein oder zwei Frauen, die sich uns anschloßen. Es waren Indígena-Frauen. Für sie bedeutete dieser Schritt den absoluten Bruch mit der Dorfgemeinschaft und ihrer Kultur. Aber nicht nur für sie war es ein einschneidender Schritt, auch für uns, wo wir doch immer dachten, Guerilla sei eine Männersache. Wir würden lügen, wenn wir behaupteten, wir wären von Anfang an emanzipiert gewesen - wir waren Machos wie alle anderen auch, vielleicht sind wir es auch heute noch. Die Frauen haben sich mittlerweile ihren Platz in der EZLN erobert. Wir haben ihn ihnen nicht zugeteilt, sondern sie haben sich den Platz schwer erkämpfen müssen. Es war ein harter und sehr konsequenter Kampf von seiten der Frauen. Und er ist immer noch nicht zu Ende. Und dadurch, daß sie militärische Ränge haben, ist der Machismo noch nicht besiegt, die Verachtung, die Männer häufig gegenüber Frauen haben. Sie werden noch nicht als gleichwertige Mitkämpferinnen im gleichen Kampf akzeptiert.

Die Tatsache, daß junge Indígenas - Männer und Frauen - in die EZLN eintraten, leitete die dritte Phase ein, in der die EZLN Kontakt mit den Dörfern aufnimmt. In dieser Phase entwickelt sich eine Übereinstimmung zwischen dem bewaffneten Kampf und dem Willen der Dorfbevölkerung, sich gegen die "Weißen Garden" zu schützen. Gegen die Überheblichkeit der Viehzüchter und die Übergriffe der Polizei, die die Dorfbevölkerung ständig verfolgten und malträtierten. Die Tatsache, daß die Dörfer merkten, daß es einen Schutz gegen diese Übergriffe gibt, und die Tatsache, daß so ein Heer nicht von uns geplant, sondern einfach notwendig war, schaffte ein Klima der Akzeptanz - man rief uns zur Hilfe. So zogen uns die Dörfer aus der Selva heraus und etablierten uns in der Nähe der Indígena-Dörfer. In dieser Phase prallten zwei Konzepte aufeinander: das militärische und militärisch-politische Konzept, wo einer führt und alle folgen. Dieses prallte auf das Selbstverständnis der Dörfer, das schon seit vorkolonialer Zeit herrschte - das basisdemokratische Konzept. So gab es ein Nebeneinander zwischen der EZLN in den Bergen und den Dörfern in den Tälern. Als sich die Dörfer vergrößerten, gab es einen Wandel hin zu einer basisdemokratischen Leitung der EZLN. Sie sah sich gezwungen, sich den Dörfern unterzuordnen. Das war damals ein organischer Prozeß, kein ideologischer, so daß die EZLN schließlich abhängig war von den Entscheidungen in den Dörfern. Von da ab akzeptierten wir die Entscheidungsgewalt der Dörfer, und parallel dazu wuchs die EZLN, und die Trennungslinien verwischten sich. Die EZLN verläßt die Berge und verwandelt sich in "unser" Heer aller Dörfer. Die Trennungslinie zwischen militärisch und politisch verwischt. Die Entscheidungsform der Dörfer setzt sich in der EZLN durch. Diese Entscheidung trägt maßgeblich dazu bei, daß Tausende zur EZLN kommen und Dutzende von tausend die Basis der EZLN bilden.

Die vierte Phase beginnt, als die Wirtschaftskrise die Dörfer trifft. Und das ist die Phase, wo ein friedlicher Wandel sich langsam ausschließt und zum Schluß nur noch der bewaffnete Kampf in Frage kommt, wo sie es vorziehen, den Reichen den Krieg zu erklären, bevor es umgekehrt geschieht. In dieser Phase gründet sich auch das Geheime Komitee. Das ist der Grund, warum in allen Dörfern über den Beginn des Krieges abgestimmt wird.

Daran schließt sich die fünfte Phase, die militärische Vorbereitung auf den 1. Januar 1994, an. Und ab dem 1. Januar tritt die EZLN in das Rampenlicht der Öffentlichkeit.

(Das Interview mit Marcos wurde uns zur Verfügung gestellt von Medienproduktionen Hamburg und Michael Enger Filmproduktion.)

 

Don Quijote und ein Affe namens Thatcher

Die Entscheidung, ausgerechnet nach Chiapas zu gehen, ging nicht von mir aus, denn selbstverständlich herrschen im ganzen Südosten dieselben Bedingungen. Entscheidend war die Tatsache, daß es in Chiapas Kontakte zu einigen Indígenas gab.

Ich sagte ihnen: "Ich will in die Berge gehen." Nach vielerlei Einwänden sagten sie schließlich: "Dann versuch's halt, und wenn du durchkommst, dann bleib." Und am Ende blieb ich. Ich kam erst im Januar wieder raus.

Als ich ankam, schleppte ich einen Haufen Bücher mit. Eins davon war der Canto General von Pablo Neruda, ein anderes eine Auswahl von Gedichten von Miguel Hernández, León Felipe, Historias de cronopios y famas von Julio Cortázar, die Erinnerungen von Francisco Villa, den Don Quijote de la Mancha usw. Klar, daß ich sie unterwegs so nach und nach zurücklassen wollte, ich schleppte so um die fünfzehn mit mir, ungefähr fünf bis zehn Kilo. Die Straße ging nicht bergab, und da, wo wir hinwollten, mußten wir einen Berg nach dem nächsten erklimmen. In der Guerilla gibt es einen Merksatz: Eine Sache von einem Kilo wiegt nach einer Stunde zwei, und nach zwei Stunden wiegt sie vier Kilo... Du gehst mit dem Gefühl, daß sie immer schwerer wird, und du bekommst Lust, alles zum Teufel zu schicken.

Wir kamen alle beim Lager an, aber dann kriegst du deine Zuteilung an Kugeln, Essen, Ausrüstung, Magazinen, ein kleines Radio, Höhenmesser, Kompaß, Handgranaten und ein paar Sachen für die Topographie, Karten. Du trägst das gleiche Gewicht wie alle, aber darüber hinaus die Bücher. Das erweckte die Aufmerksamkeit der Compañeros, zu Anfang machten sie sich über mich lustig, weil ich Bücher mit mir herumschleppte, ich war ein Verrückter. Später, als beim Schein des Lagerfeuers aus diesen Büchern Geschichten hervorkamen, haben sie mir angeboten, als ich ihnen sagte, dieses oder jenes Buch werde ich zurücklassen, komm, ich helf' dir beim Tragen, und sie sagten mir, da kommt ein Märchen oder eine Geschichte dabei heraus, die du uns erzählen sollst.

Die Compañeros erzählten Geschichten aus den Bergen, von Gespenstern, von Toten, von früheren Kämpfen, von der mexikanischen Revolution, und das vermischt sich mit der Kolonialzeit und der vorspanischen Epoche, aber sie erzählen dir immer von denselben Dingen, die du in verschiedenen Zeiten ansiedeln kannst.

Wir waren am Anfang ausschließlich Männer, das einzige weibliche Wesen war ein Äffchen, das wir Margaret Thatcher nannten, sie war sehr witzig. Wir waren sechs, so um 1984, sie ging mit uns, und wenn wir uns zum Lesen oder Plaudern hinsetzten, dann setzte sie sich zu uns, und wenn wir fertig waren, dann erhob sie sich ebenfalls, ihre einzige Arbeit bestand darin, sich Essen zu holen. (...)

Es gibt eine Stelle am Ende des Quijote, wo Alonso Quijano sagt: "Ich war verrückt, jetzt bin ich vernünftig." Ich wollte immer vermeiden, daß ich einmal so etwas sagen müßte, wir müssen uns diese Verrücktheit bis zum letzten Moment erhalten, wir dürfen nicht dazu kommen, diese Worte auszusprechen und uns dem Staat und dem Konformismus zu fügen. Und die Windmühlen sind sehr reale Feinde, wie die Pilatusflugzeuge, welche die Schweizer Regierung der Regierung von Mexiko verkauft, um Indígenas zu töten.

