Was macht eigentlich der CV in Osnabrück?

In Bonn wird Zufall mit CV geschrieben, so soll der erste Präsident der Bundesrepublik, Theodor Heuß, einmal gesagt haben. Gemeint war damit die außerordentlich erfolgreiche Aktivität des CV (Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen), wenn es galt, wichtige Stellen in Wirtschaft, Katholischer Kirche und vor allem in der Politik mit eigenen Mitgliedern zu besetzen. Daran hat sich in den letzten 40 Jahren anscheinend nichts geändert. Was der CV im fernen Bonn erfolgreich vorexerziert hat, wiederholt sich z. Z. in Osnabrück. Still und von der Öffentlichkeit unbemerkt plaziert er seine Alten Herren an einflußreichen Stellen in der Osnabrücker Politik.

"'Sie liegen auf Bärenhäuten und trinken immer noch eins.' so war's nicht nur bei den alten Germanen, sondern so ist's noch heute auf dem Stamm mit den Alten Herren Bbr. ... Prof. Dr. Rainer F. Tenfelde".

Mit dieser blumigen Umschreibung lud der A. V. Widukind zu einer "hochoffiziellen", das heißt zu einer Pflichtveranstaltung für aktive Bundesbrüder im Sommer 1986 ein. Tenfelde scheiterte im September als OB-Kandidat der CDU und führt seither die Ratsfraktion der Partei im Stadtrat an. Bei der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrates avancierte der vorherige Fraktionschef der CDU- Ratsfraktion-, Burghard Jasper, zum neuen Stellvertreter des Oberbürgermeisters und damit zum Bürgermeister in Osnabrück.

Jasper ist Alter Herr des KDStV Alemannia zu Greifswald und Münster im CV. Der CV grenzt sich gerne von den "rechten" Burschenschaften in der Öffentlichkeit ab. Um sich hinter verschlossenen Türen zum gemeinsamen Kommers, wie jüngst wieder am 8. November im -Kaffeehaus Osterhaus in Osnabrück geschehen, zu treffen. "Eine gewisse konservative Welteinstellung sei jedoch allen gemeinsam", so die NOZ vom 12. 11. 96. Und weiter heißt es: "'Wir sind durch gleiche Ziele verbunden', sagt Ulrich Segma, auch über's Studium hinaus, meist lebenslang. Daß es bei Jobvergabe und Postenverteilung Verbindungsklüngel gebe, will er gar nicht abstreiten. Die Arbeitgeber wüßten zudem, daß sie bei Verbindungsgenossen auf Gleichgesinnte stoßen."

CV'er lassen ihre "konservative Welteinstellung" lieber im Verbindungsklüngel als in aller Öffentlickeit freien Lauf. Wer Konkretes erfahren will, muß nach schwer zugänglichen Quellen suchen. Eine solche ist die 1991 in Münster erschienene Geschichte der Alemannia. Ein Werk, an deren Erstellung Jaspers selbst als Mitglied der Geschichtskommission und Autor beteiligt war. Wir dürfen daher annehmen, daß die dort vorgetragenen Ereignisse und deren Interpretation zur "konservativen Welteinstellung" gehören, von der die Rede war. Die Geschichten sprechen im allgemeinen für sich, eine größere Erläuterung soll daher unterbleiben.

Wie die Pommern nach Pommern kamen.

"Im Gebiet Pommerns saßen ab dem 2. Jahrhundert vor Christi Geburt germanische Stämme. Als diese in der Völkerwanderungszeit um 400 abzogen, sickerten aus dem Osten slawische Stämme ein. ... Im Zuge der Christianisierung, ... , ab 1124 durchgeführt .., kamen auch Orden ins Land. ... Die Zisterzienser hatten in ihren Musterklöstern großartige Leistungen und Erträge an Ackerbau, in Vieh- und Bienenzucht ... erreicht. ... Dabei wurde die einheimische Bevölkerung nicht verdrängt, sondern ging überwiegend im deutschen Volkstum auf." (Seite 7/8) Wie verräterisch doch Sprache ist. Polen sickern ein, wie eklig. Katholiken lassen Slawen dagegen im deutschen Volkstum aufgehen, wie großzügig. Nur eine Frage bleibt. Wer war eigentlich vor dem erwähnten 2. Jahrhundert vor Christi Geburt in der Gegend anwesend und was haben die guten Germanen mit ihnen gemacht?

Reaktionär und Streikbrecher

"Als es im Sommer 1919 zu Unruhen kam, die eine Radikalisierung der politischen Lage zum Ziel hatte, traten die Alemannen in die Zeitfreiwilligenwehr ein, um Ruhe und Ordnung in Greifswald und Swinemünde zu sichern, wie sie sich auch beim Streik der Landarbeiter im Sommer 1922 zum Arbeitsdienst verpflichteten." (Seite 47).

