Asylrecht

Gesamtablauf im Überblick

Der folgende Text versucht zunächst den Gesamtablauf des Asylverfahrens zusammenfassend darzustellen. Im Kapitel Juristische Grundlagen werden die rechtlichen Aspekte dann genauer beschrieben.

Das Asylrecht in Deutschland basiert auf dem Artikel 16 a des Grundgesetzes, der Genfer Flüchtlingskonvention, dem Asylverfahrensgesetz und dem Ausländergesetz. Der Artikel 16 a des Grundgesetzes wurde 1993 eingeführt. Der Grundsatz "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht" wurde damit soweit eingeschränkt, daß sich nur noch eine sehr geringe Anzahl von Flüchtlingen auf ihn berufen kann.

Flüchtlinge können sich nicht mehr darauf berufen, politisch Verfolgte zu sein, wenn sie aus einem sogenannten "sicheren Drittstaat" eingereist sind. Solche sicheren Drittstaaten sind neben allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Belgien, Dänemark, Griechenland, Spanien, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Finnland, Schweden, Großbritannien) Norwegen, Polen, die Schweiz und die Tschechische Republik. Ihnen kann die Einreise von den Grenzbehörden verweigert werden.

Eine weitere Einschränkung gilt für Flüchtlinge, die aus einem sogenannten "sicheren Herkunftsland" stammen (Staaten die als verfolgungsfrei eingestuft werden) oder sich dort bereits eine längere Zeit aufgehalten haben. Ein Asylantrag von Flüchtlingen aus solchen Staaten wird meist sofort abgelehnt. Als sichere Herkunftsstaaten gelten derzeit Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakische Republik, Tschechische Republik, Ungarn, Ghana und Senegal (Stand: 1997). Diese Einstufung von Staaten als "sichere Herkunftsstaaten" kann durch die Bundesregierung geändert werden. Kann der Flüchtling im Einzelfall nachweisen, daß für ihn diese allgemeine Annahme des sicheren Herkunftsstaates nicht gültig ist, kann er als politisch verfolgt anerkannt werden.

Durch diese Einschränkungen ist es kaum mehr möglich, auf dem Landweg legal nach Deutschland einzureisen, um einen Asylantrag zu stellen. Die Möglichkeit der illegalen Einreise besteht zwar weiterhin, durch verstärkte Grenzsicherung durch den Bundesgrenzschutz und den Einsatz von technischen Geräten wie zum Beispiel Spähhubschraubern und Infrarottechnik versucht die BRD, sich verstärkt abzuschotten und diese Möglichkeit zu verhindern. Auch die Einreise über Flughäfen wird zunehmend erschwert. Die illegale Einreise ist aber noch möglich.

Erreicht ein Flüchtling dennoch die BRD und stellt einen Asylantrag, so wird er zunächst in eine der "Zentralen Anlaufstellen" gebracht. Dies sind oft alte Kasernen, der Flüchtling erhält meist Kantinenessen, gebrauchte Kleidung und ein monatliches Taschengeld von 40 - 80 DM. Dort befinden sich auch die Außenstellen des Bundesamtes, wo der Flüchtling seinen Asylantrag stellen muß und wo die Erstanhörung stattfindet. Bei der Asylantragstellung werden die Fingerabdrücke genommen und Photos gemacht. Der nationale Paß wird eingezogen.

Die Erstanhörung findet meist bereits kurze Zeit nach der Antragsstellung statt und ist von entscheidender Bedeutung für das gesamte Verfahren. Der Asylsuchende muß sich in der "Zentralen Anlaufstellen" zwischen 6 Wochen und 3 Monaten aufhalten. In dieser Zeit soll festgestellt werden, ob der Asylantrag sofort abgelehnt werden kann oder eine genaue Überprüfung stattfinden muß. Nach diesen 3 Monaten (häufig auch später) wird der Flüchtling in den ihm zugewiesenen Landkreis oder die Stadt gebracht, wo er in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht wird. Die Wohnbedingungen sind unterschiedlich, häufig handelt es sich um Blechcontainer in denen beispielsweise 6 Personen auf 30 qm leben müssen.

Im Asylverfahren prüft das Bundesamt im Ausschlußverfahren, ob verschiedene Gesetze für den Flüchtling zutreffen. Als erstes wird festgestellt, ob der Flüchtling nach § 16 a des Grundgesetzes anerkannt wird (Großes Asyl). Im Falle der Anerkennung erhält der Flüchtling einen gesicherten Aufenthaltsstatus (Aufenthaltserlaubnis).

Ist dies nicht der Fall, muß überprüft werden ob eine Abschiebung wegen einer drohenden politischen Verfolgung unzulässig ist (kleines Asylrecht). Wird dies positiv entschieden, so erhält der Flüchtling die Rechtsposition eines Flüchtlings nach der Genfer Konvention, nämlich eine Aufenthaltsbefugnis und, falls er keinen gültigen Paß besitzt, einen Flüchtlingspaß.

Ist jedoch auch dies nicht der Fall, muß weiter geprüft werden, ob Abschiebungshindernisse wie z.B. Folter oder die Gefahr der Todesstrafe vorliegen. Dies führt zu einem Abschiebestopp. Die Dauer des Abschiebestopps richtet sich nach dem Grund, der als Abschiebehindernis anerkannt wurde. "Erhebliche Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit" führt beispielsweise nur zu einer vorläufigen dreimonatigen Aussetzung der Abschiebung. Nach Ablauf dieser 3 Monate entscheidet die Ausländerbehörde, ob eine Duldung erteilt wird. Eine Duldung ist kein rechtmäßiger Aufenthalt, sondern nur der vorläufige Verzicht auf Abschiebung.

Die rechtlichen und sozialen Bedingungen werden im folgenden genauer ausgeführt. Insbesondere die Rechtslage ändert sich jedoch ständig und ist äußerst schwierig zu durchschauen. Aufgrund dessen sollte so früh wie möglich ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin eingeschaltet werden. Dabei sollte darauf geachtet werden, daß der Anwalt/die Anwältin mit der Materie vertraut ist, da sich häufig auch Anwälte/Anwältinnen schwer tun, die vielen Bestimmungen zu durchschauen.

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