Dort bist du ein Namenloser, außer einer pasamontañas hast du dort nichts. Die Berge machen dir ein Versprechen: Für diese Anstrengungen wirst du eines Tages belohnt werden, das, was du jetzt gerade lernst, wirst du eines Tages brauchen, und es wird zu etwas nütze sein, nicht für dich persönlich, sondern für dieses Land, in dem du nun mal lebst, im Guten wie im Schlechten.

Jemandem aus der Stadt bleibt nichts anderes, als sich an die Hoffnung zu klammern, denn dort gibt es nichts anderes. Wenn du die Hoffnung behältst unter diesen Bedingungen, wo alles dir sagt: Nein, besser, du kehrst um, du vergeudest deine Zeit, es ist nutzlos, was du tust...; aber noch bleibt dir eine kleine Flamme, die dir sagt, daß es Hoffnung auf Veränderung gibt, die Berge gewähren dir freigiebig Unterschlupf, damit dieses Licht nicht verlöscht. Und dieses Licht haben wir am 1. Januar entzündet und in die Städte der Provinz getragen. Die Dunkelheit in diesem Land ist so groß, daß dieses winzige Licht, das wir bringen, hell leuchtet. Nicht, weil es groß ist, sondern weil die Dunkelheit so groß ist...

 

(Marcos zur Entstehung der EZLN, aus Guiomar Rovira: Zapata vive!, Barcelona 1994, S. 51ff. Übersetzung: Barbara Tegge)


Unser Volk ist fähig, sich selbst zu regieren

Am 3. und 4. Februar 1994 führten die Korrespondenten der Zeitung "La Jornada" Blanche Petrich und Elio Henríquez mit der politischen Leitung der EZLN ein Interview, das wir in Auszügen dokumentieren.

 

Mitten in der Selva, weit weg von ihren Heimatorten, leitet das "Comité Clandestino Revolucionario Indígena", das Geheime Revolutionäre Indígena-Komitee (CCRI), die politische Seite des Kampfes der Zapatistas.

Sie kommen mit ihren Waffen über der Brust gekreuzt. Aber sie sagen: "Wir sind friedliche Leute. Wir haben viel Geduld. Andernfalls hätten wir uns schon vor langer Zeit erhoben."

Bei ihren politischen Forderungen beharren sie vor allem auf der ersten, dem Rücktritt von Carlos Salinas de Gortari. Und sie weigern sich auch, die von der PRI gestützte Kandidatur von Luis Donaldo Colosio zu akzeptieren: "Wer hat den denn gewählt? Ein Grüppchen von Leuten, die das Machtzentrum besetzen, Abgeordnete, Senatoren. Nicht ein Kleinbauer, nicht ein Indígena, nicht eine indianische Bäuerin hat gesagt, daß dieser Mensch es werden soll."

Wir bemerken, daß die Zapatistas, auch wenn sie nicht wenige Sympathien im Land gewonnen haben, Furcht verbreiten: "Es braucht Zeit, damit die Leute sich bewußt werden und begreifen, wer der Gute im Sinne ihrer Interessen ist - die Regierung oder die Zapatistas. Es gibt Leute, die für die Zapatistas sind, und andere, die bestreiten, daß der Krieg notwendig ist. Aber es gibt keinen Grund zur Besorgnis, es geschieht was geschieht." Und mit großer Teilnahme senden sie eine Botschaft an die Arbeiter Mexikos: "Wir glauben, daß alle Arbeiter des Landes die gleichen Nöte erdulden wie wir. Wir glauben, daß unser Krieg ihnen dienen kann." Denn, so stellen sie fest, die Demokratie, von der der Präsident Mexikos redet, "ist ein Hohn in unseren Augen".

Sie sind das Gremium an der Spitze der EZLN. Oder besser, ein Teil der kollektiven Leitung, die sehr zahlreich ist, wie sie sagen, nach Ethnien und Regionen unterteilt, und von der Basis gewählt. Sechs von ihnen - die Comandantes Ramona, David, Javier, Moisés, Issac und Felipe - sprachen mit La Jornada.

Trotz der demokratischen Tradition der Indígena-Kulturen gewinnt in den Gemeinden von Chiapas die PRI immer mit großem Vorsprung. Manchmal mit mehr als 100% der Stimmen. "Was du sagst, ist wahr", lächelt David, der ausgewählt wurde, am 1. Januar die "Erklärung aus der Selva Lacandona" anläßlich der Einnahme des Rathauses von San Cristóbal de las Casas zu verlesen. "Auch wenn wir nicht wählen, zählen sie uns mit. Wer doch wählt, dem wird praktisch die Hand geführt, damit das Kreuz an der richtigen Stelle ist."

Zu einem der Mitglieder des CCRI oder des Oberkommandos des EZLN vorzudringen, erforderte eine lange Reihe von Höflichkeitsbezeugungen und von Botschaften, die heimlich ausgetauscht wurden. Die Daten wurden geändert und der Augenblick verschoben, angepaßt an das Hin und Her des unterschwelligen Krieges, in dem sich Chiapas befindet. Aber, was lange währt, wird endlich gut - schließlich wird die Stunde doch festgesetzt.

Der Ortswechsel in die Tiefe des zapatistischen Territoriums in der Selva erforderte komplexe Sicherheitsmaßnahmen, die Subcomandante Marcos erarbeitet hatte. Die wichtigsten Reiseetappen wurden nachts zurückgelegt. Oder, wenn es noch Tageslicht gab, gab es einen Befehl, der wie eine liebenswürdige Einladung klang: "Jetzt werden wir ein bißchen schlafen und die Augen schließen."

Zahlreich sind die Wegsperren, die entweder schweigend oder mit einem kaum geflüsterten Losungswort geöffnet werden: "Wer da?", fragt ein Schatten. "Das Vaterland", antwortet ein anderer. Auch verschlüsselte Losungsworte müssen ausgetauscht werden, die wie Maya-Dichtung klingen: "Wir alle haben nur ein Antlitz und einen Gedanken. Unser Wort verbreitet sich mit der Wahrheit. Im Leben und im Tode sind wir unterwegs. Im Tode gibt es keinen Schmerz mehr, aber Hoffnung im Leben. Wählt!"

Es gibt einen Kontroll- und Ruhepunkt um Mitternacht, im Herzen eines Dorfes ohne Namen. Es ist eine katholische Einsiedelei, mit armseligem Kreuz, Bibel und Heiligenbildern, mit Girlanden aus Bambuspapier auf dem Dach und einem Teppich aus juncia (Nadeln einer Kiefernart, die in Chiapas und Guatemala bei Zeremonien verwendet werden).

Zwei gut bewaffnete Guerilleros, beide sehr jung - ein junger Mann und eine junge Frau -, bewachen die Tür, während ein indianischer Offizier erneut die Pressedokumente überprüft. Die Höflichkeit ist ausgesucht. Die Sicherheitsmaßnahmen ebenfalls. Uhren, Aufnahmegeräte, Rucksäcke sowie das gesamte Arbeitsmaterial des Fotografen Antonio Turok, einer Gruppe des unabhängigen mexikanischen Fernsehens und der Reporter befindet sich bereits in den Händen einer Gruppe von Milizangehörigen, die zwei Nächte marschieren werden, um uns zum Treffpunkt zu geleiten.

Wir reisen zu Pferd und haben während langer Strecken die Augen verbunden, spüren aber die abrupten Auf- und Abstiege der Reittiere, das Durchqueren von Bachbetten und Saatfeldern und berühren Zweige dichter Vegetation. Es regnet, klart auf und regnet erneut. Bei Tagesanbruch bieten sie uns Unterkunft in armseligen Hütten, Ruhe und Kaffee.

