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Vortrag auf der Veranstaltung
der IG Metall am 21.12.1999 zum Thema Zwangsarbeit
in Bremen, Gewerkschaftshaus


Friß oder stirb - möglichst bald
Rechtsanwältin Gabriele Heinecke, Hamburg

Am 17. Dezember 1999 wird es vom Kanzler in der neuen und alten Hauptstadt Berlin verkündet: Bund und Wirtschaft werden die NS-Zwangsarbeiter mit zehn Mrd. Mark entschädigen.
Noch ist das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" nicht verabschiedet. Aber der Entwurf zeigt, daß er nichts anderes ist, als ein Nachfolgegesetz zum "Bundesentschädigungsgesetz" und dem "Allgemeinen Kriegsfolgegesetz", beide in den 60er Jahren verabschiedet, um die durch Zwangsarbeit begünstigten Unternehmen und den Rechtsnachfolgestaat des "Dritten Reiches" möglichst zu schonen.

Im jetzigen Gesetzesentwurf heißt es:

  • Anträge sind innerhalb von 6 Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes zu stellen
  • Bereits erhaltene Leistungen aus Mitteln der öffentlichen Hand werden berücksichtigt. Vergleichbare Leistungen von Unternehmen werden angerechnet.
  • Ansprüche der Leistungsberechtigten können sich nur gegen die jeweils örtlich zuständigen Partnerorganisationen richten.
  • Leistungen (nach diesem Gesetz) sind höchstpersönlich und nicht vererbbar.
  • Kriegsgefangene sind nicht leistungsberechtigt

Wo steht, wer von wem wann über seine Ansprüche informiert wird, in Polen oder im fernen Rußland? Und wie kommen sie hin, die ehemaligen Zwangsarbeiter, zu der "Partnerorganisation"...

I.

Geschätzte 10 - 14 Mio. Zwangsarbeiter (inklusive KZ-Häftlinge) wurden, vestärkt ab 1942, ins Deutsche Reich deportiert. Die Verschleppung von Zivilpersonen und Kriegsgefangenen war ein Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung von 1907 und ein völkerrechtliches Verbrechen gemäß dem Statut des Internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg.

Polen und Ostarbeiter waren aus der damals geltenden Sozialordnung ausgeschlossen, weil sie die blutsmäßigen Voraussetzungen nicht erfüllten. Zunächst erhielten sie noch den niedrigsten Tariflohn ohne jegliche Zulagen, später auch dies nicht mehr. Kosten für die (Zwangs-)Unterkunft und Verpflegung wurden abgezogen. Es blieb so gut wie nichts.

KZ-Häftlinge bekamen keinen Lohn. Sie wurden zentral durch das "Wirtschafts-vergabehauptamt" in Berlin an kriegswirtschaftlich wichtige Betriebe vergeben. Die Unternehmen konnten dort KZ-Häftlinge anfordern. Gezwungen wurde dazu niemand.
Von der Zwangsarbeit profitiert haben neben den Firmen der deutsche Staat, die NSDAP und die SS, die Gewinne aus der Organisierung der Zwangsarbeit, z.B. in Form von Leihgebühren, zogen.

Die meisten Zwangsarbeiter von damals haben bis zum heutigen Tag keinen Pfennig für ihre Arbeit gesehen. Es gibt hierfür im wesentlichen 3 Gründe:

1. Die gerichtliche Interpretation des Londoner Schuldenabkommens (LSA) vom 27.02.1953, das der völkerrechtlichen Regelung des deutschen Staatsbankrotts diente.
Nach Art. 5 Abs.2 LSA wurde die Prüfung der aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden Forderungen bis zu einer friedensvertraglichen Reparationsvereinbarung zurückgestellt. In Hinblick auf Ansprüche der einzelnen Staatsbürger gegen Deutschland wurde "Spezialverträgen über die Entschädigung" Vorrang eingeräumt. Solche "Spezialverträge" allerdings wurden mit der Bundesrepublik Deutschland schlicht nie geschlossen und so blieb es für die Wiedergutmachungsansprüche beim Aufschub gemäß Art. 5 Abs.2 LSA.

