Presseerklärung des "SpinnenNetz"

SpinnenNetz-Mailbox im Zuge der letzten "ExZess"-Durchsuchung beschlagnahmt

Seit dem Abend des 27.9.96 ist der Computer der SpinnenNetz-Mailbox Frankfurt in den Händen der Polizei.
An diesem Abend fand im Frankfurter Café ExZess, einem selbstverwalteten Kommunikationszentrum in Frankfurt-Bockenheim, eine Veranstaltung zum Thema: Rassismus und Funktion des Frankfurter Flughafens in Sachen Abschiebung, statt. Ein Film wurde gezeigt, der sich mit in diesem Zusammenhang erfolgten Sabotageaktionen beschäftigt. Anschließend sollte eine Diskussion über staatlichen Rassismus und Widerstandsperspektiven stattfinden. Dazu kam es nicht. Gerade nachdem der Film gezeigt wurde, stürmten Sondereinsatzkommandos auf Anordnung der Bundesanwaltschaft das ExZess. Die ca. 70 BesucherInnen wurden festgenommen und der Film beschlagnahmt. Grund laut Durchsuchungsbeschluß: "Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wg. Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung (129a)" und dies im Zusammenhang mit Aktionen, die gegen das Kommunikationsnetz des Frankfurter Flughafens gelaufen sind. Die festgenommenen BesucherInnen wurden nach einer ED-Behandlung und anderen Ruppigkeiten im Laufe der Nacht wieder freigelassen.
Im Rahmen dieser Polizeiaktion wurde natürlich auch das Exzess sowie der Infoladen durchsucht. Dabei wurde der Rechner der SpinnenNetz-Mailbox beschlagnahmt, der bis dahin seinen Platz im Infoladen des ExZess hatte. Bislang gibt es für diese Beschlagnahme kein Protokoll und daher auch keine Angabe von Gründen.
SpinnenNetz ist ein kleines elektronisches Nachrichten- und Datennetz mit einigen Mailboxrechnern in verschiedenen Städten. SpinnenNetz dient der Information, dem Austausch, der Diskussion und Koordinierung linker und linksradikaler Gruppen. Dieses Netz entstand 1991 als ein elektronischer Informationsdienst für unterdrückte und verschweigende Nachrichten.
SpinnenNetz ist, wie auch andere linke und alternative Netze, ein öffentliches Kommunikationsinstrument, ein wenig vergleichbar mit einem (elektronischen) Infoladen oder einer (elektronischen) Zeitung. Die Beschlagnahme des SpinnenNetz-Rechners ist dann auch nichts anderes, als wenn die Redaktion einer Zeitung gestürmt, Schreibmaschinen, Archive und die Druckmaschinen einkassiert worden wären.
Von einem gezielten Schlag gegen SpinnenNetz reden wir nicht. Allerdings davon, daß im Rahmen der Durchsuchung und Aufmischung der Veranstaltung die Möglichkeit genutzt wurde, den SpinnenNetz-Rechner mitzunehmen und auszuwerten. Und dies durchaus nicht zufällig, denn der SpinnenNetz-Computer war nicht der einzige Computer im Infoladen. Natürlich paßt dem Staatsschutz das SpinnenNetz nicht. Wir wissen das aus zurückliegenden Berichten des Verfassungsschutzes, wo dem SpinnenNetz immer mal wieder diverse verdeckte Kommunikationsstrukturen zugeschoben wurden. Daher wundern wir uns auch nicht, daß sie den Mailboxrechner im Zuge der Durchsuchung mitnahmen. Ihr Interesse zeigt sich auch darin, daß andere Computer ebenfalls im gleichen Raum waren, dablieben und zum Teil- soweit das im nachhinein zu überblicken ist- auch nicht groß durchforscht wurden.
An und in SpinnenNetz ist nichts geheimes. Die Nachrichten innerhalb der Foren/Bretter sind öffentlich. Was die "sicherheitstechnische" Seite betrifft, handelt es sich um den Zugriff auf die noch nicht "abgeholte" private Post unter den NutzerInnen und natürlich die notwendigen User- und Zugangsdaten. Natürlich läßt sich ein Profil der jeweiligen Nutzung erstellen, z.B. wer welche Nachrichten eingegeben hat, aber das ist ohnehin für alle NutzerInnen am Absender zu erkennen.
Damit der Staatsschutz sich nicht mit den Namen und Zugangsdaten der NutzerInnen, der er durch die Beschlagnahme in Besitz hat, in die Mailbox einwählen, fremde private Post beziehen oder gar Nachrichten lancieren kann, haben wir sie bei der Neuinstallation vollständig gelöscht. Deshalb müssen sich alle NutzerInnen neu anmelden.
Im politischen Kontext sagen wir zwar, daß es in der unmittelbaren Situation ein Zufall war, daß sie die Box mitnehmen konnten, allerdings möchten wir in diesem Zusammenhang schon auf die Kaltstellung des holländischen Servers in Sachen "radikal" hinweisen. So locker und ohne Probleme ist die elektronische Information und Vernetzung also nicht. Und es zeigt sich ebenfalls, daß an diesem Strang der Kommunikation von Seiten des Staates gearbeitet wird. Wir bauschen die Beschlagnahme von SpinnenNetz nicht unverhältnismäßig auf, nehmen sie aber trotzdem ernst und ordnen sie in den weiteren Zusammenhang der Verfolgung linksradikaler Medien ein. Und entsprechend gilt es sich dagegen zu wehren.

SpinnenNetz Frankfurt wieder ans Netz!

Wir waren jetzt einige Zeit nicht am Netz. Das hat natürlich den Grund, daß wir uns ersteinmal das technische Instrumentarium neu organisieren mußten. Und weil das Geld gekostet hat, möchten wir in diesem Zusammenhang noch mal auf unser Spendenkonto hinweisen:

Konto: Anna Schie, KtNr. 0304801372, Sparkasse Frankfurt (BLZ 50050201), Kennwort: Netz

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