Den Treffpunkt unter riesigen Bäumen bewacht eine Truppe, die hauptsächlich aus jungen Leuten besteht, alle mit grauen oder schwarzen pasamontañas verhüllt. Ihre Bewaffnung ist buntgemischt: M-16, R-15, tschechische AKs, Karabiner, Jagdflinten, Gewehre.

Die zahlreichen Augenpaare, die aus den Schlitzen der wollenen pasamontañas leuchten, mit der seltsamen und schon Wahrzeichen gewordenen Bommel auf dem Kopf, ähneln sich sehr. Prüfende Blicke von Menschen aus einer Indígena-Kultur, die nach Comandante David für den mexikanischen Staat und das politische System des Landes nie mehr als eine Sprosse auf der Erfolgsleiter war.

"Für sie, die Politiker, ist es ganz leicht, uns Indígenas als Trittleiter zu benutzen, um in der Machthierarchie aufzusteigen. Aber wenn sie dann oben im Kabinett sind, beginnen sie zu vergessen."

Der Guerillatrupp präsentiert die Waffen, als die sechs Comandantes sich der kleinen Lichtung nähern, die für das Interview ausgewählt wurde. Javier beginnt: "Ich möchte erklären, wie der Kampf begann. Wir als Compañeros wurden als Mitglieder des CCRI abgeordnet. Wir hatten schon seit langem damit begonnen, uns zu organisieren. Die Basis unserer Organisation ist der Lebensalltag unseres Volkes, das schon seit Jahren mit friedlichen Mitteln mit der Regierung streitet. Es sind viele Gemeinden, die alle um Land, Wohnungen und das, was sie brauchen, gekämpft haben. Aber anstatt unsere Probleme zu lösen, antwortet die Regierung mit Repression, mit Schlägen, Mord, Vertreibung, und unsere Führer werden eingesperrt.

Also entschieden wir, daß es keinen anderen Weg gibt, als sich zu organisieren und einen bewaffneten Aufstand zu beschließen. So begannen wir uns heimlich in einer revolutionären Organisation zu formieren. Aber in dem Maße, wie wir fortschritten, wählte jedes Dorf seine Vertreter und Führer. Und im Zuge dieser Beschlüsse schlugen die Dörfer selbst Kandidaten für die Leitung unserer Organisation vor. Die Dörfer selbst haben uns ernannt. Als es immer mehr Dörfer wurden, war es Zeit, Delegierte zu ernennen. So kamen wir dazu, das CCRI zu bilden.

Warum sind wir das CCRI? Nun, wir sind ein Komitee, weil wir eine kollektive Leitung haben. Geheim, weil wir wissen, daß wir der Regierung nicht in den Kram passen, wenn wir uns im bewaffneten Kampf erheben. Wir wußten das im voraus, deshalb organisierten wir uns heimlich. Revolutionär, weil wir uns bewußt sind, daß uns kein anderer Weg bleibt als der bewaffnete Kampf, um zu sehen, ob man uns dann endlich ernst nimmt und eine Antwort auf unsere Nöte findet.

Revolutionär, weil wir einen Wechsel wollen. Wir wollen die immergleiche Situation voller Ungerechtigkeiten aller Art nicht mehr hinnehmen. Deshalb wollen wir eine andere Gesellschaft mit einem anderen Leben. (...)"

Eine andere Stimme, die von Isaac, dem Jüngsten, fällt ein: "Ich möchte noch etwas zum CCRI erläutern. Es wurde schon bemerkt, daß es demokratisch gewählt ist. Wenn also ein Mitglied des CCRI seine Arbeit nicht macht und die Leute nicht respektiert, dann soll er sich gefälligst ins Zeug legen, denn sonst hat er hier nichts zu suchen, dann müssen wir einen anderen an seine Stelle setzen. Darauf beruht die Mitgliedschaft im Komitee, auf einer demokratischen Basis."

Wie habt ihr euch kollektiv für den bewaffneten Aufstand entschieden? Wie kam es zu der Offensive vom Januar? Warum erzählt ihr uns nicht ein bißchen von jener Abstimmung und wie sie verlief?

"Das wurde schon Monate vorher in die Wege geleitet, weil wir die Meinung und anschließend die Entscheidung in allen Dörfern suchen mußten. Wozu wäre es gut, wenn sich nur eine Gruppe in den Kampf stürzt und das Volk sie dann nicht unterstützt? Was, wenn das Volk noch NEIN sagt? Auch dann kann man keinen Kampf führen."

"Es war das Volk selbst, das sagte: âFangen wir endlich an! Wir wollen es nicht länger aushalten, denn wir sterben schon vor Hunger.' Für die Führer, sowohl im CCRI, als auch in der Zapatistischen Armee und im Oberkommando gilt: Wenn das Volk es sagt, dann werden wir anfangen. Wir werden respektieren und ausführen, was das Volk verlangt. Das ganze Volk. So begann der Kampf."

Wie wurden die Versammlungen abgehalten?

"Sie finden in jeder Region statt. In jedem Gebiet werden die Leute nach ihrer Meinung gefragt. Sagen wir, überall dort, wo es Zapatistas gibt. Aber Zapatistas gibt es überall im Staat Chiapas. Die Leute wurden gefragt, ob wir mit dem Kampf beginnen sollen oder nicht."

Fragt man auch, ob die Leute jetzt nicht lieber verhandeln wollen?

"Auch darüber werden sie informiert. Und wenn sie sagen: âes reicht, fangt an zu verhandeln, wir wollen keinen Krieg mehr, wir sind erschöpft', dann muß sehr genau analysiert und überlegt werden, was wir noch gewinnen können. Ob den Forderungen Raum gegeben wird oder nicht. Ob es zu etwas führt oder nicht. Etwas anderes zu tun hieße, in dem Kampf zu versagen, für den wir seit Jahren gearbeitet haben. Es wäre schade, alles aufzugeben, was wir seit Jahren organisiert und aufgebaut haben. Deswegen müssen wir uns jeden unserer Schritte genauestens überlegen.

Und jeden Vorschlag, den uns die Regierung oder Camacho selbst machen, wollen wir überdenken. Wir können nicht annehmen, was wir nicht kennen."

Moisés: "Dieser Camacho denkt, daß wir alle verhandeln werden ohne vorherige Beratung. Aber wir müssen vorher alles mit dem Volk beraten. Sie haben uns gewählt, um für die Revolution zu arbeiten. Aber in anderen ethnischen Gruppen haben die Menschen immer noch das Gefühl, nicht viel zu begreifen. Warum? Weil wir vorerst nur in einem Teil unseres Staates vorankommen. Aber wir hoffen sehr, daß wir den Kampf auf bundesstaatlicher und nationaler Ebene führen können werden. Warum? Weil diese unsere Lebenslage nicht nur in einem Bundesstaat oder einigen Dörfern existiert, sondern wir wissen, daß unsere Brüder in vielen anderen Dörfern, in vielen anderen Bundesstaaten genauso leiden wie wir hier. Deswegen werden wir vorankommen und haben die Hoffnung, daß die Revolution eines Tages triumphieren wird."

Ihr, die ihr hier seid, habt ihr in den Bauernorganisationen an den Kämpfen um das Land teilgenommen, bevor ihr zu den Waffen gegriffen habt?

"Natürlich haben wir das. Aber so haben wir nichts erreicht."

Und aus welchen Organisationen kommt ihr?

"Nun, aus einigen unabhängigen Organisationen. Wir haben in dieser Form gekämpft, aber nichts erreicht. Viele unserer Leute haben so gekämpft, aber alles, was dabei herauskam, war Gefängnis, Mord und Repression. Aus diesen Gründen nehmen wir am bewaffneten Kampf teil.