Unter Berufung auf diese Klausel des LSA gelang es der Bundesrepublik Deutschland, sämtliche ausländische Ansprüche aus NS-Zwangsarbeit abzuwehren und bis zu einem ungewissen Friedensvertrag hinauszuschieben. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied zuletzt 1973, das Moratorium des LSA verbiete die Prüfung derartiger Ansprüche. Individuelle Klagen ausländischer Zwangsarbeiter gegen die Bundesrepublik Deutschland und gegen Unternehmen wurden mit dem Argument der "Exklusivität" des Völkerrechts abgewiesen.

2. Auf Druck der Aliierten wurde 1953 als Ergänzung zu den bis dahin als Besatzungs- und Landesrecht geltenden Vorschriften das " Bundes-ergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung " (BEG) vom 18.09.1953 erlassen, 1956 novelliert und 1965 als Bundesentschädigungs-Schlußgesetz für Neuanträge spätestens ab 1969 geschlossen.

Zwangsarbeit wurde im BEG nicht berücksichtigt. (Lediglich Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen wurde anderen entschädigungsfähigen Freiheitsentziehungen gleichgesetzt). Ersatz für die rechtswidrige Aneignung der Arbeitskraft wurde nicht geleistet.

Gem. § 1 BEG konnten nur aus rassischen, religiösen und politischen Gründen Verfolgte Leistungen aus dem BEG erhalten und nur deutsche, deutschstämmige oder deutschsprachige Antragsteller in Westdeutschland und im westlichen Ausland. Zurückgekehrte Osteuropäer hatten damit keine Möglichkeit der Entschädigung.

Als rassisch Verfolgte wurden zunächst nur Juden, später immerhin auch Sinti und Roma definiert. Alle anderen aus Gründen der nationalsozialistischen Rassetheorie Diskriminierten sah man lediglich als "Nationalgeschädigte" an, die nicht aus rassischen, sondern aus Gründen der Nationalität verfolgt wurden. Sie erhielten keine Leistungen nach dem BEG.

Die politisch verfolgten und grundsätzlich anspruchsberechtigten Kommunisten, die schon in den ersten wilden Lagern 1933/34 inhaftiert und dann ununterbrochen bis 1945 Zwangsarbeit leisten mußten, wurden durch § 6 BEG ausdrücklich von Leistungen ausgeschlossen.

3. Eine weitere Streichung von Rechtspositionen von NS-Opfern brachte das "Allgemeine Kriegsfolgengesetz" (Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden " (AKG) vom 05.11.1957. § 1 AKG ordnete das Erlöschen aller Ansprüche gegen das Deutsche Reich und seine Sondervermögen sowie gegen das Land Preußen an, soweit nicht Ansprüche aus dem BEG oder der Verletzung der Rechtsgüter Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit der Person geltend gemacht wurden. Ansprüche aus Zwangsarbeit wurden damit durch § 1 AKG gestrichen.

Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das AKG in ständiger Rechtsprechung als grundgesetzkonform, weil es sich hierbei um die Regelung des historischen Ausnahmezustandes Staatsbankrott handele und der Gesetzgeber Maßnahmen zur Konsolidierung des Staates treffen dürfe, die sonst an den Grundrechten oder anderen Verfassungswerten scheitern würden.



II.

Grundsätzlich bestehen Rechtsansprüche von zivilen Zwangsarbeitern und KZ-Insassen aus

1.§823 BGB[1], Schadensersatz aus unerlaubter Handlung.
Als Schadensersatz ist der Differenzlohn zu dem Tariflohn eines deutschen Arbeiters geltend gemacht werden (so LG Bonn v. 24.09.1997).
Die Verjährungsfrist für diesen Anspruch beträgt 3 Jahre. Das heißt, 3 Jahre nach dem schädigenden Ereignis muß der Anspruch geltend gemacht worden sein, sonst ist er weg.