Alemannia leistet Widerstand gegen den deutschen Faschismus "Im WS 1931/32 übernahm Bbr. Dr. Halfer die Führung im Ring der Katholischen Verbindungen. Auf Grund seiner Persönlichkeit wurde ihm der Vorsitz ... im AStA übertragen. Sein Hauptgegner war der NSDSTB, dessen Angehörige seine Wahl nicht hatten verhindern können..." (Seite 48) Der NSDStB errang in Greifswald 1930 50,6% der Stimmen bei der AStA-Wahl, 1931 waren es sogar 60,3%. Wenn daher ein Alemanne den Vorsitz im AStA hatte, gab es entweder keine inhaltlichen Differenzen zwischen der Alemannia und den Nazis oder die Nazis waren gleichzeitig Korporierte, was im Ergebnis auf das Gleiche hinausläuft. Darauf deutet ein weiterer Abschnitt hin. "Als 1933 der Nationalsozialismus die Macht an sich riß, gab es Bundesbrüder, die dem zur Macht drängenden, positives Christentum verheißenden Nationalsozialismus eine Chance einräumen wollten." (Seite 60) "Als 1932 der Wehrsport eingeführt wurde, beteiligte sich Alemannia mit einer Mannschaft am Ehrsport-Wettkampf und belegte den 4. Platz." (Seite 73) "Als sich die aktive Verbindung im Frühjahr 1936 auflöste, gelang es dem Verbindungsführer AH Fincke, ... , das Boot zu verkaufen (der Segel-HJ) und damit der Beschlagnahme zu entziehen." (Seite 72) "Das Verbindungshaus (am 29. 9. 1934 gemietet !, d. V.) wurde aufgegeben, das Inventar mit den Möbeln wurde den katholischen Schwestern anvertraut." (Seite 63) Ohne finanzielle Verluste rauskommen, das war anscheinend besonders wichtig und vor allem war es möglich. Denn denen, die Widerstand in dieser Zeit leisteten, gelang das nicht.

Deutschtum im Ausland

Bericht über die Ostlandfahrt 1932. "Argwöhnisch werden wir von den Litauern empfangen. Fünf Beamte vom Zoll und von der Polizei durchsuchen unser Schiff, finden natürlich nichts. Solche Scherereien haben wir noch in keinem Hafen erlebt! Umso herzerfrischender und freundlicher ist daher der Empfang bei der deutschen Bevölkerung ... Armes Land, aber das Deutschtum lebt dort und wird mit Begeisterung und bewunderungswürdiger Ausdauer verteidigt. wir haben sie, so gut wir das in der kurzen Zeit konnten, darin bestärkt und haben auf diese Weise ein Stückchen Pionierarbeit geleistet." (Seite 69) "Daß Alemannia einen guten Ruf in Oberschlesien und über dessen Grenzen hinaus besaß, macht die Einladung der Nordgau Prag zur Mitfeier ihres Ferial-Festes ... 1927 deutlich. ... Alemannia (war) gebeten worden, dem Fest der Nordgau Prag, die wie die anderen CV-Verbindungen in Prag in schwerer Bedrängnis lebte und zu der Feier ihres Stiftungsfestes in ihr sudetendeutsches Einzugsgebiet auswich, einen würdigen Rahmen zu geben. Die Alemannen kamen diesem Aufruf gern nach und verbrachten mit ihren sudetendeutschen Cartellbrüdern und der deutschen Bevölkerung des Ortes erlebnisreiche und für das Zusammengehörigkeitsgefühl förderliche Tage." (Seite 60/61) Das Zusammengehörigkeitsgefühl wurde dann durch den GRÖFAZ (größten Führer aller Zeiten) schon bald zusammengeführt. Und das ein litauischer Polizeihansel in einem Boot, gesteuert von deutschen Herrenmenschen, nichts zu suchen hat, versteht sich von selbst. Noch Fragen?

Die armen Verbindungsstudenten

"Am 28. 5. 1950 bittet Wieczorek in einem Rundbrief um Spenden für ein ihm angebotenes Bootshaus an der Werse: DM 2.000,oo, .., die Entscheidung darüber müsse aber bis zum 8. 6. gefällt sein." (Seite 88) Alemannia hatte sich 1947 in Münster neu gegründet. Der Monatsverdienst eines Arbeiters, wenn er denn Arbeit hatte, betrug damals ca. 300 DM. Aber Arbeiter hatten zu der Zeit auch andere Sorgen, als sich mit dem Kauf von Bootshäusern herumzuschlagen. "Unsere neue Wichs wird den Bundesbrüdern bei der Antrittskneipe präsentiert: Die Pekeschen sind nicht mehr aus hellgrünem Tuch, sondern aus dunkelgrünem Samt. Kostenpunkt: DM 1876,90." (Seite 106) Wir schreiben das Jahr 1962, der monatliche Bruttoverdienst beträgt jetzt ca. 700 DM. Aber welcher Arbeiter braucht schon für die Kneipe Pekeschen aus dunkelgrünem Samt! "Mußte der Alemannen-Heimverein e. V. in den ersten zwölf Jahren von Anfang 1965 bis Ende 1976 jährlich durchschnittlich rund 25.000 DM für das Haus aufwenden, betrugen die jährlichen Ausgaben in den folgenden dreizehn Jahren von 1977 bis 1989 einschließlich im Durchschnitt knapp 30.000 DM. Von 1965 bis Mai 1988 brachte der Heimverein allein knapp 187.000 DM an Zins- und Tilgungsleistungen für den Hauskauf auf." (Seite 255) WS 1988/89. "... unter dem Strich eine maßvolle Erhöhung des Verbindungsbeitrages von DM 240,00 auf DM 300,00 beschlossen. Für das 100. Stiftungsfest ... einigten wir uns auf eine Umlage von DM 450,00". Bei angegebenen 190 Alten Herren kommen da lumpige DM 85.000,00 zusammen.

