EINE ZEUGIN, DIE DIE INTERNEN PROBLEME VON ANFANG AN MITERLEBT HAT

Die einseitige Darstellung der internen Probleme durch Karatas-Anhänger nach dem 13. September gegenüber den GenossInnen in den Gefängnissen in der Türkei, vor allem in Istanbul, und bei der gesamten legalen Plattform, hat dazu geführt, daß die DK-Anschauung verbreitet wurde. Dies ist eine Selbstkritik einer Person, die eine derjenigen war, die die legale Plattform und die Gefangenen durch einseitige Berichterstattung beeinflußten und eine Block-Haltung gegen die Kritik aufbauten. Bei der Beurteilung der Entwicklung hat sie gesehen, daß die Anschauung, die sie vertrat, nicht die Anschauung von Devrimci Sol ist ...

ERKLÄRUNG FÜR MEIN VOLK UND MEINE BEWEGUNG
Die Gründe für die Änderung meiner Haltung gegenüber den Problemen innerhalb unserer Bewegung, im Vergleich zu meiner Position zu Beginn dieser Phase, liegen darin, daß ich die Entwicklungen miterlebte und meine Haltung überprüfte. Natürlich kann man zu diesem Zeitpunkt eine veränderte Haltung nicht mit einem einzigen "Vorfall" oder "Grund" erklären. Dies ist das Ergebnis der Entwicklung dieser ganzen Phase.

Wenn man heute zurückblickt, kann meine Verantwortung für die Verhinderung einer gesunden, offenen Diskussion und Analyse, für das Transparentmachen der Beziehungen, für die schweren Schläge für unsere Bewegung, nicht als schuldlos dargestellt werden, egal aus welchem "Motiv", ob ich "für unseren Führer" oder "für die Bewegung" handelte. Wahr ist, daß ich die Lösung der Probleme unserer Organisation nicht mit dem Verantwortungsbewußtsein eines Devrimci Sol Kaders habe angehen können. Wenn es möglich wäre, mit einem kurzen, stichwortartigen Schreiben, wie es einige andere getan haben, mich bei meinem Volk und meiner Bewegung zu entschuldigen, wenn es so möglich wäre, die Last von mir abzuladen, wenn es möglich wäre, somit alles vergessen zu machen, hätte ich mich schon tausendmal entschuldigt. Sich zu entschuldigen reicht aber leider nicht aus. So eine Erklärung kann nur zusammen mit einer Praxis gegeben werden, und ich werde hierfür meine ganze Kraft einsetzen. Kein Preis wird mir zu hoch sein, aber ich glaube, daß ich angefangen habe, den Preis zu zahlen. Die Geschichte ist hierfür Zeugin.

In diesem Zusammenhang hat diese Erklärung nicht den Zweck, mich ins Reine zu bringen, sondern es gibt zu diesem Zeitpunkt die Notwendigkeit, meine Erlebnisse in dieser Phase offenzulegen. Anfang Januar - es könnte auch im Dezember gewesen sein - ist ein Freund, der ein Verantwortlicher in der Demokratischen Plattform ist, über einen nicht sehr zuverlässigen Kanal zum Telefon gerufen worden. Der Anrufer war Malik. Der Freund hat mir diese Situation geschildert. Ich wußte nicht, was Malik in letzter Zeit tat. Ich dachte, er wäre ins Ausland gebracht worden, damit er sich dort erholt. Nachdem der Freund mir die Situation geschildert hat, haben wir überlegt, daß irgendwas schiefgegangen sein könnte und haben gezögert, ans Telefon zu gehen. Wir haben dann beschlossen, nicht ans Telefon zu gehen und die Bewegung über diesen Vorfall zu informieren. Die Freunde haben uns erklärt, daß es einige Probleme innerhalb der Bewegung gibt, diese aber im eigenen Mechanismus gelöst und dann erklärt werden. Sie haben uns gesagt, daß wir über dieses Problem mit niemand sprechen, und im Falle einer unverantwortlichen Umgehensweise von anderen eingreifen sollten. Wir konnten noch nicht einmal verstehen, ob die Antwort von den Freunden überhaupt einen Zusammenhang mit Maliks Anruf hatte. Wir haben uns nur damit begnügt, zu sagen, daß unsere Menschen die Parteibildung erwarten, und daß Probleme in dieser Situation viel Schaden anrichten können, und daß wir hoffen, daß die Probleme auf alle Fälle gelöst werden.

