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Stolpersteinverlegung vor der Rote Flora für Johann „Rukeli“ Trollmann

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2009-05-20

Am 24.05.2009 wird auf Initiative des Boxclubs Hanseat Hamburg gemeinsam mit Angehörigen ein Stolperstein für Johann „Rukeli“ Trollmann vor dem Portal der Roten Flora verlegt.

Johann Trollmann galt Anfang der 30er Jahre als einer der besten deutschen Boxer und hat mehrfach, zuletzt im November 1933, auch im historischen Flora-Theater, Profikämpfe bestritten. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme bekam der aus einer Hannoveraner Sinti-Familie stammende Trollmann die wachsende Diskriminierung und Ächtung im gleichgeschalteten Deutschland zu spüren. So wurde ihm auf Betreiben von Boxsportfunktionären im Juni 1933 trotz eines Sieges nicht der Titel eines Deutschen Meister zuerkannt. Wegen des sich weiter verschlechternden Klimas im nationalsozialistischen Deutschland musste Johann Trollmann schließlich seine Boxkarriere aufgeben.
Nach dem Inkrafttreten der sogenannten „Rassegesetze“ war Trollmann später gezwungen, sich einer Zwangssterilisation zu unterziehen. Schließlich wurde er im Zusammenhang mit der systematischen Erfassung und Deportation auch von Roma und Sinti ab 1940 im Jahre 1942 in das KZ Neuengamme verschleppt, wo Johann Trollmann 1944 ermordet wurde.

Wir sehen in der Stolpersteinverlegung nicht nur eine Würdigung des Boxers Johann Trollmann, sondern auch in der Erinnerung an sein erlittenes Schicksal eine zumindest symbolische Form der „Rehabilitierung“ in der Öffentlichkeit, indem Johann Trollmann nicht zu den vergessenen Opfern des NS-Faschismus gehört. Seine Biographie steht stellvertretend für das Unrecht der Verfolgung und Ermordung von Roma und Sinti während des NS-Faschismus. Mindestens 500.000 Roma und Sinit sind dem systematischen Morden der deutschen Täter zum Opfer gefallen, doch ihnen ist wie den traumatisierten Überlebenden erst sehr spät und damit wenn überhaupt zu spät Gerechtigkeit durch die Anerkennung der Verbrechen widerfahren.

Aus diesem Grund erinnert die Stolpersteinverlegung für Johann Trollmann ebenso daran, dass die Verfolgung und systematische Ermordung u.a. in den deutschen Vernichtungslagern nicht nur jahrzehntelang im Nachkriegsdeutschland verleugnet wurde, sondern im Gegenteil bis Anfang der 80er Jahre in der Bundesrepublik zynisch als überwiegend notwendige kriminalpolizeiliche Maßnahmen gerechtfertigt wurde. Diskriminierende Gerichtsurteile, die den Überlebenden die Anerkennung als Verfolgte des NS-Faschismus verweigerten und polizeiliche Sonderdateien sind die beschämenden Zeugnisse dafür.
Doch noch immer sind Diskriminierung und die Verfolgung von Roma und Sinit in Europa gegenwärtig. Deshalb ist die Stolpersteinverlegung für Johann Trollmann nicht nur eine Erinnerung an vergangenes Unrecht, sondern zugleich Erinnerung daran, dass wir auch gegenwärtig allen Formen von Diskriminierung, Unrecht und Verfolgung entgegentreten müssen.

Plenum der Roten Flora, Mai 2009