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THEMA: SCHLUSS MIT DEM MILITARISMUS

Horst Bethge

Brandstiftung in den Köpfen

"Mach mit! 777 Preise. Bundeswehrpreisausschreiben 1998." Auf dem bunten Prospekt lockt ein Seemann am Steuerrad eines alten Seglers. Ein Panzer jagt durch den Dreck. Sieben kernige Männer rudern im Wildwasser. Abenteuer. So versucht die Bundeswehr, Jugendliche anzusprechen. Die Preise: je fünf Tage Bergsteigen und Schifahren, zwei Wochen Mitsegeln auf einem Oldtimer von Cuxhaven nach Lissabon. Besuche in Brüssel, Bonn, Berlin, München. Auch Schnellboot- und Schlauchbootfahren. Dazu Sachpreise: Multimedia-PC-Anlage, Autofocus-Kamera mit Zoomobjektiv, Playstationen und Mountainbikes. Alles mit Steuergeldern bezahlt.

Das Preisausschreiben, das kürzlich Lehrerinnen und Lehrern auf die Schreibtische flatterte, besteht aus sechs Fragen zu jeweils einem Foto. Ein Bild, das zwei Soldaten zeigt, ist unterschrieben: "Soldaten des Eurokorps". Preisfrage: "Wie heißt dieses Korps?" Ein anderes Foto hat die Textzeile: "Eurofighter - das Jagdflugzeug der Zukunft". Preisfrage: "Wie heißt dies Flugzeug?" Im Begleittext ist u.a. auch zu lesen: "Die Zeit- und Berufssoldaten werden nicht nur für die Landesverteidigung, sondern auch für die neuen Aufgaben der Bundeswehr im Auftrag der UNO ausgebildet und eingesetzt werden". Der Text endet: "Dazu zu gehören, ist für jeden ein Gewinn."

Für wie blöd hält die Bundeswehr die Schüler?

Ein Lehrer, der sich einen so primitiven Test ausdachte, würde durch jedes Pädagogik-Examen fallen.

Mit Fotos, Text und Preisen nutzt die Bundeswehr schamlos Technikinteresse und Abenteuerlust für militaristische Werbung aus. Bis 1989 hatte sie vermieden, Minderjährige bei der Artillerie oder auf Panzerfahrt zu zeigen, sonst hätten Parallelen zur Wehrerziehung in der DDR gezogen werden können. Seitdem aber scheinen alle Hemmungen gefallen zu sein. Ganze Schulklassen werden nun mehrere Tage beim Heer, bei der Luftwaffe, bei der Marine verbringen, wenn sie gewinnen. So können Jugendliche frühzeitig an Mordwerkzeuge herangeführt und gewöhnt werden.

Blasphemisch wirbt die Bundeswehr mit "Kameradschaft" und "Dabei-Sein ist alles" - wobei sie
vom Kriegstod in Somalia, Bosnien oder Kosovo schweigt, obwohl doch die deutschen Soldaten jetzt erstmals seit 1945 wieder im Kriegseinsatz stehen. Der Text über den notwendigen Auftrag der UNO ist sogar schon überholt: Deutschland und die NATO, deren militärischer Chef ein deutscher General ist, wollen gegen Serbien ausdrücklich ohne UNO-Mandat militärisch vorgehen.

Im Begleittext des Preisausschreibens wird die Notwendigkeit der Bundeswehr mit einem gängigen Spruch begründet: "Niemand schafft die Feuerwehr ab, nur weil es einige Zeit nicht gebrannt hat." Aus Lebenserfahrung und Lebensnähe sollte man hinzufügen: Auf löschbesessene Feuerwehrmänner müssen wir besonders gut aufpassen, damit sie nicht losgehen und zu Brandstiftern werden. Aber von diplomatischer Krisenprävention oder ziviler Konfliktlösung als angemessenen Methoden am Ende des 20. Jahrhunderts steht in dem Prospekt kein Wort. So ist das Preisausschreiben nichts anderes als Brandstiftung in den Köpfen.


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