Nach einer kurzen Zeit ist der Freund auf dem selben Weg ans Telefon gerufen worden. Wir haben erfahren, daß der Anrufer Dursun Karatas (DK) war, der über Malik anrief. Der verantwortliche Freund hatte die Bewegung informiert und hatte kurz zusammengefaßt die folgende Antwort erhalten: Wir erleben einige Probleme auf zentraler Ebene. Wir werden die Probleme untereinander lösen. Geht nicht ans Telefon, und wenn ihr unbedingt ans Telefon wollt, sagt, daß ihr es nicht richtig findet, diesen Weg zu gehen, und daß die Probleme im eigenen Mechanismus gelöst werden müssen". Wir haben darüber nachgedacht und kamen zu folgendem Ergebnis: 'Wenn der Anrufer DK ist, dann ist es wichtig zuerst ihm zuzuhören. Wenn wirklich DK am Telefon ist, dann ist es nicht möglich, ihm vom 'eigenen Mechanismus' zu erzählen. Wenn er uns anruft, dann kann es sein, daß er uns nicht über die eigenen Mechanismen erreichen kann". Der Freund ist dann zum Telefon gegangen...

Ich glaube, daß es am selben Tag war, daß, soweit ich weiß, 5-6 aus der demokratischen Plattform handschriftliche Schreiben von DK bekommen haben. In diesen Schreiben stand zusammengefaßt, daß es in unserer Bewegung einen Putsch gegeben hat, daß wir als Kader vor einer historischen Aufgabe ständen, und daß wir den Putsch nicht als rechtmäßig ansehen dürften. Ohne jegliches Zögern habe ich am gleichen Tag eine schriftliche Antwort geschickt. Ich habe erklärt, daß ich den Putsch nicht als rechtmäßig ansehe, daß ich DK als Führer anerkenne, daß ich meine Beziehungen zu den Putschisten einfriere, daß ich deren Anweisungen nicht befolgen und niemand anderen weiterleiten werde und, daß ich Anweisungen von DK erwarte, wie und in welcher Form wir dieses Problem den Kadern erklären sollen. Den Freunden habe ich dann erklärt, daß ich ihr Verhalten nicht als rechtmäßig ansehe, und daß sie die Leitung der Bewegung sofort DK übergeben müssen. Ich habe gesagt, daß ich sie nicht einfach verurteile, aber daß ich nicht die Haltung einnehmen werde, den Putsch als rechtmäßig zu erklären, und daß ich erwarte, daß sie ihre Gründe offenlegen. Weiterhin habe ich gesagt, daß ich, egal aus welcher Position sie gehandelt haben, den Putsch nicht als rechtmäßig ansehe, und daß ich meine Beziehungen zu ihnen einfriere. Die Freunde haben immer wieder folgendes gesagt: "Wir verstehen eure Reaktion, wir wollten so auch nicht handeln, waren aber dazu gezwungen. Wir waren diejenigen, die die Probleme aus nächster Nähe sehen konnten, wir mußten eingreifen. Bitte laßt uns eine Chance. Wenn ihr wollt, macht in euren Beziehungen mit DK weiter, aber brecht nicht eure Beziehungen zu uns ab".