Wie Geschichtslegenden entstehen

"Am Ende der 60er Jahre nehmen die Studenten-Unruhen immer mehr zu, linke und rechte Gruppierungen reißen die Macht in den Studenten-Parlamenten an sich - und die konservativen Gruppen, auf so etwas gar nicht vorbereitet, haben dem nichts entgegenzusetzen." (Seite 121) Der Machtentzug der rechten Gruppen, pardon konservativen Studentenverbindungen, hat Ende der 60er Jahre in den Studentenparlamenten stattgefunden. Aber wo, bitteschön, wurde damals ein rechts-konservativer Verbindungsasta von noch rechteren Gruppen abgelöst. Die Auflösung dieses Rätsel kann ja mal der örtliche CV übernehmen.

Alemannia, Greifswald und der CV

Schon Anfang der 80er Jahre begannen in Greifswald erste Organisationsversuche im Rahmen der dortigen Katholischen Studentengemeinde. "Andere Kräfte mußten der Alemannia ferngehalten werden. Der Chronist möchte hier nur an das Auftauchen von Michael Schlenker erinnern, der, zwar gesanglich befähigt, als Leiter des katholischen Kirchenchores und Dozent an der Kirchenmusikschule die Frage nach der uneingeschränkten Gewalt des Präses (Seniors) und des Vatikans gleichzeitig in Frage stellen wollte. Das durfte nicht sein." (Seite 225) Ja, wer den Führer in Frage stellt, der fällt bei den Katholen leicht in Ungnade.

Dafür nahmen sie den Bischof von Mbalmayo, Kamerun, Paul Etoga 1977 ehrenhalber in ihre Reihen als Bundesbruder auf. Hier beginnt auch die Mitgliedschaft des jungen Herrn, Burghard Jasper. "Unser Bundesbruder hat entscheidend zur Verbreitung der katholischen Religion in Kamerun beigetragen. Als er 1961 Bischof des neuen Bistums wurde, gehörten von 117000 Einwohnern 59867 zu seiner Kirche. 1985 waren von 154525 Einwohnern 111631 katholisch. Somit stieg der Katholikenanteil während seiner Amtszeit von 51,2 auf 72,2 Prozent." (Seite 289/290) Diese klaren und unglaublich präzisen Zeilen stammen aus der Feder Burghard Jaspers. Wir wollen die Akte damit vorerst an dieser Stelle schließen.


Ein Bericht an eine Akademie

Prof. Lukanga Mukara
Universität Lusaka, Sambia

Hochverehrter Professor Mukara,

erlauben Sie mir bitte zunächst, mich erneut herzlichst für ihr hochgeschätztes Vertrauen zu bedanken, mit dem Sie mich beehrten, indem Sie mich mit der Aufgabe betrauten, eine ethnologische Forschungsreise ins innerste Deutschlands zu unternehmen. Als Sie mir zum ersten Mal vor jetzt sechs Monaten Ihre Idee unterbreiten, war ich zunächst skeptisch. Ich zweifelte - um ehrlich zu sein - daran, substantiell neue Erkenntnisse über die nordalpine Rasse gewinnen zu können, da unserer Wissenschaft in erschöpfendem Maße Daten und Dokumente über die Witten vorliegen. So gelang es mir auch in der ersten Zeit nicht, einen produktiven Ansatz zu finden. Nach zwei Wochen jedoch stieß ich an der Universität Heidelberg auf eine studentische Verbindung, die sich "Turnerschaft (T!) Ghibellinia Heidelberg" nennt. Die Riten und Bräuche dieser Verbindung erwiesen sich als in solchem Grade merkwürdig, daß sie mir eine nähere Untersuchung wert zu sein schienen. Die Verwirklichung dieses Vorhabens erwies sich zunächst als schwierig. Die Mitglieder dieser Gruppe treten zwar in der Öffentlichkeit in Tracht auf, sind aber über Sinn und Zweck und eventuelle spirituelle Inhalte ihrer Verbindung wenig mitteilsam. So scheiterte ich auch mit dem Vorhaben, einer ihrer Zusammenkünfte beizuwohnen; als ich einige von ihnen ansprach und ihnen meinen Wunsch unterbreitete, erklärten sie sich als in dieser Frage inkompetent und verwiesen mich an ihr Oberhaupt; übrigens machten sie dabei einen seltsam verwirrten Eindruck.

Als es mir gelungen war, ihr Oberhaupt ausfindig zu machen, und ich ihm mein Anliegen vortrug, wiederholte sich dieser Eindruck. Auch er wirkte seltsam gehemmt und teilte mir ohne nähere Begründung mit, daß ich ihre Zusammenkünfte nicht besuchen könne. So mußte ich zunächst unverrichteter Dinge aus Heidelberg abreisen. Als ich mich eine Woche später in Osnabrück aufhielt, hatte ich jedoch unverhofft Glück. Ich begegnete einem Mitarbeiter eines Studienkreises, der Untersuchungen über studentische Verbindungen dieser Art anstellt. Er überließ mir eine Abschrift des sogenannten "Biercomment der Aktivitas der Turnerschaft Ghibellinia" aus dem WS 1995/96, in dem der Ablauf einer Zusammenkunft dieser Vereinigung festgelegt ist. Es handelt sich dabei um einen Saufritus mit Initiationscharakter, dem man in dieser Art in der heutigen Wittengesellschaft ausschließlich in gleichgearteten Verbindungen begegnet und der mit nur wenigen Veränderungen der vorletzten Jahrhundertwende entstammt. Entsprechend trägt er stark anachronistische Züge. Aber ich will nicht vorgreifen.

