Editorial
Rechte Resultate
Antifa Infoblatt #84 Editorial Liebe Antifas, Freundinnen und Genossinnen, liebe LeserInnen! Gerade an uns geht das »Superwahljahr 2009« natürlich nicht spurlos vorbei. So gibt unser Titelthema diesmal einen genaueren Einblick in die Europawahl, die Landtagswahl in Sachsen sowie die Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Die extreme Rechte ist mit viel Elan in die Wahlkampfphase gestartet und konnte, z.T. leider nicht mehr überraschend, regionale Erfolge feiern. In Sachsen gelang der NPD das erste Mal in ihrer Geschichte der Wiedereinzug in ein Landesparlament. Auch in Thüringen konnte sie mit 4,3 Prozent ein deutlich besseres Wahlergebnis einfahren als noch bei der letzten Wahl, den befürchteten Einzug in den Landtag schaffte die NPD so aber nicht. Und nicht nur dieses Ergebnis zeigt, dass die älteste neonazistische Partei in Deutschland trotz aller internen Machtkämpfe und der noch immer anhaltenden Finanzprobleme in der Lage ist, WählerInnenstimmen an sich zu binden. Auch die Auflösung des sogenannten "Deutschlandpakts" zwischen NPD und DVU hinterließ bei ersterer kaum feststellbare Spuren. Die DVU, welche nicht nur unter einem neuen Vorsitzenden, sondern auch modernisierter in die Wahlkämpfe geht, hat es da schon schwerer. Wie sich dieser Bruch tatsächlich auf beide Parteien auswirkt, beleuchten wir im Artikel »Bruderkampf aufgeflammt«. In Köln wählten 5,4 % – in Stimmen 19.968 – die rechtspopulistische Wählergemeinschaft PRO Köln und damit bewusst rassistisch, bei einer geringfügig höheren allgemeinen Wahlbeteiligung. Diese Ergebnisse erreichte die Truppe um Markus Beisicht trotz intensiver Aufklärungsarbeit von AntifaschistInnen und der lokalen Presse. In anderen Kommunen in NRW konnte die selbsternannte Bürgerbewegung nicht so abräumen.
 
Gewalt in Kiel, Waffenfunde bei Neonazis in Göttingen und Strukturveränderungen der Neonazi-Szene in Hamburg werden im NS-Ressort beleuchtet. Den Möglichkeiten gegen Neonazis aktiv zu werden sind keine Grenzen, auch keine virtuellen, gesetzt. Die Internet-Zocker von »Antifa Gaming« stellen ihr Projekt vor. Anhand des Blogs oireszene. wordpress.com wird gezeigt, wie sich in subkulturellen Zusammenhängen mit dem Thema extreme Rechte auseinandergesetzt werden sollte. Das Projekt findet hoffentlich NachahmerInnen und geht dann über die OI- und Skinheadszene hinaus.
 
Die in der letzten Ausgabe veröffentlichte Einschätzung des bundesweiten Antifa-Bündnisses »No Pasaran« zu den diesjährigen Protesten gegen den jährlichen Neonazi-Aufmarsch in Dresden hat den Vorbereitungskreis »Keine Versöhnung mit Deutschland«, der sich ebenfalls seit Jahren mit der Organisierung antifaschistischer Gegenproteste beschäftigt, motiviert eine Antwort zu schreiben und gleichzeitg weitergehende Kritik am geschichtsrevisionistischen Spektakel in Dresden einzufordern. Wir hoffen ihr könnt euch ein umfangreiches Bild der Diskussion machen und selbige in den eigenen Strukturen fortsetzen.
 
Leider haben wir auch in dieser Ausgabe wieder ein Opfer eines rassistisch motivierten Mordes zu betrauern. Marwa El-Sherbini wurde in einem Dresdner Gericht von einem rechten Täter erstochen. Selbst nach so einem dramatischen Ereignis fielen die Reaktionen der Antifa-Szene gering aus und auch die Medien bedienten sich in ihrer Berichterstattung lieber rassistischer Klischess. Dies setzt sich seit Monaten fort und in aller Widerlichkeit durften wir diese Hetze über Wochen in allen Zeitungen nachlesen, als nicht etwa die Verfolgung, Ausgrenzung und Ermordung von Roma thematisiert wurde, sondern sie als »kriminelle Sozialschmarotzer« stigmatisiert werden sollten. Berichte über das Kirchenasyl für IrakerInnen in Dänemark und eine Situationsbeschreibung Asylsuchender in und um Leipzig zeigen eine andere Realität auf.
 
Doch es gibt auch gute Neuigkeiten zu berichten. Wir freuen uns über den juristischen Sieg der Antifazeitschrift Lotta gegen den Verfassungsschutz NRW vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf. Da mittlerweile auch das Oberverwaltungsgericht diese Entscheidung bestätigt hat, ist es dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz untersagt, die Lotta in seinem Jahresbericht 2008 als linksextremistische Publikation zu nennen. Wir gratulieren den GenossInnen aus NRW zu diesem erfolgreichen Versuch, staatliche Anti-Antifa-Bestrebungen ins Leere laufen zu lassen!
 
Berichtigung
 
Der in der letzten AIB-Ausgabe im Artikel »Berliner RechtsRock Szene...« genannte Angeklagte im Prozess gegen die Neonaziband »Deutsch Stolz Treue« heisst zutreffend Steffen Penschow (nicht Petschkow bzw. Penscho).