2.§847 BGB Schmerzensgeld
Der Bundesgerichtshofes hat eine Rechtsprechung zu der Verletzung von Persönlichkeitsrechten in den sog. "Prominentenfällen" entwickelt. Sie für die Zwangsarbeiter anzuwenden, scheint gerechtfertigt. Danach ist in Fällen, in denen die Verletzung des Persönlichkeitsrechts mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgte, eine Geldentschädigung zu gewähren. Zu zahlen ist der Gewinn, der aus der Rechtsgutverletzung erfolgt. Hier wäre das die Höhe des Lohns, der deutschen Arbeitskräften gezahlt wurde.
Die Verjährungsfrist für diesen Anspruch beträgt ebenfalls 3 Jahre

3.§812 BGB, Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Der Wert der Bereicherung ist nach § 818 Abs. 2 BGB (Wertersatz) zu bewerten und entspräche dem Lohn eines vergleichbaren deutschen Arbeiters.
Die Verjährungsfrist für diesen Anspruch beträgt 30 Jahre.



III.

(Anspruchsvernichtende und anspruchshemmende Einwendungen und Einreden)

Seit Abschluß des Zwei-Plus-Vier-Vertrages vom 12.09.1990 gilt nach allgemeiner Ansicht das Moratorium des LSA nicht mehr, da der Vertrag einem Friedensvertrag gleichstehe und - durch Stillschweigen - die Reparationsfrage in Bezug auf Deutschland endgültig geregelt sei.

1. Sowohl Polen als auch die UdSSR aber haben 1953 die DDR von weiteren Reparationsleistungen befreit. Da in der Präambel der Protokollerklärungen von "Deutschland" die Rede ist, wurde und wird von der Bundesregierung die (tatsächlich absurde) Auffassung vertreten, die Verzichtserklärung umfasse Gesamtdeutschland, also auch die Bundesrepublik.
Forderungen dieser Staaten (oder ihrer Rechtsnachfolger) dahingehend, daß entgegen dieser Interpretation gegen die Bundesrepublik Deutschland Reparationsansprüche geltend gemacht und durchgesetzt werden sollen, werden nicht erhoben. In den Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen scheinen Fakten geschaffen worden zu sein.

Nun hat das Bundesverfassungsgerichts am 13. Mai 1996 inzwischen geklärt, daß sich eine evtl. völkerrechtliche Verzichtserklärung nicht auf individuelle Ansprüche bezieht, [2] so daß Individualansprüche grundsätzlich geltend gemacht werden können.Auch sei es sowieso keinem Staat durch das Völkerrecht verboten (gewesen), geschädigten ausländischen Bürgern eine Entschädigungsmöglichkeit zu eröffnen.

2. Wer allerdings heute kommt, hat Probleme mit der Durchsetzung seiner Rechte. Den ehemaligen Zwangsarbeitern wird die Verjährung ihrer Ansprüche entgegen gehalten. Meinungsverschiedenheit gibt es schon darüber, wann die Verjährung angefangen hat.

a. Manche Gerichte meinen, erst mit dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag vom 12.09.1990 habe die Verjährungsfrist wieder zu laufen begonnen. Allerdings hätten die Zwangsarbeiter keinen Anspruch auf Entschädigung, die bereits aus dem Bundesentschädigungsgesetz Zahlungen erhalten hätten ( LG Bonn v. 05.11.1997 <STREIT 1998, 101>; OLG Köln v. 03.12.1998 <NJW 1999, 1555>).