In der Einleitung des "Biercomments" heißt es in § 2: "Der Zweck des Biercomments ist die Regelung der bierrechtlichen Verhältnisse und die Herbeiführung eines gemütlichen, geordneten Kneipwesens." Schon dieser Satz zeigt den ausgeprägt klandestinen Charakter einer solchen Studentenverbindung; es sind also einige Erklärungen notwendig. Unter "bierrechtlichen Verhältnissen" verstehen die Teilnehmer des Ritus die Hierarchie innerhalb der Gruppe, die von der Trinkfestigkeit und der Zugehörigkeitsdauer der jeweiligen Mitglieder abhängt. Da die Hierarchie innerhalb dieser Gruppen sehr ausgeprägt ist, ist der gruppensoziale Status eines Neulings z. b. sehr gering; dies äußert sich beispielsweise darin, daß er für ältere Gruppengenossen niedere Arbeiten verrichten muß. Diese Hierarchie findet ihren Niederschlag auch in den Bestimmungen zum Saufritus. so heißt es in Abschnitt IV "Vom Stärken": "Jedem Burschen steht das Recht zu, einen Semesterjüngeren trinken zu lassen. Dies nennt man Stärken." (§20)

In §5 des "Biercomments" werden die gruppensozialen Stände während des Saufritus definiert. Dort heißt es: "Subjekte des Biercomments sind die nach diesem Comment Kneipenden. Sie teilen sich ihrem Bierrang nach in Bierburschen und Bierfüxe, ihrer Bierehrlichkeit nach in Bierehrliche und Bierschisser." Die "Bierränge", "Bierburschen" und "Bierfüxe" entsprechen den (ohne das Präfix "Bier") gleichnamigen Rangstufen in dieser und gleichartigen studentischen Verbindungen; hierüber sind weitere Ausführungen nicht erforderlich, da unser Wissensstand in diesem Bereich erschöpfend ist. Interessanter sind die Rangstufen in der sogenannten "Bierehrlichkeit", "Bierehrliche" und "Bierschisser". Der Begriff des "Bierehrlichen" wird nicht explizit erklärt; er ergibt sich negativ aus der Definition des "Bierschissers". Der Status des "Bierschissers" wird einem Teilnehmer nicht von vornherein auferlegt. Er wird vielmehr durch Urteil des sogenannten "Zuständigen" festgestellt, wenn sich ein Teilnehmer des Saufritus bestimmte Vergehen zuschulden kommen läßt. Der "Zuständige" wird in õ 6 als "höchste anwesende Charge bzw. der älteste aktive oder inaktive Bursche" definiert. In den §§ 25 ff. heißt es zum sogenannten "Bierverschiß": § 25 "Bierverschiß (B.V.) ist der Ausschluß von der Bierehre und von allen Rechten eines bierehrlichen Individuums. Der Bierschisser darf also:

      - beim Bierskandal in keiner Weise fungieren,
      - sich keine bierehrlichen Handlungen erlauben, wie etwa zu trinken,
      - keine Unterhaltung mit anderen Anwesenden führen, außer mit einem bierehrlichen Burschen, den er sich erwählen darf.

§26 Der B.V. kann nur von der höchsten anwesenden Charge oder dem ältesten aktiven oder inaktiven Burschen ausgesprochen werden. Der Bierschisser kann von einem sich bereiterklärenden bierehrlichen Burschen ausgepaukt (d. i.: wieder in die "Bierehre" erhoben; d. A.) werden. Dies hat jener zu annoncieren, sodaß die Corona (d. i.: die Gesamtheit der Teilnehmer des Saufritus; d. A.) dem folgen kann. Der Bierschisser trinkt dabei einen Ganzen (d. i.: 0,2 bis 0,5 Liter Bier; d. A.), der Auspaukende die Hälfte. Wird der Bierschisser während der ersten fünf Bierminuten (d. i.: drei Zeitminuten; d. A.) nicht ausgepaukt, fährt er in den zweiten B. V., weitere fünf Bierminuten später in den dritten. Paukt auch da ihn keiner heraus, hat der Bierschisser die Corona zu verlassen. Je tiefer der Bierschisser im B. V. steckt, desto mehr ist zu trinken. Befindet er sich im dritten, benötigt er drei Ganze, um ganz aus dem B. V. zu kommen. Dabei darf jeweils ein anderer bierehrlicher Bursche ihn von einem tieferen in den höheren B. V. pauken.

§27 In den B. V. fährt insbesondere derjenige, der:

      - der dreimaligen Aufforderung, sich zu stärken, nicht nachkommt,
      - einen Bierschisser als Bierehrlichen behandelt und umgekehrt,
      - beim Bierskandal nicht rechtzeitig den Stoff (d. i.: Getränk; Bier, Wein oder Weinschorle; d. A.) oder den Unparteiischen bereitstellt;
      - das Silentium mehrfach stört oder es unnütz ausruft,
      - mehrfach alleine trinkt, um alt und häßlich zu werden,
      - Stoff vergeudet,
      - ohne Stoff stärkt."

Eine weitere Gruppe der minderklassigen Teilnehmer des Saufritus stellen die sogenannten "Bierkranken" bzw. "Bierimpotenten". Über sie heißt es in §6: "Alkoholfreie Getränke dürfen lediglich von Bierkranken genossen werden. Diese annoncieren ihre Bierimpotenz durch den Zuständigen. Bierkrank ist derjenige, welcher durch irgendwelche Gründe verhindert ist, Bier zu trinken und also dem Comment zu befolgen. Der Bierimpotente verliert alle Rechte, die in bierehrlicher Bursch oder Fux hat."