In der demokratischen Plattform gab es sehr schnell eine Block-Haltung. Ich habe versucht, DK zu erklären, daß ich überzeugt davon bin, daß alle Devrimci Sol Kader die selbe Haltung einnehmen werden, daß es eine Möglichkeit gibt, das Problem zu lösen, ohne es zu verbreitern, und daß es schädlich wäre, während unsere Menschen eine Parteibildung erwarten, sie mit solchen Problemen zu konfrontieren. DK war in Panik. Er sagte, daß wir nicht glauben sollten, was die Putschisten erzählten, daß sie die Bewegung spalten wollten, daß sie die Probleme sehr schnell allen erzählten und sie beeinflußten, und daß es wichtig sei, das Problem den Kadern zu eröffnen und schriftliche Antworten zu fordern. Er erzählte, daß er die Kader nicht erreichen kann, und daß die Putschisten die Kader lenkten und er Telefonanrufe von diesen bekomme. Währenddessen hatten wir schon längst die Erklärungen mit den Titeln " Schwarzer Humor" und "Tagebuch vom Verdrecktwerden" zugeschickt bekommen und gelesen. Einige Tage später kam das 306-seitige Schreiben.

Auch wenn ich so konditioniert war, hat mich dieses Schreiben erschüttert, und ich habe angefangen mir um die Bewegung Sorgen zu machen. In den selben Tagen hat das Schreiben mit dem Titel "Bestätigung" mich ganz und gar verwirrt. Wir hatten noch keine Erklärung erhalten, worum es bei den Problemen ging. Warum wurde eine Bestätigung eingefordert? Wollten sie etwas zudecken? Zu dem verantwortlichen Freund habe ich gesagt, daß ich momentan sehr verwirrt bin, und daß ich in dieser Situation eine Bestätigung nicht richtig fände, daß ich gerade mit den Menschen sprechen wollte, die die Situation nach 1989 miterlebt haben, und daß ich dies DK mitteilen werde. Obwohl der Freund mir erklärt hat, daß es nicht nötig sei, das Schreiben "Bestätigung" sofort zu beantworten, und daß ich noch nicht einmal meine Zweifel DK erzählen müßte, habe ich gesagt, daß ich mich ansonsten wie eine Betrügerin fühlen wurde, und habe am gleichen Tag DK geschrieben. Meine psychische Situation war sehr schwierig. In meiner Lage wäre eine Verbindung zu den "Putschisten" wie ein "Doppelspiel" gewesen. So habe ich aufgehört, mit den Freunden zu telefonieren. Ich wollte mit den Devrimci Sol Kadern in den Knästen diskutieren, die die Situation 1989 mitbekommen haben. Die ersten beiden, die ich besuchte, waren Necdet und Aydin. Obwohl ihre Haltung bei der Polizei nicht richtig war, war ich überzeugt davon, daß sie angesichts dieser Probleme für die Bewegung eintreten würden. Für den Fall, daß auch sie die Putschisten verteidigen würden, wollte ich mit einem anderen Freund in einem anderen Knast diskutieren.