b. Das LG Stuttgart (Urteil v. 24.11.1999, Az. 24 O 192/99 - Porsche) läßt die Verjährungsfrist zwar ebenfalls erst mit Abschluß des Zwei-Plus-Vier-Vertrages beginnen, hält aber alle Ansprüche der 1999 erhobenen Klage für verjährt. Auch die 30-jährige Verjährungsfrist der "ungerechtfertigten Bereicherung" helfe dem Zwangsarbeiter nicht weiter. Die gelte deshalb nicht, weil es sich um "vertragliche oder quasi-vertragliche Ansprüche" handele, die nach dem BGB schon nach zwei Jahren verjähren. Daß die Zwangsarbeit eine "vertragliche oder quasi-vertragliche" Angelegenheit sein soll, entnimmt das LG Stuttgart einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes aus dem Jahre 1967 (BGH Z Bd. 48, S. 125 ff.). Der dort klagende ehemalige Zwangsarbeiter hatte zwar keine Ansprüche aus Arbeitsvertrag geltend gemacht. Das aber -so der BGH - mache keinen Unterschied, denn die kurze Verjährung (des § 196 Abs.1 Nr. 9 BGB)

"ergreift vielmehr alle Vergütungsansprüche, die aus der tatsächlichen Leistung von Arbeit hergeleitet werden. Entscheidend sind insoweit allein die tatsächlichen Verhältnisse und die Interessenlage, die sich nicht dadurch ändern, daß die Forderung aus einem faktischen Arbeitsverhältnis, aus Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigter Bereicherung oder einem enteignungsgleichen Eingriff...hergeleitet wird...Das ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts...Es besteht kein Anlaß, davon abzuweichen."

und

"Der Gesetzgeber hat ...durch die Aufstellung objektiver Tatbestände eine grundsätzliche Regelung getroffen, die auch dann einzuhalten ist, wenn einmal die Beweggründe, die zur Schaffung des Gesetzes geführt haben, nicht einschlägig sein sollten...Jede andere Auslegung, die es auf die Sonderumstände des Falls abstellt, würde zu weitgehender Rechtsunsicherheit führen, die im Wirtschaftsleben kaum erträglich wäre."

c. Das ist echte Kontinuität, die sich auch in einer jüngeren Entscheidung des LG Hamburg Landgericht Hamburg vom 19. Mai 1999 <NJW 1999, 2825>) wiederfindet. Schon die Sachverhaltsschilderung fängt mit den Worten an

"Der polnische und in Polen lebende Antragsteller berühmt sich, Zwangsarbeiter bei der Antragsgegnerin zu 1 oder zu 2, bei denen es sich um Hamburger Industriebetriebe handelt, während des Zweiten Weltkriegs gewesen zu sein."

Die begehrte Prozeßkostenhilfe für die Geltendmachung von Entschädigung und Schmerzensgeld wird wegen eingetretener Verjährung abgelehnt. Denn die Verjährung habe mit

"dem letzten Tag der behaupteten Zwangsarbeit"

aber

"spätestens mit Inkrafttreten des Grundgesetzes nach zwischenzeitlichem Rechtsstillstand"

zu laufen begonnen. Und weiter heißt es:

"Entsprechendes gilt für den ohnehin offensichtlich nicht in Betracht kommenden Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB, der ebenfalls in 30 Jahren nach § 195 BGB verjährt, der aber aufgrund der vorhergehenden Leistungskondition zurückzutreten hat, da der Zwangsarbeitervertrag nach dem damals geltenden Recht nicht gegen § 134 BGB [3] verstoßen hat als dem maßgeblichen Recht für die Leistungserbringung."

Alles vorbei. Pech gehabt, er hätte sich früher einen kompetenten deutschen Rechtsanwalt (so das LG Stuttgart) nehmen können.


3. Selbst wenn Gerichte den abwegigenen Begründungen einer 1949 beginnenden Verjährung und einer vorrangigen Verjährung aus "Zwangsarbeitervertrag" nicht folgen wollen; selbst wenn diese die Verjährung erst am 15.09.1992 (in analoger Anwendung des "Gesetzes über die Verjährung von deutschen Auslandsschulden und ähnlichen Schulden" tritt die Verjährung frühestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Friedensvertrages ein) oder -auch diese Auffassung gibt es- mit der Klarheit schaffenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 13. Mai 1996 beginnen lassen, selbst dann sind die Ansprüche aus Schadensersatz und Schmerzensgeld heute verjährt.