Die Regierenden sagen natürlich, daß das kein Grund sei, daß dies nicht der Weg sei, die Probleme zu lösen und zu versuchen, die Bedürfnisse unseres Volkes mit Waffengewalt zu befriedigen. Aber wir haben einige lebenswichtige Bedürfnisse. Wenn dies nicht so wäre, hätten wir die Lösung auf friedlichem und nicht auf militärischem Weg gesucht.

Man kann sagen, daß wir keine Geduld haben, daß wir unrecht haben. Aber wir haben vorher um die Erfüllung unserer Forderungen auf friedlichem, legalem Weg gekämpft. Die Regierenden in Chiapas und Mexiko-Stadt haben uns nicht angehört. Darum blieb uns kein anderer Weg, als den bewaffneten Aufstand zu versuchen und zu sehen, ob sie uns dann zuhören. Als wir uns am 1. Januar mit den Waffen in der Hand erhoben, hatten wir ein gutes Ziel. Wir wollten der Zivilbevölkerung nicht das mindeste antun, sie bedrohen oder gar töten. Wir müssen die Bevölkerung respektieren, das müssen wir. Warum? Weil wir nur zu genau wissen, wer der Feind und wer der Freund des Volkes ist. Wenn auch viele Leute immer noch sagen: Ach, sie wollen uns umbringen, ja, sie werden uns umbringen... das stimmt nicht, soviel steht fest. Wir respektieren das Leben der Zivilbevölkerung."

Eine eurer Forderungen in der "Erklärung aus der Selva Lacandona" ist Land. Land, um es bearbeiten zu können, um leben zu können. Habt ihr denn keine eigenen Parzellen?

"Diese Frage werde ich dir beantworten. In dieser Gegend überleben die Leute nur durch reine Wunder - von einem Stückchen Land haben hier Familien von sieben bis zehn Personen überlebt; ein âStückchen Land' heißt soviel wie ein oder ein halber Hektar von unfruchtbarer, kaum bearbeitbarer Erde. Damit haben unsere Leute überlebt. Daher sehen und fühlen wir die Dringlichkeit, als Bauern das Land endlich in die Hand zu bekommen. Wir brauchen dieses Land. Wir begreifen, daß es nicht nur eine Siedlung, ein Dorf oder ein Bezirk ist, wo es an Land fehlt. Alle Gemeinschaften der Indígenas leiden darunter, daß ihnen das Land fehlt. Deswegen wird seit dreißig, vierzig Jahren um ein Stückchen Land gekämpft, das aber nie zugeteilt wurde. Zugleich wissen wir allzu genau, daß es Leute gibt, die keine Bauern sind und Tausende von Hektar besitzen, wo Vieh gezüchtet wird. Im Klartext: Es ist wertvoller, Hunderte Stücke Vieh zu haben als Hunderte Bauern. Das bedeutet, daß wir weniger wert sind als das Vieh. Deshalb fordern die Leute schon seit jeher Land, aber die Regierung hat nie verstanden, nie zugehört.

Aber wie wollt ihr das erreichen? Ihr seid nun im Krieg. Kann denn die Regierung in Verhandlungen, wie sie Señor Camacho führen will, euer Landproblem lösen?

"Das ist der Grund, warum wir dem Dialog mißtrauen, den Camacho vorschlägt. Denn wir sehen, daß damit unsere Probleme nicht gelöst werden können, weil tatsächlich unsere Forderungen sehr umfangreich sind. Was in zwanzig, dreißig Jahren nicht gelöst wurde, wird nun nicht in zwanzig, dreißig Tagen gelöst werden können. Es scheint, als wolle uns Camacho nur beruhigen und andeuten, für uns ginge es nicht um allzu viel, unser Kampf habe keine Tragweite und sei nicht auf einen längeren Zeitraum angelegt."

Was glaubt ihr denn, was nötig ist, damit jeder Bauer sein Land erhält? Zurück zum Artikel 27 der Verfassung wie er früher lautete? Eine neue Landreform? Eine weitere Revolution? Eine Revolution wie zu Zeiten Emiliano Zapatas?

"Wir müßten uns auf neue Gesetze stützen, die das Volk selbst erarbeitet hat, neue Gesetze für die Landverteilung. Vielleicht anders, als Emiliano Zapata sagte, der wollte, daß jeder Bauer ein Stück Land erhalten soll. Heute begreifen wir das anders. Wir sehen, daß das einfache Verteilen von Parzellen nicht immer weitergehen kann. Wir brauchen andere Arbeits- und Organisationsformen. Aber das Land muß in die Hände des Volkes gelangen. Dazu müssen wir uns auf revolutionäre Gesetze stützen, die das Volk selbst ausgearbeitet hat."

Auch solche, die die Lage der Indígenas regeln?

"Wir denken, daß wir als indigenes Volk anerkannt werden sollten. Dafür gibt es viele Möglichkeiten. Aber das ließe sich auf einfache Weise regeln. Als Indígenas glauben und fühlen wir, daß wir fähig sind, unsere Geschicke selbst zu lenken. Es gibt keinerlei Notwendigkeit, uns quasi an der Hand führen zu lassen. Als reife, bewußte Menschen können wir unsere Geschicke selbst lenken, selbst leiten und unser Volk selbst regieren. Wir glauben, daß unser Volk sich selbst regieren kann, denn unsere Leute haben Wissen und denken selbst."

"Deshalb brauchen wir keine Regierung, die uns nur manipulieren und auf uns herumtrampeln will."

Wäre das eine eigene Regierung für jede Ethnie? Oder wie stellt ihr euch diese eigene Regierung vor?

"Es könnte so sein, daß jede ethnische Gruppe ihre eigene Regierung hat, aber das müßte näher präzisiert werden. Jede ethnische Gruppe könnte eine eigene Regierung haben, die die volle Autonomie einschließt. Es gibt keinen Grund, sich von anderen manipulieren und unterdrücken zu lassen. Als Indígenas brauchen wir volle Autonomie - eigentlich Identität und Würde. Würde, die uns leben läßt und uns Respekt verschafft."

 

(Übersetzung: Wulf Driessler)


Ein Gespräch mit dem Subcomandante

Wie ist das "Revolutionäre Frauengesetz" entstanden?

Einige der ersten Mitglieder luden Familienangehörige, Schwestern zum Beispiel, dazu ein, sich anzuschließen. Sei es, daß die Familie sehr groß war oder daß sie nicht wußten, wovon sie leben sollten, oder daß sie bereits sehr politisiert waren. Das kam gerade bei Familienangehörigen der Gründungsmitglieder vor, die heutzutage eine Art indianischer Elite darstellen, die in jeder Hinsicht gut ausgebildet ist. So kamen die ersten Indígena-Frauen zu den Zapatistas.