Die Reaktion von Necdet und Aydin war sehr klar und extrem. 'Verrat' ... Nach anfänglichem Erstaunen habe ich angefangen, die Vorwürfe aufzuzählen. Das Funktionieren des ZK's, Niyazi, Sinan usw... Ihre Antworten waren sehr deutlich und bestimmt. "Lügen, Lügen, Lügen". Das ZK funktioniere, es gäbe ein kollektives Verhalten untereinander, aber DK könne so viel mehr, daß gemacht würde, was er sage, DK sei zwar nervös, aber er würde nicht grundlos schimpfen, er könne Leute ausbilden, diese Männer könnten das nicht, die wurden die Bewegung zugrunde richten, sie seien nicht fähig, vor lauter Gier könnten sie nichts mehr sehen usw... Der wichtigste Punkt für mich war "diese Männer können das nicht, sie werden die Bewegung zugrunde richten ". Diese Sorge hat alles bestimmt. Ich habe gedacht, daß ich eine Haltung gegen diejenigen einnehmen muß, die für ihre eigene Karriere die Bewegung in eine Katastrophe führen würden, und so hat eine Diskussion über die "Persönlichkeit der Putschisten" begonnen. Alle Vorwürfe waren anscheinend darauf gerichtet, innerhalb der Bewegung Mißtrauen zu streuen und aus der geschaffenen Situation Vorteile zu erlangen. Wir konnten alles diskutieren, konnten alle unsere Probleme lösen, wir mußten uns aber dagegen stellen, daß unsere Probleme für die persönliche Gier von Einigen verkehrt weitergegeben wurden. Alles, was geschrieben und diskutiert wurde, hatte so mich verwirrt. Deshalb mußte zuerst aufgezeigt werden, daß auf diese Menschen kein Verlaß war. In diesem Rahmen bin ich Teil der "Persönlichkeitsverfall-Kampagne" geworden. "ALLES, aber auch alles war für unsere Zukunft, unsere Einheit und unseren Sieg". Wir haben angefangen, über die Persönlichkeit, die Interessen und die Nichtvertrauenswürdigkeit der "Putschisten" zu diskutieren. Drei verwestlichte Komplotte schmiedende Verräter führten unsere Bewegung für ihre persönlichen Interessen in den Abgrund. Um dem entgegenzuwirken, war alles berechtigt. Schritt für Schritt haben wir diesen Gedanken verfestigt, in uns sind Keime des Hasses eingepflanzt worden, wir waren aufgehetzt. Die Rechtmäßigkeit, die Probleme mit Gewalt zu lösen, wurde immer mehr akzeptiert. Eigentlich zielte dies gegen die "Verräter", aber mit der Zeit entwickelte sich diese Richtung auch gegen andere als die drei "Putschisten". Es wurde gegen alle UnterstützerInnen der "Putschisten" gehetzt. Mit der Zeit wurde vertreten, daß es ein Fehler und eine Gefahr sei, keine Partei zu ergreifen, es wurde deklariert, daß die Putschisten sich schämen müßten. Es sei nicht nachvollziehbar, warum einige Freunde keine Partei ergriffen hätten. Niemand sei gegen eine Diskussion, aber keine Partei zu ergreifen bedeutete gleichzeitig, daß man den Putsch als Mittel akzeptiere usw... Wir waren so sehr konditioniert, daß, wenn wir von den Illegalen kritisiert wurden, daß wir einen Fehler begehen, wenn wir vom legalen Rahmen in den illegalen eingreifen, wir überzeugt waren, daß diese Kritiker eigentlich den Fehler machen. Wir dachten tatsächlich, daß alles, was wir im Namen der Führung machten, rechtmäßig sei, und daß die unerwünschten Folgen dieser Handlungen die Schuld der Putschisten seien. Überall, wo wir hingingen, eröffneten wir das Problem damit, daß es um Verrat ginge, und sagten, daß alle Kader dies so dächten. Dies sagten wir, obwohl wir nicht alle Kader informiert hatten. So sehr waren wir überzeugt, daß alle die Situation so einschätzen würden, daß es um Verrat ginge.

Bei unseren Erklärungen war dies eigentlich auch kein Wunder. Unsere Menschen nahmen, ohne nach den Gründen zu fragen, unsere Haltung an. Alles wurde nach dem Motto "Vertrauen" geformt. Das Vertrauen in die Organisation wurde gleichgesetzt mit dem Vertrauen in den Führer. Wenn ich das im nachhinein beurteilen soll, war dies natürlich auch das Ergebnis der kulturellen Entwicklung unserer Menschen. Bis zum heutigen Tag war es so leicht möglich, die revolutionäre Vergangenheit von Menschen über Bord zu werfen und sie zu Feiglingen zu erklären. Es gilt im allgemeinen nicht als sehr erstaunlich, wenn Leute aufhören zu kämpfen. Dies wird mit Kleinbürgertum und Feigheit erklärt. Auch in unserer Organisation gab es solche Erklärungen in den letzten zwei, drei Jahren. Und ich als eine Person, die in dieser Bewegung geformt wurde, habe natürlich meinen Teil von dieser Kultur abbekommen. Alles Erlebte hinterließ in meinem Bewußtsein Spuren. Aber es mußte viel passieren, bis sich diese Spuren aneinanderreihten und ich dann meine Haltung veränderte. Mein Glauben darin, daß wir es schaffen würden, die innerorganisatorischen Probleme zu lösen, war unerschütterlich. Ich glaube immer noch fest daran, aber die Entwicklung hat mich dazu gebracht, meine Haltung zu überprüfen. Ich habe gemerkt, daß meine Haltung dazu geführt hat, daß die Lösungswege immer schwieriger wurden.