Nicht verjährt ist danach der Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Nach der Rechtsprechung unterfällt dieser Anspruch allerdings der Währungsumstellung und ist im Verhältnis 10 : 1 auf ein Zehntel abzuwerten. Selbst bei mehrjähriger Zwangsarbeit bleibt nur ein Taschengeld, so daß selbst die unter dem zynischen Titel "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" zu zahlende Summe höher ausfallen dürfte.

Passend dazu ist die Meldung aus der Frankfurter Rundschau vom 11.12.1999:

"22.000 ehemalige polnische KZ-Häftlinge, die am Landgericht Bonn gegen die Bundesrepublik auf fast zwei Milliarden Mark Entschädigung klagen, sollen fast 18 Millionen Mark Prozesskostenvorschuss zahlen. Das hat das Oberlandesgericht Köln entschieden."


IV.

Sich auf das in der Bundesrepublik Deutschland geltende Recht und die hier herrschende Rechtsprechung zu verlassen, wird die ehemaligen Zwangsarbeiter kaum reicher machen. Die Bundesrepublik hat es in beispielloser Raffinesse verstanden - durch das Bundesentschädigungsgesetz, das Allgemeine Kriegsfolgengesetz, durch die Rechtsprechung zur angeblichen Hemmung der Individualansprüche durch das Londoner Schuldenabkommen, durch die auch nach dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag von der Bundesregierug bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes im Jahre 1996 vertretene Behauptung, das LSA gelte weiter- die Ansprüche auf Wiedergutmachung aus den begangenen völkerrechtlichen Verbrechen abzuwehren. Zuerst hieß es: zu früh, es gilt das Londoner Schuldenabkommen . Dann hieß es: zu spät. Mit dem klärenden Spruch des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 1996 waren die meisten Ansprüche bereits verjährt.

Wer glaubt, es gebe heute noch nennenswerte juristische Druckmöglichkeiten gegen die Profiteure der Zwangsarbeit vorzugehen, irrt. Wer meint, mit den "class-actions", den Sammelklagen in den USA, könnten hier durchsetzbare Urteile erstritten werden, kennt nicht die Realität. Die Urteile sind wegen nicht erfolgter Ratifizierung der entsprechenden Verträge durch die Bundesrepublik Deutschland hier nicht vollstreckbar.

Andererseits hat die Vergangenheit gezeigt, daß die Bundesrepublik durch immer neu verabschiedete Gesetze versucht hat, sich das lästige Problem der Zwangsarbeit endgültig vom Hals zu schaffen. Es ist ihr bis zum heutigen Tag nicht gelungen und es wäre beschämend, wenn es für die Zwangsarbeiter bei dem Almosen aus dem Stiftungsfond (Nach dem Motto: "Friß oder stirb - möglichst bald") bleiben müßte.

Soweit Forderungen erhoben werden sollen, würde ich die folgenden für sinnvoll halten:

Sofortige Zahlung einer Mindestsumme an jede/n ehemaligen Zwangsarbeiter/in durch die Bundesrepublik Deutschland
(Die Zeit drängt. Wie diese Summe refinanziert wird, ob und wie ein Rückgriff auf die Unternehmen genommen wird, mag gesetzlich geregelt werden)

Keine Verzichtserklärung der ehemaligen Zwangsarbeiter als Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Fondsgeldern

Aufhebung aller Verjährungsregelungen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Zwangsarbeit
(Die Versklavung von Millionen von Menschen darf nicht durch Anwendung hierfür nicht gedachter (Verjährungs-) Vorschriften im Nachhinein legitimiert werden. Die Berufung auf nationale Verjährungsvorschriften wird dem international begangenen Verbrechen nicht gerecht und ist rechtsmißbräuchlich)

[1] § 823 BGB: "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet"
[2] BVerfG NJW 1996, 2717.
[3] § 134 BGB: "Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt."