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Abschiebehaft in Sachsen Broschüre

Flucht und Asyl, Nr. 6, Mai 1997

18 Monate Abschiebehaft

Amadous zermürbendes Warten auf die Rückkehr ins Ungewisse

Amadou reiste Anfang November 1993 nach Deutschland ein. Hinter sich hatte er eine lange Flucht per Schiff, verursacht durch politische Probleme in seinem Heimatland in Westafrika. Weil er für die kulturelle und politische Autonomie seines Volkes im Süden seines Landes kämpfte, wurde er vom Staat gesucht. lhm drohte eine langjährige Haftstrafe. Vor sich hatte er die Hoffnung auf Asyl in Deutschland, auf ein Leben in Sicherheit.
Noch im gleichen Monat wird sein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Sein Land gilt als sicheres Herkunftsland. Die Berichte von amnesty intemational sagen etwas anderes. Vorerst wird er in Deutschland geduldet. Den vorgeschriebenen Landkreis darf er nicht verlassen. Ein Besuch bei Freunden in Hannover - für Deutsche eine Selbstverständlichkeit - wird ihm zum Verhängnis. Bei einer Polizeikontrolle wird er festgenommen. Der Vorwurf: er hätte versucht unterzutauchen.
Dafür wird er weggesperrt, zur Abschiebung in sein Heimatland. Nach 9 Monaten wird er ins Gefängnis nach Leipzig verlegt. Dort muß er noch einmal 5 Monate bleiben. Nach insgesamt 14 Monaten Abschiebehaft stellt sich eine Abschiebung als unmöglich heraus - er wird entlassen. 14 Monate Gefängnis, Gemeinschaft mit Verbrechern. Unsicherheit und Angst für eine Reise zu Freunden. Nun ist Amadou frei. Das heißt für ihn: sich mit zwei anderen afrikanischen Asylbewerbern ein ca. 15 qm großes Zimmer in einem Asylbewerberheim in einem Dorf zu teilen. Das Heim ist eine ehemalige Kaserne. Warmes Wasser gibt es selten. Die sanitären Anlagen stammen noch aus der Armeezeit. Dreck ist überall. Das Dorf ist 3 km entfernt, die nächste Kleinstadt 8 km. Arbeiten darf er nicht.
Weil er manchmal nicht im Heim schläft, wird er zur Fahndung ausgeschrieben. Im April 1996 wird er in Leipzig verhaftet. Wieder kommt er hier in Abschiebehaft. Die Abschiebehaft dauert diesmal 3 Monate, wegen Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Reisepasses. So lautet zumindest die Begründung.
Aus der Haft stellt Amadou einen Folgeantrag auf Asyl. Aber ein weiteres Asylverfahren wird abgelehnt. Dagegen klagt er. Im Juni 1996 wird er entlassen.
Diesmal soll die Freiheit nur 5 Wochen dauern. Die Vorbereitungen zur Abschiebung sind beendet. Erneut wird Abschiebehaft mit der Begründung beantragt: versuchtes Untertauchen. Das Gericht gibt dem Antrag der Ausländerbehörde statt, obwohl sich Amadou pflichtgemäß einmal wöchentlich bei der Ausländerbehörde gemeldet hat. Dort wird er an Ort und Stelle verhaftet.
Diesmal hat Amadou keine Kraft mehr für Klagen und juristische Prozesse. Er will einfach nur weg aus diesem Wechsel von Gefängnis und Freiheit. Er ist psychisch kaputt.
Die Abschiebehaft ist für einen Monat angeordnet; das macht zusammen 18 Monate. Anderthalb Jahre Gefängnis zur Vorbereitung des Abtransports. Zweimal Hoffnung, die dann doch wieder enttäuscht wird.
Nach zwei Wochen wird er in sein Heimadand abgeschoben.

Caudia Uhlig

Anhang I Seite 36
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