Bei den Zapatistas lernen die Frauen vieles, was ihnen in den Dörfern verschlossen blieb. Zum Beispiel lernen sie Spanisch, Lesen und Schreiben, Grundkenntnisse in Mathematik, Geographie, Geschichte. Sie lernen Waffen zu tragen und zu handhaben und, was das außergewöhnlichste ist, sie lernen Kommando zu führen, auch über Männer. In der Zapatistischen Armee war das problemlos, denn das entsprach unserer Logik. Wir unterscheiden nicht zwischen Männern und Frauen, sondern alle sind Kämpfer. Als wir in Beziehung zu den Dorfgemeinschaften traten, beobachteten die jungen Frauen der Dörfer, daß Indígena-Mädchen wie sie, die ihre Maya-Sprache sprechen, aber gleichzeitig Spanisch beherrschen, Waffen tragen und über Männer befehlen. Das hat tiefen Eindruck bei den Mädchen hinterlassen. Wie das so ist, wenn Frauen untereinander reden, sprechen sie auch über Männer, über Beziehungen. Es wurde gefragt, wie das denn so sei bei den Zapatistas, ob sich da was zwischen Männern und Frauen abspiele oder ob das verboten sei. Unsere Frauen erzählten, daß die Männer sich annähern könnten, und wenn du willst, willst du, aber wenn nicht, müssen sie es akzeptieren. Keiner kann dich zwingen. Vor allem aber, die Frauen können den Mann ansprechen, der ihnen gefällt, und müssen nicht warten, bis er vielleicht kommt. Flirten auch von Frauen ist erlaubt! So etwas von Ihresgleichen zu hören war für die Mädchen der Dörfer ein heftiger Schlag, deren Aussicht nicht etwa ist, den Mann zu heiraten, der ihnen gefällt, sondern den, der daherkommt und sie von ihrem Vater kauft. Von da an drängen mehr Mädchen und Frauen darauf, zu uns in die Berge zu kommen. Die Familien lassen sie gehen, weil bereits ihr Bruder, ihr Onkel oder Vetter bei den Zapatistas ist. Und das gleiche wiederholt sich in größerem Maßstab: Diese Frauen besuchen ihre Familien, ihre Dörfer, können jetzt Spanisch sprechen, lesen, schreiben, rechnen, mit der Waffe umgehen. Weitere Frauen bestehen darauf, sich uns anzuschließen. Schließlich beginnen die Frauen, die nicht fortgehen können, Druck auszuüben: Warum gilt für die Frauen in den Bergen dieses und jenes, und für uns nicht? Auch wir sind Zapatistas, auch wenn wir nicht in die Berge gehen können. Die Frauen aus den Bergen erzählen ihnen, daß sie dort Gleichberechtigung genießen und daß dies auch in den Dorfgemeinschaften gelten müßte. Auf diese Weise beginnen die Frauen in den Dörfern Druck auf die Männer auszuüben und zu verlangen, bei Dingen mitreden zu können, die bisher nur Männer unter sich besprochen haben. Natürlich waren die Männer dagegen. Allein das Recht der Frau, ihren Partner auszusuchen, ist ein schwerer Schlag gegen die patriarchale Herrschaft der Männer. Ebenso der Anspruch der Frauen darauf, die Anzahl ihrer Kinder zu bestimmen. Hier kommen zwei Aspekte zusammen, der der sexuellen Dominanz und ein ökonomischer. Bei der Kinderzahl geht es nicht nur um den Wunsch der Männer, ihre Zeugungskraft zu beweisen, sondern je mehr Kinder da sind, desto mehr Arbeitskräfte für die Landwirtschaft stehen der Familie zur Verfügung. Letztlich ist das natürlich ein Trugschluß, denn das Land reicht nicht aus, um es auf viele Kinder aufzuteilen, und alle werden im Endeffekt ärmer. Für die Frauen geht es dabei noch um mehr: Sie tragen schwer an der hohen Kindersterblichkeit. Von zwölf, vierzehn Kindern sterben fünf oder sechs mit Sicherheit. Sie fragen sich also, warum soll ich so viele Kinder gebären, nur damit ich sie hinterher sterben sehen muß? Ich will keine Kinder für den Tod zur Welt bringen.

Auf diesen Druck der Frauen reagieren die Dorfgemeinschaften unterschiedlich. Das hängt auch von der Ethnie ab. Manche widersetzen sich stärker, in anderen hat die Frau traditionell eine stärkere Rolle. Jedenfalls gibt es heftige interne Kämpfe. Und im Moment, als der Krieg beschlossen wird - das war im Oktober 1992, noch ohne genaue zeitliche Festlegung -, wird auch über die Gesetze entschieden, die in den zapatistischen Gemeinden gelten sollen. Es wird der Vorschlag für das Agrargesetz präsentiert, für das Kriegssteuergesetz usw. Bei dieser Gelegenheit bilden die Frauen ein Führungsgremium, das später in das Geheime Revolutionäre Indígena-Komitee (CCRI) eingehen wird, und beginnen danach eine Konsultation in den Dorfgemeinschaften über die wichtigsten Forderungen und Bedürfnisse der Frauen. Im Januar 1993 erteilt das CCRI den Befehl zur Vorbereitung des Krieges für 1993, im März findet eine Sitzung des Komitees zur Revision der Revolutionären Gesetze statt, die im April in Kraft treten sollen. Zu diesem Zeitpunkt wußte niemand etwas von dem "Revolutionären Frauengesetz", weil die Frauen das heimlich, still und leise vorbereitet haben. Als sie es dann dem CCRI vorstellen, haben die Männer es natürlich erst mal abgelehnt. Daraufhin verweigerten die Frauen ihre Zustimmung zum Agrargesetz. Auf diese Weise konnten sie die Männer zwingen, sie ernst zu nehmen, und schließlich wurde das Frauengesetz angenommen. Außerdem wurde beschlossen, daß es nicht erst ab Kriegsbeginn, sondern ab sofort - günstigerweise war gerade der 8. März - in den Gemeinden gelten sollte. Natürlich gab es Probleme damit. Ein Beispiel. Wenn zwei junge Leute in einer Indígena-Gemeinde unverheiratet miteinander schlafen, wird das damit bestraft, daß beide auf dem Basketball-Platz an die Torpfosten angebunden werden oder sie ins Gefängnis gesteckt werden. So ist die Tradition. Nun kennen die Jugendlichen das neue Gesetz, lieben sich unverheirateterweise und werden erwischt. Man will sie nach alter Sitte bestrafen und die Jugendlichen sagen: Moment mal, jetzt gilt das neue Gesetz. Wenn ihr es nicht respektiert, wie soll dann das Agrargesetz gelten, wieso sprecht ihr überhaupt von einer Revolution? Die Gemeindesprecher wußten nicht, wie sie sich verhalten sollten, und wandten sich an uns. Wir erklärten, daß das Angelegenheit des CCRI sei und die neuen Gesetze gelten und sie tatsächlich nichts gegen die jungen Leute unternehmen könnten, da wir sonst verpflichtet seien, sie herauszuholen. Daß sie nicht einem Gesetz zugestimmt haben können, um es anschließend zu brechen. Das war ein Präzedenzfall.

Seither hat der Druck etwas nachgelassen. Aber darum mußte gekämpft werden, das ist niemandem in den Schoß gefallen. Es gab und gibt viel Widerstand. Das ist ein sehr wichtiger und interessanter interner Kampf, bis heute.

Wird dieser Kampf mehr von den jungen Frauen getragen oder auch von den älteren unterstützt?

Eher von den jungen Frauen, aber für die älteren ist es schwierig, dagegen zu sein. Denn die Jungen fragen sie, ob sie wirklich wollen, daß es ihnen so geht wie ihnen, nämlich daß sie mit 35 so aussehen, als wären sie sechzig. Oder daß sie sich mit vierzehn verheiraten und mit fünfzehn Geburten verbrauchen sollen für einen Mann, den sie erstmals in der Hochzeitsnacht kennenlernen konnten. Dem können die älteren Frauen natürlich nicht zustimmen, wohl aber der Feststellung, daß sich für die Frauen etwas ändern muß.

Wie ich bereits sagte, gibt es Ethnien, in denen die Frauen eine gewisse kämpferische Tradition haben, und andere, in denen die Frauen härter um die Überwindung ihrer Marginalisierung kämpfen müssen.

Vielleicht sprechen wir ein wenig über das Verhältnis der Zapatistas zu anderen Bauernorganisationen. Während langer Jahre gibt es starke und vielfältige Organisationen der Bauernbewegung in Chiapas, die allerdings immer untereinander nach politischen und ethnischen Linien gespalten waren. Die EZLN scheint die erste Kraft in Chiapas zu sein, die es geschafft hat, diese historischen Spaltungslinien zu überwinden. Wie ist das gelungen?