Beachten Sie bitte die verbale Assoziation der sogenannten "Bierehrlichkeit" mit sexueller Potenz. Der gewöhnliche Ablauf des beschriebenen Saufritus besteht im sogenannten "Vor- und Nachtrinken". Im gleichnamigen Abschnitt II des "Biercomments" heißt es: §8 "Beim Vortrinken verpflichtet sich jemand, dem Vortrinkenden das gleiche Quantum nachzutrinken. Das Vortrinken wird erklärt durch Äußerungen wie: 'Ich komme Dir einen Ganzen vor!' §11 Es wird fortgesoffen. §12 Zur Förderung der Fröhlichkeit in der Runde ist das 'In-die-Welt-Trinken' zulässig, d. h. das von jemandem in die Welt getrunkene Quantum von einem Ganzen durchläuft einmal die ganze Corona, wobei das mit den Worten geschieht: 'N. N., der Weltganze steigt aus der Unendlichkeit über mich an Dich.' Der Genannte hat mit einem 'Prost!' anzunehmen. Innerhalb von fünf Bierminuten hat er den Weltganzen weiterzugeben mit den Worten: 'N. N., der Weltganze von N. N. über mich an Dich.'"Während des Saufritus kann es zu einem sogenannten "Bierskandal" kommen. Es handelt sich dabei um einen Wettstreit, bei dem es darum geht, eine bestimmte Menge Bier schneller auszutrinken als der Gegner. Eine Besonderheit in diesem Wettsaufen besteht darin, daß der "Bierskandal" nur endet, wenn beide Wettkämpfer den Sieg des Einen anerkennen; ansonsten wird weitergetrunken.

Der Höhepunkt des Saufritus, der allerdings nur bei offiziellen Gelegenheiten zulässig ist, ist der sogenannte "Salamander". In §30 des "Biercomments" heißt es dazu: "Der Salamander ist die höchste studentische Ehrenbezeugung, die einem Mitglied der Biertafel oder auch einem Abwesenden erwiesen werden kann.

    "Der Ablauf vollzieht sich wie folgt:
    "Auf Kommando des Präsidiums werden die schäbigen Reste vertilgt und durch Blumen ersetzt, dann heißt es:
    >>Silentium! Präpariert euch zum Salamander auf N.N.<<
    Der weitere Verlauf ist dann:
    Präsidium:>>ad exercitium salamandri, sind die Stoffe präpariert?<<
    Corona>>sunt!<< bzw. >>non sunt!<<
    Präsidium: >>ad exercitium salamandri! 1,2,3!<<
    Alle erheben sich und reiben bis 3! mit den Gläsern auf dem Tisch.
    Präsidium: >>1,2,3!<<
    Auf 3! trinkt die Corona.
    Präsidium: >>ad exercitium salamandri 1... 2... 3!<< langsam
    Während dieses Kommandos wird bis 3! auf den Tisch niedergeschlagen.
    Präsidium: >>1,2,3!<< Bei 3! wird nochmals auf den Tisch geschlagen.
    Präsidium: >>Salamander ex!<<"
Zusammenfassend kann ich über den Saufritus der Witten sagen, daß das Zwangselement prägend ist, wie es dies ja auch bezüglich aller anderen Riten und Verhältnisse innerhalb gleichartiger studentischer Verbindungen ist. Dies hat u. a. dazu geführt, daß bestimmte körperliche Bedürfnisse wie z. b. das Harnlassen unter dem Gruppenzwang vernachlässigt werden. So ist es keineswegs unüblich oder gar verpönt, daß Teilnehmer während des Saufritus in ihre Kleidung urinieren; selbst die Ehefrauen nehmen dies schweigend hin. So bleibt inmitten der Gesellschaft der Witten eine Subkultur lebendig, die auf Prinzipien beruht, welche unseren Ethnologen bisher als seit langer Zeit ausgestorben galten. Wir haben es also mit einer Art lebendem Fossil sozialer Verhältnisse zu tun, das weiter zu untersuchen wir die Mühe nicht scheuen sollten.
Ihr sehr ergebener DIRE

Buchbesprechung:

"DIE ORDENTLICHEN RECHTEN - DIE "AULA"; DIE FREIHEITLICHEN UND DER RECHTSEXTREMISMUS

Reinhold Gärtner hat als Grundlage seines Buches neun Jahrgänge der "AULA" (1986-94) analysiert. Es geht dabei um die Fragestellung nach der inhaltlichen Deckungsgleichheit und der personellen Verknüpfung dieses ehemals reinen Verbandsblättchens mit dem Rechtsextremismus, der "Neuen Rechten" und der FPÖ-Haiders.

Methodisch geschah dies in Anlehnung an die Diskursanalyse von Siegfried Jäger. Der nichtsprachliche Kontext beleuchtet das Umfeld und die Aktivitäten der Personen, die als AutorInnen in Erscheinung treten. Für den sprachliche Kontext wurde der Schwerpunkt "Ausländer" gewählt mit dessen Begründungsmustern Ethnopluralismus, Biologismus und Nationalismus untrennbar verquickt sind. Die Frage nach der gesamtgesellschaftlichen Rolle der AULA wird über die Verbindung AULA/FPÖ behandelt.