Als es darum ging, den Kadern in den Knästen die Probleme zu erklären, hieß es, daß es nicht nötig sei, daß wir dabei sehr objektiv berichten. Bevor sie das 306-seitige Schreiben bekommen haben, hatten wir ihnen so viele andere Informationen gegeben, daß sie, bevor sie dies gelesen hatten, die Putschisten schriftlich verurteilten. Ich war dabei sehr hin- und hergerissen, aber "die Interessen der Bewegung" forderten dies!

Als immer wieder gesagt wurde, daß die Putschisten uns spalten wollten und eine Kaderversammlung einfordern, um die Sache für sich zu drehen, habe ich gedacht, daß die Rechnung der Putschisten so doch nicht aufgehen kann, wo doch alle Kader auf unserer Seite sind. Als die Unterschriften von nichtexistierenden Komitees benutzt wurden, habe ich den Einwand geäußert, daß wir in diesem Bereich doch gar keine legalen Kader haben, und daß sie Unterschriften von Illegalen fälschen. Daraufhin wurde gesagt, daß wir dort sofort Komitees schaffen müssen, weil es für die Vereinbarung wichtig sein wird.

Ich habe nicht verstanden, wie wir aus nichtexistierenden Kadern Komitees schaffen sollten. Ich habe auch nicht verstanden, was wir bei der Versammlung vereinbaren sollten. Als gesagt wurde, daß die Putschisten dabei seien, eine von uns getrennte Organisationsstruktur aufbauen, und daß wir dies auch sehr schnell machen müßten, war ich überzeugt davon, daß wir noch nicht alles probiert hatten, um eine Trennung zu verhindern, und spürte eine tiefe Trauer über die Trennung. Als ein Freund aus der Stadtteilarbeit einen anderen mit dem Vorwurf zusammenschlug, dieser würde die Putschisten unterstützen, habe ich ihn kritisiert und diesen Vorfall bei der Führung gemeldet. Die Antwort war schockierend: es wurde gesagt, daß der Freund nicht schlecht gehandelt habe und daß wir uns dazu zwar nicht öffentlich bekennen müssen, aber daß wir uns über solche Mittel Gedanken machen sollten, daß es möglich sei, daß einige von uns Leute schlagen und daß die anderen die Vermittlerrolle übernehmen können. Ich habe versucht, diese Antwort zu verdrängen. Ich glaubte daran, daß wir auf der Kaderversammlung unsere Probleme lösen würden, "Die Interessen der Bewegung" forderten die aktuelle Umgehensweise mit der Situation. Die Verantwortlichen für die Verwüstungen waren schließlich die Putschisten, die aus persönlicher Gier gegen die Bewegung handelten.

Am 3.März 1993 habe ich meine Bestätigung für die Führung abgegeben:
"Ich bin in dieser Bewegung geschaffen worden, aufgewachsen und geformt worden. In meinen Adern fließt Devrimci Sol Blut. Unsere Persönlichkeit ist, uns für unsere Geschichte, unsere Bräuche, unsere Gefallenen und unsere Führung einzusetzen. Wir werden denjenigen nicht verzeihen, die aus persönlicher Gier versuchen, unsere Bewegung zu zerstören. Mit dem Verantwortungsbewußtsein eines Devrimci Sol Kaders gebe ich Euch meine Bestätigung, ihr habt mein Vertrauen und die Verantwortung für die Bewegung. Es lebe Devrimci Sol Es lebe unser Führer DK Es lebe der sozialistische Mensch Alles für unsere Einheit, unsere Zukunft und unseren Sieg!"