Unser Vorgehen bestand darin, zu unterscheiden, was uns verbindet und was uns trennt, und die internen Strukturen der anderen Organisationen zu respektieren. Wir hatten nie die Absicht, die Führung der anderen Organisationen zu übernehmen, sondern wir haben einen Krieg vorbereitet, weil wir der Auffassung waren, daß anders die Lebensbedingungen nicht geändert werden können. Wir wollen weder die ARIC noch die OCEZ, noch CIOAC (Namen von Bauernorganisationen bzw. Zusammenschlüssen von Organisationen - die Red.) leiten. Sie alle haben ihre eigene Struktur, die wir nicht anrühren wollen.

Aber was wir immer sagten, war, daß wir die Waffen erheben müßten, um Änderungen zu erreichen. Wir gingen davon aus, daß der legale politische Kampf entlang der organisationseigenen Strukturen geführt wird und die militärischen Aspekte von der Zapatistischen Armee behandelt werden. Unsere Forderungen sind so allgemeingültig, daß es quasi unmöglich ist, nicht damit einverstanden zu sein. Von daher gab es eine Art gegenseitigen Grundverständnisses. Wir erheben nicht eine Forderung, die spalten oder lediglich spezifische Interessen einer bestimmten Ethnie oder einer bestimmten Bewegung vertreten würde. Alle finden sich in unseren Forderungen wieder. Und wie gesagt, machen wir niemandem die politische Führung streitig. Davor herrscht immer die größte Furcht innerhalb der Organisationen, daß man die Führung ablösen will. Unsere Position dazu war und ist, daß die Leute sich organisieren sollen, wie sie wollen, mit den Führern, die sie wollen. Die militärischen Konfrontationen allerdings leiten wir. Von daher könnte man sagen, daß die Zapatistische Armee weniger eine Organisation ist als eher ein Zusammenfluß von Organisationen. So erklärt sich auch das große Einflußgebiet und die Anerkennung, die die Zapatistas unter den Indígenas von Chiapas genießen, wie auch die Unmöglichkeit, sie zu zerstören.

Was geschah und geschieht mit Leuten, die nicht mit dem Krieg der Zapatistas einverstanden sind, aber in eurem Einflußgebiet leben?

Von diesen Leuten verlangen wir nur, daß sie nicht für die Gegenseite arbeiten. Wenn sie nicht gegen uns arbeiten, schränken wir sie in keiner Weise ein oder zwingen sie auch zu nichts. Während der Kriegshandlungen kam es allerdings vor, daß einige Mitglieder der Zapatistischen Armee Nicht-Zapatistas zur Teilnahme zwingen wollten. Sie haben sie verbal bedroht. Das ist vorgekommen, und wir haben das durch die Presse erfahren, die Gelegenheit hatte, mit solchen Leuten zu sprechen. Das CCRI hat die Verantwortlichen dafür geahndet und damit Schluß gemacht, als sie davon erfuhren. Aber unsere allgemeine Politik war immer ein "Nicht-Angriffs-Pakt" mit solchen Leuten.

Etwas zur internen Struktur der EZLN. Sind ihre Mitglieder professionelle Kämpfer, oder führen sie innerhalb ihrer Dörfer auch ein ziviles Leben?

Ein Teil der Mitglieder der EZLN lebt seit zehn Jahren klandestin in den Bergen. Der andere Teil, die übergroße Mehrheit, sind Bauern, die sich ihrem Stück Land widmen, aber hin und wieder auch militärische Ausbildung bekommen, zu irgendwelchen Aktionen herangezogen werden, je nach den gerade anstehenden militärischen Plänen. Es sind Bauern und Kämpfer, ganz nach dem Muster der Zapata-Armee von damals. Seit dem Kriegsausbruch lösen sie sich gegenseitig ab. Manche kommen in die Reihen der Armee, manche scheiden vorübergehend aus, um sich dem Acker zu widmen, je nach Turnus. Die Familien derer, die die militärischen Positionen halten, werden von den anderen jeweils mitversorgt. Das haben wir schon seit langem so organisiert.

Wird aus den Dörfern immer ein bestimmtes Kontingent rekrutiert oder ist der Eintritt in die Reihen der EZLN freiwillig?

Freiwillig. Der Militärdienst ist freiwillig. Es gibt Dörfer, die überhaupt keinen Kämpfer entsenden, andere, die nur einige wenige entbehren können, und solche, die geschlossen der Miliz beitreten. Das hängt immer von den Entscheidungen auf Dorfebene ab. Und diejenigen, die sich entschlossen haben, als aktive Kämpfer beizutreten, können jederzeit wieder ausscheiden. Sie werden die EZLN dann auf eine andere Weise unterstützen. Es gibt keine Strafaktionen oder gar Exekutionen wegen Desertieren. Zumindest noch nicht!

Wie verträgt sich das grundlegend demokratische Selbstverständnis der EZLN mit der zwangsläufig hierarchischen Struktur einer Armee, mit Befehlsgehorsam und Disziplin und all den bekannten militärischen Untugenden. Wie löst ihr diesen Widerspruch?

Natürlich hat es diesen Widerspruch von Anfang an gegeben. Die EZLN ist eine politisch-militärische Organisation, und so etwas ist das undemokratischste der Welt. Alles läuft von oben nach unten, einer befiehlt, die anderen müssen gehorchen. Als wir mit dieser Struktur in Kontakt mit den demokratisch strukturierten indianischen Dorfgemeinschaften traten, prallten diese Gegensätze aufeinander. Dies geschah aber auf der Ebene der Basis, und hier dominiert deutlich der indianische Sektor. Will die politisch-militärische Kommandoebene überleben, muß sie sich diesem Sektor unterordnen, muß sie die Strukturen akzeptieren, die die Dorfgemeinschaften vorschlagen. Will die Armee als solche wachsen, und nicht eine kleine Guerillagruppe bleiben, wie wir das aus der lateinamerikanischen Guerillageschichte kennen, will sie wirklichen Rückhalt in der Bevölkerung bekommen, so muß sie diese andere Struktur akzeptieren. So löst sich dann auch der Widerspruch: Es gibt Entscheidungen, die demokratisch herbeigeführt werden, und solche, die rein militärisch auf der Kommandoebene getroffen werden. Die großen Entscheidungen, z.B. über den Zeitpunkt des Kriegsbeginns, des Kriegsendes, zur Aufnahme des Dialogs, über unser Banner, über die Gründe des Kampfes, die Bündnispolitik, mit wem Gespräche geführt werden, alle diese Entscheidungen müssen auf demokratische Weise gefällt werden. Demokratisch wird darüber abgestimmt, daß der Krieg begonnen wird, und ich erhalte dann den Befehl: Wir fangen an, gib die nötigen Befehle zur Umsetzung dieser Entscheidung! Da diese Entscheidung aber unten getroffen wurde, ist die Umsetzung in notwendig militärisch-hierarchischer Form von oben sehr viel leichter. Die grundlegenden Befehle erteilen also die Dorfgemeinschaften nach langen internen Beratungen, ich setze diese dann operationell um. Alle, Kinder, Alte, Frauen und Männer, haben darüber abgestimmt, daß der Krieg begonnen werden soll. Über den genauen Zeitpunkt wollten sie sich lieber nicht festlegen, auch aus Vorsicht. Über den genauen Ablauf und die nötigen Vorbereitungen sollte ich entscheiden, bzw. die Kommandoebene. Wer zu welcher Uhrzeit wo losschlagen soll, das sind militärische Entscheidungen.

Über das Kriegsende entscheiden also auch sie?

Ja, ebenso wie sie über den Beginn des Krieges entschieden haben, werden sie auch über sein Ende die Entscheidung treffen. Das ist keine Sache der kämpfenden Einheiten, ist keine Sache der militärischen Struktur.

 

(Das Gespräch wurde am 9. April 1994 von Danuta Sacher geführt und erschien in der Mai-Nummer der ila.)