Das Buch bietet eine Fülle von Informationen, die sozusagen als "Nebenprodukt" vor allem die Zusammenarbeit deutscher und österreichischer Rechter aufdecken. In den Köpfen dieser Leute hat der "Anschluß" Österreichs noch immer Bestand. Aus diesem Grunde ist es für alle interessant, die zu studentischen Verbindungen und Rechtsextremismus arbeiten, Die Kurzbiographien und Hinweise, wer in welchen rechten Blättern und Verlagen publiziert sind eine wahre Fundgrube.

Für diejenigen, die sich nicht direkt informieren können ein kurzer Blick auf die Ergebnisse zur AULA: Der AULA-Verlag gehört den "Freiheitlichen Akademikerverbänden", die Zeitschrift erschien erstmals im Oktober 1951 als deren Monatsschrift. Seit Oktober 91 nennt sie sich "Das freiheitliche Magazin". Sie ist in Österreich eines der auflagenstärksten rechtsextremen Blätter. Inhaltlich ist sie sowohl dem burschenschaftlichen, wie dem rechtsextremen Diskurs verpflichtet.

Wie in den Verbindungsblättern bleiben Begriffe wie "Nation", "Kultur", "Heimat" schwammig, die sich dahinter verbergenden Inhalte sind erst durch Analysen zu definieren. Der Holocaust wird konsequent relatativiert. Der Popanz einer "linken Meinungsmonopols" aufgebaut um sich selber dadurch als "Widerständler" gegen angebliche "Denkverbote" zu profilieren. Mit diesem Widerstand gegen Denkverbote ist immer die Abkehr von jeder wissenschaftlichen Grundlage gemeint, wenn es um die Kontinuität um den Rechtsextremismus/Faschismus geht. Kriegsopfer gibt es folgerichtig nur bei Kriegsende, das gleichgesetzt wird mit "Vertreibung." Seit 45 ist dann "Parteienwillkür" ein wesentliches Stichwort. In Anlehnung an das gezeichnete Geschichtsbild, welches mit dem der Rechten in der BRD übereinstimmt, trete nun die FPÖ seit 86 (Obmannwechsel zu Haider) als poltische "Emanzipationsbewegung" auf, die das "politische Establishment" herausfordere.

Hier wird also der inhaltliche Bogen von der AULA zur FPÖ geschlagen. Seit Oktober 91 fungiert sie als "freiheitliches Magazin" der FPÖ bei gleichzeitig behaupteter "paarteiunabhängiger Position". Die AULA verwendet den für Minderheiten gedachten Begriff "Volksgruppe" für die deutsche Mehrheit in Österreich so, als seien deren Rechte nicht gewährleistet. Der Deutschnationalismus mit "deutsch" nach biologistischen Kriterien, gehört zu den wichtigsten Themen der AULA.

Gleichwohl bleibt auch dieser Begriff vage und wird synonym mit "höherwertig" gebraucht, während "nicht deutsch" mit "minderwertig" gleichgesetzt wird. Beinahe blattfüllend wird das Thema im Zusammenhang mit dem Volksbegehren "Österreich zuerst" (12/92). Unter den AutorInnen (Frauen sind kaum dabei) finden sich Rechtsextremisten unterschiedlicher Bekanntheit.

Der Autor unterscheidet 1. Rechtsextreme, 2. FPÖ Funktionäre 3. Alibis. Wobei die dritte Gruppe billigend in Kauf nimmt, für den Rechtsextremismus nutzbar zu sein und dies nicht zu unterbinden. Der harte Kern der Autoren schreibt in mehr als 40 % der Ausgaben. An erster Stelle Andreas Mölzer, der zusätzlich noch in der AULA unter den Pseudonymen "Franz Xaver Seltsam" und Gert Golznig" publiziert. Er ist innerhalb der FPÖ ideologisch tätig und war FPÖ Bundesratsabgeordneter. Zum harten Kern gehören auch Hatzenbichler und Widmann (91 gestorben). "Wird diese Gruppe der Hauptautoren nach qualitativen Kriterien eingestuft, so gilt, daß sämtliche der Gruppe 'rechtsextreme/Neue Rechte' zugeordnet werden können." (a.a.O. S. 225) Auch bei den AutorInnen die weniger häufig schreiben, dominieren die Rechten. "Die Affinität zur Gruppe 'rechtsextrem/neue Rechte' wird umso deutlich sichtbar, je mahr wir uns der Gruppe jener Autoren nähern, die auch qualitativ sehr zahlreich vertreten sind. Dies läßt durchaus den Schluß zu, daß der harte Kern im überwiegenden Bereich als rechtsextrem zu bezeichnen ist, während die Meinungsvielfalt großteils durch jene Autoren repräsentiert wird, die nicht sehr häufig aufscheinen." (a.a.O. S. 227)

Bei Leserbriefen (z. B. von Brauneder, Burger und Haider) und Anzeigen ergibt sich ein ähnliches Bild. Bei Rechten gehört unsaubere journalistische Arbeit zur Grundausstattung, sonst gäbe es den gesamten Geschichtsrevisionismusbereich nicht. Das beginnt bei der AULA damit, daß Interviewpartner als "Autoren" geführt werden und endet bei Raubnachdrucken ohne Quellenangabe. Von Autoren wie Jürgen Hatzenbichler werden auch schon mal Interviews neu zusammengeschnitten und ergänzt. Die Kurzmeldungen aus anderen Zeitungen zusammengeschnitten sind besonders interessant. Als Beispiel hier aus der "Nationalzeitung" zu Auschwitz: " ' Zum Nachrechnen. Am 17. Jänner 1945 treten im KZ Auschwitz 67.012 Häftlinge zum letzten Appel an. Tags darauf wird als letzte Häftlingsnummer die Zahl 202.499 vergeben' (11/1986, S. 5)"

Lisa AR

Fast 90 und kein bißchen weise

In den CC-Blätter 3/96 macht sich Fritz Hippler "Gedanken auf dem Wege in die Neunzig".

