Editorial
Sonderheft:
Erinnerungskultur in Deutschland
Antifa Infoblatt #67 Editorial Liebe Antifas, Freundinnen und Genossinnen, liebe LeserInnen! Zum 60. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus erscheint das Antifaschistische Infoblatt mit einer Ausgabe, die sich ausschließlich dem Thema Erinnerungspolitik in Deutschland zuwendet.
 
Seit den ersten Ausgaben unseres Blattes, Ende der 80er Jahre, wandten wir uns neben der Analyse aktueller Entwicklungen der extremen Rechten immer wieder der Geschichte des Nationalsozialismus und seiner faschistischen Nebenströmungen zu. Unser Bezugspunkt für die heutige antifaschistische Arbeit und den Kampf gegen Rechtsextremismus war und ist dabei die kritische Reflektion der antifaschistischen Traditionen der sozialdemokratischen und revolutionären Arbeiter/innenbewegung ebenso, wie die des bürgerlichen Antifaschismus. Dank der kritisch-solidarischen, politisch nicht immer konfliktfreien, Begleitung unserer Arbeit durch antifaschistische Widerstandskämpfer/ innen und Überlebende der NS-Herrschaft, sind wir um viele weitergegebene Erfahrungen und Einsichten reicher. Die Authentizität ihrer Zeitzeugenschaft ist nicht zu ersetzen. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Gespräche zwischen Widerstandskämpfer/innen und jüngeren antifaschistischen Aktivist/innen, auch aus unserer Redaktion. Hieraus ist das Interview mit Peter Gingold entstanden, dessen Gesprächsfaden wir gerne aufnehmen wollen. Neben einem Einleitungstext, der die Position der Redaktion wiedergibt, baten wir Autor/innen aus Wissenschaft, geschichtspolitischen Initiativen und Journalisten unterschiedliche Aspekte der deutschen Erinnerungspolitik zu beleuchten.
 
Diese Ausgabe stellt im Supergedenkjahr vergangenheitspolitische Positionen zur Diskussion, die sich einer Nivellierung der Opfer der NS-Vernichtungspolitik im Zuge geschichtspolitischer, deutscher Selbstvergewisserung widersetzen. In Zeiten eines aktualisierten deutschen Opferdiskurses, offener Bezugnahme rechtsextremer Gruppen auf den Nationalsozialismus und der machtpragmatischen Indienstnahme der NS-Vergangenheit durch Rot- Grün, will das Heft dazu anregen, bisherige vergangenheitspolitische Positionen und Praxen zu prüfen und nach Wegen politischer Intervention in erinnerungspolitische Diskurse zu suchen.
 
Für die Unterstützung bei der Herausgabe des Heftes danken wir unseren Autor/innen für Ihre Mitarbeit, zahlreichen Diskussionspartner/innen für kritische Anmerkungen und der Rosa Luxemburg Stiftung und Netzwerk e.V. Berlin für die finanzielle Unterstützung des Projekts.
 
P.S. Die Redaktion steht für Veranstaltungen unter dem Titel »Die Zukunft der Vergangenheit – Rück- und Ausblicke auf deutsche Erinnerungspolitik« zur Verfügung.