Die Gefühle, die ich beim schreiben dieser Bestätigung hatte, fühle ich heute fast genauso. Die ersten zwei Absätze kann ich heute genauso wiederholen. Ich kann auch nicht behaupten, daß ich mir meiner Verantwortung als Devrimci Sol Kader nicht bewußt war. Ich bin schuldig, weil ich die Aufgabe eines Devrimci Sol Kaders nicht erfüllen konnte. Ich bin schuldig, weil ich, obwohl ich meiner Verantwortung bewußt war, meinen Teil dazu beigetragen habe, daß die Situation sich gegen die Interessen der Bewegung entwickelt hat. Und ich kann meine Schuld nicht dadurch vergessen machen, indem ich sage, daß alles für unsere Einheit, unsere Zukunft und unseren Sieg war. Ich hätte viel früher in die Entwicklung eingreifen können, ich hätte viel früher sehen können, zu welchem Ergebnis meine Haltung führen wird. Um all dies zu verstehen, wäre es nicht nötig gewesen, die durchlöcherten Leichen meiner Genossen umarmen zu müssen.

Am Morgen des 7. März tun 7 Uhr 30 habe ich von dem Massaker in der Zeitung gelesen. Um 8 Uhr habe ich DK angerufen, um zu fragen, was wir machen sollen, und ob wir uns dazu verhalten sollen. Es wurde gesagt, daß wir sie als unsere Gefallenen begreifen sollten. Ich war so durcheinander, daß ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ich fühlte nichts anderes als viele Widersprüche im Kopf und eine tiefe Trauer im Herzen. Ich habe zwei Tage lang mit Bedris Mutter geweint. Die sagte immer wieder "Gott sei Dank, er ist von der Polizei ermordet worden und nicht von euch". Als ich bei der Autopsie ihre Leichen gesehen habe, habe ich geweint, als ich ihre schönen und sehr dünn gewordenen Leichen gesehen habe. Es war mir nicht möglich, die Widersprüchlichkeit unseres Handelns zu verdrängen. Vor zwei Tagen verdammten wir sie noch als Verräter und Feinde, heute sagten wir, sie seien unsere Gefallenen, obwohl die Polizei uns nur zuvorgekommen war. Ich sagte mir jetzt, daß es falsch war, sie als Verräter zu deklarieren. Ich dachte an die Aussagen wie "Aufstand der Kleinbürger". Ich sah unsere Menschen, die vor der Autopsie warteten. Ich konnte sehen, wie parteilich sie waren und wie schwer es ihnen fiel, sich vor dem Feind nichts anmerken zu lassen. Ich wußte, daß ich dazu beigetragen hatte, daß sie so parteilich waren.
Später kam eine Erklärung über das Massaker: "Die Ermordeten sind unsere Gefallenen! Die Verantwortung haben die Oligarchie und die Putschisten. Wir werden die Oligarchie zur Rechenschaft ziehen. Wir werden die Putschisten zur Rechenschaft ziehen. Wir werden Süleyman und Hüseyin zur Rechenschaft ziehen. Ab jetzt diskutierte ich nichts mehr. Mechanisch versuchte ich, meine Aufgaben für die Beerdigung zu erfüllen. Als ich fragte, ob wir sie in Karacaahmet beerdigen sollen, haben sie gesagt, daß sie auf einem anderen Friedhof begraben werden sollen.