Geschichten, die noch nicht Geschichte sind

Guillermo Bonfil Batalla

In einem doppelten Sinne sind die Geschichten der indianischen Völker Mexikos noch nicht Geschichte. In erster Linie sind sie es nicht, weil sie noch geschrieben werden müssen. Was bis heute über diese Geschichten geschrieben wurde, ist vor allem ein Diskurs der Macht, um, ausgehend von der Sichtweise des Kolonisators, dessen Herrschaft zu rechtfertigen und zu begründen. In einem weiteren Sinne sind sie noch nicht Geschichte, weil sie keine abgeschlossenen Geschichten sind, abgeschlossene Zyklen von Völkern, die ihre Bestimmung erfüllt haben und somit "der Geschichte angehören", sondern es handelt sich hierbei um offene, im Prozeß befindliche Geschichten, die eine eigene Zukunft beanspruchen.

 

Eine kolonisierte Geschichte

 

Der erste europäische Blick auf die Realität dessen, was heute Amerika ist, am Ende des 15. Jahrhunderts, war nicht der jungfräuliche Blick, der nach Unbekanntem Ausschau hält. Es war eine Sichtweise, die gefiltert war - welche ist das nicht - durch vorgefaßte Meinungen, Überzeugungen, Vorurteile einer Welt, die gerade aus dem Mittelalter auftauchte und die das Abenteuer der Expansion in jenseits bekannter Grenzen liegendes Gebiet begann. Aber es gab nicht nur Unkenntnis und Entdeckung; es bestand auch die historische Notwendigkeit, die neue Wirklichkeit einzufassen in den Rahmen eines Projektes kolonialer Beherrschung. Welche Völker auch immer es waren, die zu entdecken waren, irgendwie hatten sie schon ihren Platz im Kontext der europäischen Geschichte: als randständige, exzentrische, heidnische und von Natur aus unterlegene Völker. Eine andere Anschauung wäre weder vereinbar gewesen mit dem expansionistischen Antrieb der europäischen wirtschaftlichen Entwicklung noch mit dem "Geist der Epoche", der dieser zugrundelag. In Spanien trugen die Reconquista und die Bildung des Nationalstaates als unmittelbare Vorläufer dazu bei, die Überzeugung zu befestigen, daß dem neuen Staat eine Erlöser-Mission zukam, die nur auserwählten, folglich auch überlegenen Völkern vorbehalten war.

Jedes koloniale Unterfangen bedarf einer ideologischen Rechtfertigung, so mangelhaft und schwächlich sie auch sei. Herrschaft geht immer einher mit vermeintlicher Überlegenheit, die in moralische Pflicht umgewandelt wird, sowohl für den Beherrschten als auch für den Herrschenden. Es reichen weder Zwang noch die Vorherrschaft der Gewalt: Notwendig ist die Hegemonie, die Überzeugung, daß die jeweiligen Rollen weder getauscht werden noch von anderen Protagonisten eingenommen werden können.

Es ist hinlänglich bekannt, daß die europäische Invasion und Eroberung ihre Rechtfertigung fand mit der Bestimmung des Indio als niederem Wesen, das von der Natur bestimmt war, erlöst und aufgehoben zu werden dank der Aktion des Kolonisators, des auf allen Ebenen des Lebens - so auch die Definition - höheren Wesens. Seine eigene Menschlichkeit wurde förmlich negiert, indem die Existenz seiner Seele, des Unterscheidungsmerkmals der Menschen in der christlichen Auffassung, in Frage gestellt wurde. Diese dem Indio zugeschriebene subalterne Natureigenschaft erforderte eine Geschichtsschreibung, die überzeugend und ohne Brüche seinen früheren Werdegang, bis zum Moment der Ankunft in der wahren und einzigen Geschichte, d.h. der des europäischen Okzidents, zu erklären vermochte. Die Anschauung der indianischen Geschichte, jenseits und unabhängig allen Augenscheins, mußte verstehbar und konsequent in den ideologischen Begriffen des Eroberers sein, in denen die notwendigen Voraussetzungen für die koloniale Ordnung zum Ausdruck kamen. Diese Voraussetzungen bestanden u.a. darin:

a) Die ursprünglichen Einwohner des Kontinents bilden eine einzige soziale (vielleicht auch menschliche) Kategorie, jenseits ihrer Besonderheiten und konkreten Unterschiede. Es handelt sich um die Indios, deren wesentliches Kennzeichen es ist, nicht Europäer zu sein. Nicht Europäer zu sein, bedeutet, weder christlich noch zivilisiert, d.h. nicht im Besitz der Wahrheit und demzufolge auch nicht in der Lage zu sein, sich selbst zu führen und zu verwirklichen. Die Vereinheitlichung der Indios stellt sich her durch den Kontrast, durch die globale Gegenüberstellung mit dem Kolonisator: Ihr seid alles, was ich nicht bin, deshalb seid ihr alle gleich. Die Geschichten der verschiedenen Völker werden demnach zu der Geschichte des Indio: eine einzige Geschichte in ihrem wesentlichen Charakter (dem Irrtum), deren Einzigartigkeiten, so abweichend sie auch sein mögen, niemals ausreichen werden, um der grundlegenden Einheitlichkeit zu widersprechen. In den Augen des Eroberers ist die indianische Geschichte eine einzige, denn die Indios haben schließlich nur ein einziges Schicksal: kolonisiert zu sein oder zu werden. Einem gemeinsamen unausweichlichen Schicksal entspricht eine gleiche Geschichte, die dieses rechtfertigt.

b) Die der europäischen Invasion voraufgehende indianische Geschichte ist die Geschichte des Bösen, des Reichs der Idolatrie und des Heidnischen, mit der alle Perversionen zugedeckt werden. Die Unterschiede sind nur begreifbar als Ketzerei.

c) Der Beweis für die Unvernunft der indianischen Geschichte liegt auf der Hand, wenn man sie mit der okzidentalen vergleicht - sie lassen sich nicht vereinbaren. Die einzigen Kategorien, die sie verständlich machen können, sind die Kategorien der europäischen Welt. Sollten die widerspenstigen Tatsachen der forcierten Einpressung in diese Kategorien entweichen, so können sie höchstens "eine Art von" oder "Quasi"-Tatsachen sein, nie jedoch vollendete Fakten.

d) Die indianische Geschichte findet ihre volle Entfaltung erst durch die Eroberung. Die Erlösung ist letztes Ziel der Ursünde, und erklärt sie zugleich.

e) Die indianische Geschichte endet mit der europäischen Invasion. Damit wird endgültig ein Kapitel abgeschlossen. Es beginnt eine neue, eine andere Geschichte.

Die vorkolumbianische Geschichte wurde von den Kreolen und später, seit dem 18. Jahrhundert, von den Mestizen wiedergewonnen, um damit die eigene Stellung zu legitimieren. Die indianische Vergangenheit wurde so zur gemeinsamen Vergangenheit, auf die alle Amerikaner ein Recht hatten. Mehr noch: Diese dem Indio enteignete Vergangenheit verwandelte sich in die zentrale Begründung für die Unabhängigkeit der lateinamerikanischen Länder, ebenso wie sie später dafür herhalten mußte, die Wünsche und die Grundlagen der mexikanischen Revolution von 1910 symbolhaft zu belegen.

Auf der ideologischen Ebene jedoch spielte sich immer schon ein Prozeß der säuberlichen Trennung zwischen der vorkolumbianischen Vergangenheit und den heute lebenden Indios ab. Die Erbauer Teotihuacans und Chichén Itzas wurden zu berühmten Vorfahren der Nicht-Indios, und die Indios selbst blieben ein weiteres Mal am Rand der Geschichte; bis zu dem Widersinn zwischen Nationalismus und Indigenismus, wonach alle Mexikaner Nachfahren des Cuauhtémoc sind, bis auf die Indios, die sich erst "integrieren" (d.h. aufhören, Indios zu sein) müssen, um legitime Söhne des Cuauhtémoc zu werden. Die evolutionstheoretischen Behauptungen des 19. Jahrhunderts waren ein willkommenes Mittel, um diesen neuerlichen Ausschluß zu rechtfertigen: Die Indio-Völker waren demnach Nachzügler im historischen Prozeß und bedurften der Kapitulation gegenüber dem Fortschritt.