Hippler, Alter Herr bei Teutonia Heidelberg, ist häufiger in seiner Verbandszeitung, aber auch in Nazipostillen wie der "Nationalzeitung" oder "Nation und Europa" schriftstellerisch tätig. Korporation und Nazigruppen sind für ihn seit langer Zeit gleichzeitiges Betätigungsfeld, war er doch bereits Anfang der 30er Jahre zugleich führend im NSDStB (Nationalsozialistischer Deutscher Studentenbund) und in seiner Korporation aktiv. Und damals wie heute ging es ihm um die "Durchsetzung echter Volksgemeinschaft in sozialer Gerechtigkeit", wie er in einem Interview in der "Jungen Freiheit" (JF) 1994 ausführte.

"Mit einiger Rührung lese ich", so Hippler in den CC-Blättern, "in der Landsmannschafterzeitung vom April 1930 meine beschwörenden Worte, sich zum Vaterland nicht nur 'durch einen Salamander, ein Prosit, ein Hurra', zu bekennen, sondern durch 'Kampf Schulter an Schulter mit dem deutschen Arbeitsbruder'": Und vergißt, seine Ausführungen aus der "Deutschen Zukunft. Zentralorgan der nationalsozialistischen Jugend", vom Februar 1932 anzuhängen, nachdem "bei weitem die Mehrheit des jungen Korporationsstudententums sich zum Nationalsozialismus und seinem Führer bekennt. Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil innerlich Vergreister und ein etwas größerer Teil der Altherrenschaften haben diesen Weg noch nicht finden können oder wollen".

Kein Wunder also, daß Nazis und Korporierte die gleiche Sprache benutzen. Die Reibungspunkte zwischen ihnen, die Korporierte gerne als "Widerstand" ausgeben, sind nicht unterschiedlichen politischen Ansichten geschuldet. Unvereinbar mit der nationalsozialistischen Ideologie war allerdings das elitäre Selbstverständnis der Korporationen. Denn der Korporationsstudent wollte 'ein Herr sein und trat als solcher auf'". (Grüttner S. 33*). Oder wie Hippler es im JF-Interview beschreibt: "Hochadel mißverstand 'Volksgemeinschaft' oft als Plebeejertum und wechselte aus dieser Haltung oft in den 'Widerstand'. Wie überhaupt das politische Weltbild, das prominente Köpfe des Widerstandes, z. B. Graf Stauffenberg, damals hatten, vom heute herrschenden Zeitgeist als nazistisch oder faschistisch in Acht und Bann verdammt werden." In dieser Auseinandersetzung hat sich Hippler klar auf die Seite der Nazis gestellt, was ihm in seiner beruflichen Karriere im "Dritten Reich" auch förderlich war. Von 1939 - 1943 war er der "Chef des deutschen Films", wie die JF übertitelt. Das Leute wie er das "Dritte Reich" erst ermöglicht und damit auch die Verantwortung für dessen Taten haben, kommt ihm nicht in den Sinn. Schuld ist der "Führer". Schließlich sei "Volksgemeinschaft zu kollektivem Totalitarismus (verkommen) - dem furchtbaren Instrument in der Hand eines in der Rassenfrage psychopathischen Führers", so Hippler in der JF.

Diese Erklärung soll die Leser gleich mehrfach in die Irre führen. Nicht der Führer wird abgelehnt, "nur" seine Aktivitäten in der "Rassenfrage", was ganz nebenbei unterschiebt, es gebe eine Rassenfrage. "'Juden unter Fremdenrecht zu stellen' befürworteten selbst prominente Widerstandskämpfer; und nicht der fanatischste Nazi witterte darin einen Appell oder gar den Vorsatz zum Judenmord". Keiner hat was gewust und niemand hat es gewollt. Für Hippler ist das Konstrukt der "Juden als Rasse" noch heute, so scheint es, real. Da der Führer als "Psychopath" gehandelt hat, ist er auch nicht schuld am millionenfachen Morden, sondern schlicht "krank" gewesen.

Am Ende kommt das alte Lied zum Vorschein, das da lautet: "Die Juden sind am Holocaust selber schuld". Was aber empfielt der Alte Herr nun seinen Jüngeren in den CC-Blättern? Hier spult er die alte Leier von der Intoleranz ab, die ihm und seinesgleichen immer entgegenschlage, die nicht bereit wäre, bestimmte Meinungen zu akzeptieren. Er dagegen habe als "'Rechter' zeit meines Lebens oft und gern mit 'Linken' gestritten und dabei manch lang währende Freundschaft geschlossen". "In besonders deutlicher Weise äußert sich ihre Intoleranz, wenn es darum geht, deutsche Geschichte zu betrachten und zu werten." Nun, die "Linken" haben teilweise mit "Rechten", wie Hippler, Anfang der 30er Jahre diskutiert. Die "Diskussion" wurde von den Nazis, und dazu hat Hippler immer gehört, mit Konzentrationslagerhaft, Folter und Mord nach dem Januar 1933 beendet.

