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aus dem Südkurier vom 15.03.99


 

Verbotene Kurden-Demo blieb friedlich

Stadt untersagt Kundgebung aus Angst vor Gewalt - Polizei-Einsatz auf der Marktstätte

Konstanz (fvb) Erstmals seit den bundesweiten Aktionen nach der Festnahme des PKK-Führers Öcalan ist es auch in Konstanz zu einer Protestkundgebung gekommen. Rund 70 Kurden demonstrierten am Samstag friedlich auf der Marktstätte, obwohl die Stadt die von der PDS angemeldete Kundgebung aus Angst vor Gewalttaten verboten hatte. Die Polizei setzte 70 Beamte ein. Nach mehreren Aufforderungen löste sich die Menschenmenge friedlich auf.

Das Rechtsamt hatte die Demonstration zunächst genehmigt. Doch am Freitag erfuhr die Stadt nach eigenen Angaben, daß die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK den Protestmarsch für ihre Anliegen nutzen will. Grund: Der Singener Kulturverein Mezopotanya hatte in einer kurdischen Tageszeitung, die bundesweit erscheint, zum "Treuemarsch" für Öcalan aufgerufen. Der Verein gilt nach Angaben der Stadt als PKK-nah. Hinweise auf das Inserat kamen vom türkischen Generalkonsulat in Karlsruhe und von der Frankfurter Polizei. Das Rechtsamt stellte daraufhin fest, "es wäre mit Sicherheit damit zu rechnen, daß Teilnehmer der Demonstration sich mit Steinen, Stöcken und Waffen bewaffnen". Die Veranstaltung sei durch die PKK gesteuert.

Ein Mitarbeiter des Amtes sagte gestern, wegen dieser Erkenntnisse habe das Verbot ausgesprochen werden müssen. Auch ein entsprechender Erlaß des Innenministers grenze in solchen Fällen den Spielraum ein.

Anhänger der PDS kritisierten das Verbot als undemokratisch und skandalös. Es habe in den vergangenen Wochen zahlreiche friedliche Demonstrationen gegeben. Durch das späte Verbot am Freitag kurz vor 18 Uhr hätten sie keine Rechtsmittel einlegen können. Am Samstag verzichteten die rund zehn PDS-Anhänger auf dem Benediktinerplatz auf die Demonstration. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich allerdings bereits 70 Kurden auf der Marktstätte versammelt.

Männer, Frauen und Kinder zeigten am Kaiserbrunnen Plakate, auf denen sie unter anderem die Aufhebung des PKK-Verbotes und Freiheit für Öcalan forderten. In Sprechchören riefen sie "Mörder Israel" und Parolen in kurdischer Sprache. Die Polizei zog innerhalb kurzer Zeit 70 mit Schlagstöcken und Helmen ausgerüstete Beamte zusammen. Einige Beamte bildeten einen Halbkreis um die Demonstranten. In Lautsprecherdurchsagen forderte die Polizei das Ende der Kundgebung.

Nachdem sich die Situation kurzfristig zugespitzt hatte, einigten sich Polizei und die offenbar gut organisierten Demonstranten auf ein friedliches Ende. Auf Druck der Beamten verzichteten die Kurden zunächst auf Sprechchöre. Nach dem Aufführen einiger Volkstänze löste sich die Versammlung schnell auf. Zahlreiche Polizeistreifen überwachten während des Tages die Innenstadt. Bei einem Mann stellten die Beamten die Personalien fest, weil er an seiner Mütze ein Zeichen der PKK trug. Zu weiteren Zwischenfällen sei es nicht gekommen, sagte ein Polizeisprecher gestern. Die für Konstanz ungewöhnlich starke Polizeipräsenz begründete er mit den Ereignissen der vergangenen Wochen. "Wir waren sensibilisiert. "

 

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LinksRhein, 12.4.1999