Ich habe nicht diskutiert. Die Familien wollten sowieso einen näheren Friedhof. Als ich das, was bei der Beerdigung vorgetragen werden sollte, in die Hände bekam, habe ich Gänsehaut bekommen. Der Tenor dessen war ungefähr das, was ich eben in Anführungszeichen geschrieben habe. Ich habe diese Sätze gestrichen und habe gesagt, daß wir bei der Beerdigung "Die Gefallenen der Revolution sind unsterblich" rufen werden. Ich habe alle gewarnt, daß wir uns vor der Polizei nichts anmerken lassen dürften. Die Beerdigung verlief ohne Zwischenfälle. Abends, als ich DK anrief, war seine erste Frage, auf welchem Friedhof wir sie beerdigt hätten, und ob in der Nähe andere Gefallene von uns seien, weil er nicht wollte, daß da andere sind. In den Notizen, die wir am nächsten Tag bekamen, war die Liste der zu bestrafenden von Süleyman und Hüseyin um Asaf erweitert worden. Gleichzeitig wurde erklärt, daß die Vorbereitungen dafür getroffen werden müßten, die acht Menschen festzunehmen, für die Haftbefehle bestanden. Weiterhin wurde geschrieben, daß wir uns darauf vorbereiten müssen, uns zu verteidigen, daß die Putschisten uns für das Massaker verantwortlich machen werden, daß sie uns bestimmt angreifen werden und daß wir ihnen zuvorkommen müßten. Sie wollten Blut ohne Rücksicht auf unsere Trauer über die Ermordung unserer Genossen. Ich war mir sicher, daß in dem Falle, daß die Polizei uns bei den Dreien, deren Köpfe DK wollte, zuvorkommen sollte, wir ihnen als unseren Gefallenen gedenken würden. Dies war nichts anderes als eine Politik jeglicher Verhinderung einer offenen Diskussion, indem sie unter den Parolen "Verrat und Blut" erstickt wurde. Dies war eine Verfestigung der Unterdrückungspolitik, noch bevor das Blut unserer Genossen getrocknet war. Im Rahmen der harten Gesetze des Krieges ist kein Platz für Gefühle. Aber das Erlebte war ohne Moral. Es war nichts anderes mehr als ein schmutziger Krieg, der unter dem Deckmantel "gegen die Putschisten" geführt wurde. In diesem Krieg war jedes Mittel recht. Mittel, die wir nicht einmal in dem Krieg gegen die Oligarchie einsetzen, wurden benutzt. Dies konnte einfach nicht mehr moralisch vertretbar sein. Wenn von Gier die Rede ist, dann nur die Gier DK's, um jeden Preis in der Führung zu bleiben, auch wenn er in diesem Kampf alle unsere Werte, Kultur und Moralvorstellungen mit den Füßen getreten hat. Das, was geschützt werden sollte, waren nicht die Interessen der Bewegung, sondern DK's Stellung. Für diesen Zweck nahm er jede Zerstörung in Kauf.