Wenn er auch den "deutschen Arbeitsbruder" beschwört, der linke, vaterlandslose Geselle gehört für Hippler sicher nicht dazu. Hipplers "Linke" sind Phantome, Hipplers Empfehlung zur Neubewertung deutscher Geschichte, so zeigt nicht zuletzt die "Goldhagen"-Debatte, leider nicht. Und der CC? Der wird sich sicher weiterhin daran ergötzen, welch hohes "künstlerisches Niveau der deutsche Film der damaligen Zeit" durch Hippler erreicht habe. Propagandafilme wie Ohm Krüger, Bismarck oder Quax, der Bruchpilot, erhob sein Bundesbruder Dr. Willy Pfaff in seiner Laudatio auf Hippler zum 80. Geburtstag zu Klassiker in den CC-Blätter. Für den CC scheint Hippler immer noch ein Vorbild für junge Verbandsbrüder abzugeben. Wie lange eigentlich noch?

Peter AR

*Nach Grüttner, Michael: Studenten im Dritten Reich, Paderborn 1995

Wahlnachlese

Zur Kommunalwahl in Osnabrück im letzten September trat erstmals der "Bund Freier Bürger" (BFB), die deutsche Ausgabe der rechtsextremistischen österreichischen FPÖ von Jörg Haider, an. Die Wahlkandidaten gehörten zum größten Teil der untergegangenen Uni-Liste "Schluß-Jetzt" an, welche wiederum durch die Burschenschaft Arkadia Mittweida und die Landsmannschaft Marchia Berlin personell und ideell getragen wurde. AR sah sich daher veranlaßt, der BFB-Kandidatur eine "Burschen-Raus" Extraausgabe zu widmen.

Unsere wackeren Burschen und BFB'ler in Personalunion sahen sich veranlaßt, eine "Gegendarstellung" auf den Markt, in diesem Fall auf die Mensatische zu werfen. Die Gegendarstellung versuchte erst gar nicht, unsere Veröffentlichung zu widerlegen. stattdessen jede Menge Unterstellungen, die nicht belegt wurden. Wir hätten "Behauptungen wider besseres Wissen aufgestellt", "Tatsachen verfälscht", bedienten uns durch "gezielter Verleumdung slebst faschistischer Mittel" usw.. Und dann kommt es ganz dicke. Nach der namentlichen Erwähnung der HerausgeberIn von Burschen Raus findet sich folgende Beschreibung: "Beide Studenten seit mehr als 10 Jahren. Ihr Lebensinhalt besteht nurmehr darin, das Korporationsstudententum gezielt zu diffamieren. Hierfür erhalten sie öffentliche Gelder." Kann es eine vernichtendere Kritik geben? DauerstudentInnen, die mit dem lieben langen Tag nichts anzufangen wissen, als arme und rechtschaffende Korporierte zu ärgern. Die statt eines Studienabschlusses liebe eine Ausgabe von Burschen Raus erstellen, noch dazu mit öffentlichen Geldern. In den Augen dieser gestandenen Mannsbilder sicher nicht, auch wenn bis auf die Tatsache, das der Druck von Burschen Raus vom STuPa finanziell unterstützt wird, nichts an den Behauptungen der Wahrheit entspricht. Schlichtweg alles zusammengedichtet, oder, in der deftigeren Sprache unserer Herren, erstunken und erlogen.

Eine weitere Stilblüte aus der Gegendarstellung. "Wer, wie die Vereinigung Anarcho Randalia, Menschen aufgrund ihrer Angehörigkeit zu irgendeinem Verein oder vielleicht aufgrund ihrer Religion, Hautfarbe oder ihres Geschlecht diffamiert, hat bei uns nichts zu suchen." Was soll das, liebe Herren Burschen? Um die Mitgliedschaft bei euch hat sich ein AR'ler nie beworben. Darum kann es euch in diesem Satz anscheinend nicht gehen. Mit "uns" meint ihr anscheinend nicht euren Verein, sondern in alter deutsch-völkischer Manier "die Deutschen" schlechthin. Bei denen haben wir nach eurer werten Meinung wohl nichts mehr zu suchen. Der kleine Schlenker mit der Religion, Hautfarbe und Geschlecht, den entkräftet ihr sogleich durch ein gezieltes "vielleicht".

Ja, vielleicht ist Euer Bundesbruder und SS-Führer Heinrich Himmler in der Hölle, wenn es so etwas wie Gerechtigkeit im Jenseits gibt, wir wissen es nicht. Gell, jetzt merkt selbst ihr es, was ihr da so von euch gibt, ist pure Demagogie, und der Demagoge hat halt immer recht, Tatsachen haben ihn noch nie interessiert. Da können wir es uns nicht verkneifen, Euch und der Öffentlichkeit ein wahres Meisterstück an Demagogie von eurer Seite an dieser Stelle zu dokumentieren. Es handelt sich um einen Leserbrief eures Bundesvorstandsmitgliedes und Alten Herrn von Arkadia Mittweida, Eberhard Frohnecke, in der Aula. Wenn das kein Sozialneid ist, der da geschürt wird, wenn da nicht Menschen aufgrund ihrer Herkunft diffamiert werden, was ist die Schmiererei dann?

Wie hattet ihr doch getextet? "Insoweit deren Falschmeldungen von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sind, ist dies auch ihr gutes Recht. So soll es auch bleiben." Damit war wohl kaum Anarcho Randalia gemeint, gell? Das galt wohl mehr euren Stammtisch-Parolen-Politikern.

Darauf einen Salamander, falls gerade einer zur Hand ist.