Auf diese Weise endete die indianische Geschichte nicht mit der politischen Unabhängigkeit des Landes, ebensowenig wie der "koloniale Status" aufhörte, dem die indianische Bevölkerung nach wie vor unterworfen ist. Die Geschichte Mexikos wird, bis auf ganz wenige Ausnahmen, weiterhin vom Standpunkt und von der Interessenlage der herrschenden Klassen geschrieben; im Rahmen der kolonialen Situation treten diese dem Indio entgegen, indem sie die ethnischen Differenzen ausnutzen. Die Geschichte der Indio-Völker wird entweder weiter ignoriert oder verzerrt, je nach Bedarf und im Sinne der Geschichtsschreibung der herrschenden Gruppen, die die Idee der mexikanischen Nation geschaffen haben und den Zugang dazu beschränkten, indem sie nur die zuließen, welche die von ihnen vorgegebenen wirtschaftlichen, linguistischen, gesellschaftlichen und ideologischen Merkmale aufwiesen. Es wird zwar eine indianische Komponente in der mexikanischen Nationalität zugelassen, nicht aber der Indio als unterschiedene und besondere Entität; als Begleiterscheinung hierzu wird die indianische Geschichte als gemeinsame Vorgeschichte angesehen, nicht aber als eigene und ausschließliche Geschichte der indianischen Völker. Sie wird nicht als Geschichte an sich gesehen, sondern als Ergänzung zu der eigentlich zentralen Geschichte: zu der Geschichte des Vaterlands, d.h. jener der wahren und einzigen Mexikaner. Schließlich wird aus dieser Perspektive versucht, die Geschichte zum Verständnis des Werdens der mexikanischen Nation heranzuziehen, nicht um die Existenz der indianischen Völker zu erklären.

Historisches Bewußtsein und indianische Befreiung

Alle kolonisierten Völker sind sich dessen bewußt, daß ihre wahre Geschichte von dem Kolonisator geächtet wurde. Sie wissen, daß die ihre eine verborgene, klandestine, geleugnete Geschichte ist. Sie wissen trotz allem, daß diese Geschichte existiert und daß offenkundiger Beweis dafür die Präsenz eines jeden Volkes ist.

Eine eigene Geschichte ist nicht nur notwendig, um die Gegenwart zu erklären, sondern auch, um den Grundstein für die Zukunft zu legen. Zukunft bedeutet in diesen Fällen vor allem Befreiung, Wiedergewinnung des Rechts auf Selbstbestimmung. Enteignete Geschichte ist gleichbedeutend mit getilgter Hoffnung und dem gebückten Verzicht auf jegliche Form der Authentizität. Warum ist also die indianische Geschichte der Indio-Völker notwendig?

In dem Maße, wie sie eine Aufzählung von Kränkungen ist, bildet die Geschichte der Indio-Völker die Grundlage für Forderungen. Normalerweise findet sich in jedem noch so winzigen Indio-Dorf ein sorgsam gehütetes Aktenbündel, das die wichtigsten Besitztitel, Karten und Pläne enthält, welche die vom spanischen König zugesprochene Ausdehnung der Gemeindeländereien dokumentieren sowie die unendliche Liste von Anschreiben, die Zeugnis von all den Anträgen geben, die zur Wiedererlangung dieser Ländereien gestellt worden sind. In der mündlichen Überlieferung lebt die Erinnerung an frühere An- und Umsiedlungen fort, an alle Instanzen und Details in dem unaufhörlichen Prozeß der Enteignung. Daran wird immer wieder gearbeitet, um weiterhin Beschwerden argumentativ stützen zu können. Die Archive sind unverzichtbare Quelle für die Beweisführung; mehr noch als die Historiker sind die indianischen Gemeindemitglieder die interessiertesten und beständigsten Nutzer dieses aufgehäuften dokumentarischen Materials.

Auf einer allgemeineren Ebene bietet das Wissen um die vorkoloniale Vergangenheit einen unschätzbaren Wert für jegliche Befreiungsideologie. Die Rückkehr zum verlorenen Paradies ist ein häufig bemühtes Motiv für die messianischen Bewegungen, und seit dem 16. Jahrhundert bis auf den heutigen Tag haben viele Indio-Aufstände an die präkolumbianische Geschichte erinnert, um ihren Kampf zu rechtfertigen.

Indem das Gedächtnis an ein vorkoloniales Zeitalter bewahrt wird, als Teil der eigenen Geschichte, die bis in die Gegenwart reicht, wird die Kolonisierung relativiert: Sie wird wahrgenommen als ein Moment in dieser Geschichte, das einen Anfang hatte und ein Ende haben wird. Die Kolonisierung erhält somit eine (vorübergehende) historische Dimension; sie hört auf, unumkehrbares und ewiges Naturschicksal zu sein. Sie ist nichts als ein weiteres Kapitel, das nur abgeschlossen werden muß, um eine neue Seite aufschlagen zu können.

In den Texten der neueren indianischen Geschichte, die langsam bekannt werden, wird häufig ein Bild der vorkolonialen Gesellschaften präsentiert, das man leicht als "idealisiert" und folglich als falsch bezeichnen kann. Sie wird dargestellt als eine perfekte Gesellschaft, viel fortgeschrittener und gerechter, als es die offizielle Geschichtsschreibung (die der Herrschenden) je zugeben wollte. Diese "Idealisierung", die sowohl technologische und wissenschaftliche, als auch soziale, politische und ethische Aspekte umfaßt, erfüllt zumindest drei wichtige Funktionen für die heutigen Völker:

a) Es werden gegensätzliche Parameter geschaffen, von denen aus die Kritik an den offiziellen, angeblich "wissenschaftlichen" Konzeptionen von Geschichte und vorkolonialer Gesellschaft geleistet werden soll.

b) Sie vertieft die Kritik an der Kolonisierung, indem sie behauptet, deren wahrer Zweck sei die Zerstörung einer Geschichte des Guten, Perfekten gewesen, nicht die einer Geschichte des Bösen, der Verirrung, wie die Version des Kolonisators lautet.

c) Mit der Formel der Rückkehr in die Vergangenheit führt sie ein neues Projekt zukünftiger Gesellschaft ein. In diesem Sinne hat die idealisierte und unkritische Vision der vorkolonialen Gesellschaft, die häufig als Argument für die Disqualifizierung der indianischen Autoren, die sich darüber auslassen, herhalten muß, auch noch eine zusätzliche Bedeutung: Es handelt sich nicht darum, die Vergangenheit so, wie sie war, zu rekonstruieren, sondern darum, eine Zukunft zu entwerfen, die sich des Hilfsmittels der Wiederherstellung eines goldenen Zeitalters bedient. Wiederherstellen ist demnach nicht gleich Zurückkehren in die Geschichte, sondern eine Art und Weise, eine ideale Gesellschaft für die Zukunft zu beanspruchen, in der die keimhaft angelegten Utopien der vorkolonialen Gesellschaft zur Wirklichkeit werden können. Diese Neufassung der Geschichte hat mit Zukunft, nicht mit der Vergangenheit zu tun. (...)

 

(aus: Identidad y Pluralismo cultural en América Latina, Essayband mit Aufsätzen des mexikanischen Autors, herausgegeben von der Editorial de la Universidad de Puerto Rico, 1992. Übersetzung: Ulrich Mercker)

 


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