Die Freude des Feindes, das angekratzte Vertrauen des Volkes in die Revolutionäre, die Zerstörungen in uns waren ihm nicht wichtig. Ich konnte diese Schuld nicht mehr mittragen. Ich habe versucht, die Freunde zu erreichen, und habe sie am 9. März erreicht. Meine Entscheidung habe ich am 10.März erst meiner Gruppe erklärt. An dem Tag meiner Erklärung kam ein FAX mit einer Einladung für die Kaderversammlung für unsere ermordeten Freunde, für Süleyman und Hüseyin an. Auch wenn unsere Freunde seit dem 6. März gefallen waren und wir ihnen diese Einladung nicht mehr geben konnten, war das interessanteste an dieser Einladung, daß Asaf in die Versammlung als Zeuge eingeladen wurde. Dies war deswegen interessant, weil Asaf in einem FAX vom 8. März auf der Liste derjenigen stand, die bestraft -getötet werden sollten. Bis zu dem Tag hatte ich über meine Widersprüche bei der "Bestätigung" (gemeint ist die Treueerklärung für DK; Anmerkung der Red.) mit niemandem besprochen. Ich wollte niemanden dadurch durcheinander bringen. Dies war das Ergebnis der "Die Bewegung Schützen Wollen" Logik. Ich habe die Entwicklungen von Beginn an erzählt. Ich habe die Gründe genannt, warum ich noch nichts zu ihnen gesagt hatte. Ich habe ihnen erzählt, daß auch ich dafür die Verantwortung trage, daß sich die Situation so entwickelt hat. Ich habe gesagt, daß ich - angefangen bei den Knästen - diejenigen erreichen muß, die wir gelenkt und einseitig informiert hatten, und daß ich weiß, wie DK und seine Anhänger darauf reagieren werden, daß ich Spekulationen über mich, Festnahme und jeden anderen Preis in Kauf nehme. Ich kannte die Kultur zu gut. Kein Mensch verändert sich in ein paar Stunden oder über Nacht, bei uns aber ist es beinahe ein Brauch geworden, daß Menschen über Nacht zu Feiglingen und Verrätern erklärt werden. Diejenigen, mit denen wir noch gestern Schulter an Schulter gekämpft haben, heute als Verräter darzustellen und zu behaupten, nur diejenigen würden für die Bewegung eintreten, die dies genauso machen, ist bei uns beinahe Brauch geworden. Die Entwicklung wäre nach meiner Meinung auch nicht anders gelaufen, das konnte ich deutlich sehen. Aber die Bewegung hatte genug Kraft, um diese Kultur zu überwinden. Das wichtigste war, in dieser Bewegung davon wegzukommen, sich schützen zu wollen. Vor den Problemen unserer Bewegung war es nicht wichtig, ob ich als Kleinbürger bezeichnet wurde. Gleichzeitig sind wir die Vertreter einer Kultur, wonach Fehler eingestanden werden können und wir uns selbst gegenüber am härtesten sind. Das ist auch unsere Kultur. Dies, wie auch viele andere unserer Bräuche zu verteidigen und zu entwickeln, wird in Zukunft eine wichtige Aufgabe für uns sein. Sobald ich meine Haltung bekannt gegeben habe, hat ein Freund versucht, mich festzunehmen. Aber sie haben mich nach einer Diskussion freigelassen, weil ihnen ihre Haltung noch nicht einmal in ihren Köpfen als rechtmäßig erschien. Ich habe ihnen auch gesagt, daß ich mir sicher bin, daß, nachdem sie DK informiert haben, er versuchen wird, sie unsere gemeinsamen Erlebnisse vergessen zu lassen. Ich habe aber auch gesagt, daß ich mir sicher bin, daß die Bewegung diese Phase überwinden und dann eine gesündere Diskussion führen wird. Nachmittags habe ich DK informiert und ihm gesagt, daß ich meine Gedanken aufschreiben werde. Die spätere Entwicklung der Phase, in der die Parole "Alles ist rechtmäßig" vertreten und "alles" sehr weit ausgedehnt wird, zeigt mit handfesten Beispielen, daß überhaupt keine Regeln mehr eingehalten werden, dies denkt auch die gesamte Öffentlichkeit. Die Zerstörung, die wir heute erreicht haben, betrifft nicht nur die Interessen unserer Organisation, sondern auch die Interessen der revolutionären Bewegungen in der Türkei. Zur Sicherung von DK's Position wurde nicht nur Devrimci Sol, ihre Bräuche und Werte angegriffen, sondern auch das Vertrauen des Volkes in die Revolutionäre und in die Revolution. Alle unsere Genossen, die in ihrem Herzen eine Liebe für das Volk und den Glauben an die Revolution tragen, und die Seele von Devrimci Sol werden mit der Willenskraft der Organisation diese Phase überwinden und die Wunden heilen.

ES LEBE DEVRIMCI SOL!
ES LEBE DER MARXISMUS-LENINISMUS!
ES LEBE DER SOZIALISTISCE MENSCH!
WIR SIND IM RECHT, WIR WERDEN SIEGEN!