LinksRhein- News http://www.free.de/Zope/linksrhein/News/1101801527/index_html
letzte Änderung: 02/07/05 15:28

Rassismus

Radikal und gewaltbereit

30.11.2004, 08:58, Uli Hesse/ BR

Das Netzwerk rechtsextremer Frauen


Bayerischer Rundfunk
report MÜNCHEN

Sendung vom 29.11.2004

Celti und Uli in der Stadt. Zwei Freundinnen beim Bummel durch Schwäbisch Gmünd. Die eine ist Mutter dreier Kinder, die andere macht ihr Abitur nach. Und beide stehen an der Spitze einer Gruppe, die sich angeblich vor allem gegen Kinderschänder engagiert: die Aktive Frauen Fraktion – kurz AFF. Doch eigentlich sind sie in einer ganz anderen Szene tätig - als Veranstalter von konspirativen Skinhead-Konzerten. Zum Beispiel organisierte die AFF ein Konzert im April zusammen mit einer Kameradschaft namens Widerstand Schwaben. Eine der beiden Chefinnen der Aktiven Frauen Fraktion drückte den Besuchern den Eingangsstempel auf den Handrücken. Uli Friedrichson von der Aktiven Frauen Fraktion (AFF) sagt:

"Ich tu eben dann alles mögliche organisieren, also Info-Abende, die Räume, was dafür anfällt. Dann wenn wir Flugblätter machen oder sonst was, die jeweiligen Druckereien anschreiben oder sonstiges."

Engagement nur gegen Kinderschänder oder auch für die rechtsextreme Frauenfraktion? Die 20jährige Führerin der AFF aus Württemberg hat dieses Jahr beispielsweise das bundesweite Treffen des rechtsextremen Wikingerversandfo-rums im Namen der Aktiven Frauen Fraktion organisiert. Ihre Kameradinnen bedanken sich. Kein Häkelverein, sondern kämpferische Aktivistinnen – so beschreiben sie sich selbst. Deshalb auch das Logo mit Sturmgewehr. Die Mitglieder und Sympathisantinnen sind zwischen 18 und 30 Jahre alt – darunter auch Mütter. Auf ihrer Homepage stellen sie sich als rassistisch, nationalistisch und völkisch dar. Dafür gab’s immerhin Platz 14 im nationalistischen Hatecore-Ranking. Doch über ihre politischen Aktivitäten gibt die Gründerin und Chefin Isabell Pohl nur ungern Auskunft:

"Was heißt politisch? Wir arbeiten da mehr im Untergrund. Wir gehen auf Demos und so Veranstaltungen halt."

Und organisieren eben konspirative Neonazi-Konzerte, wie im April 2004 in einer umgebauten Scheune im württembergischen Laupheim. Hinter der Theke: Mitglieder der Aktiven Frauen Fraktion, auf dem T-Shirt ein Skingirl mit erhobenem Sturmgewehr – das martialische Logo der Gruppe.
Diese Band bucht die Aktive Frauen Fraktion besonders gerne: Die Neonazi-Gruppe Act of Violence, zum Beispiel bei einem Konzert der elitären Hammerskins bei Würzburg. Vier Konzerte hat die AFF allein in diesem Jahr zumindest mitveranstaltet – vier von insgesamt 14 in Baden-Württemberg. Doch die rechtsextreme Frauengruppe wird vom Verfassungsschutz einfach unterschätzt. Ihre Bedeutung als Konzertveranstalter wird heruntergespielt, bei manchen Konzerten scheint der Verfassungsschutz nicht einmal zu wissen, dass die Gruppe an der Organisation beteiligt war. report München fragt nach bei Hans-Jürgen Doll, Vize-Präsident des Verfassungsschutzes Baden-Württemberg:

Frage report München: "Es wundert, dass sie die Aktive Frauen Fraktion nicht genannt haben als führende Konzertveranstalter."

Antwort Hans-Jürgen Doll: "In Baden-Württemberg?"

"Ja."

Antwort Hans-Jürgen Doll: "Diese Gruppe ist mir als ein führender Konzertveranstalter nicht bekannt."

Bei vier Konzerten im Jahr? - report München fragt deshalb auch noch bei einem anderen Verfassungsschutzamt nach. Günter Gold, Präsident des Verfassungsschutzes Bayern sagt:

"Ich kann ihnen sagen, dass das in dieser Form eben nicht vorkommt, und dass wir umgekehrt dankbar wären, wenn wir eine, wie sie sagen, Gruppierung hätten, die wir dann sehr konkret beobachten könnten, dann wüssten wir auch wann die Konzerte und wo sie stattfinden. Aber das ist in dieser Form eben nicht der Fall."

Der Einfluss rechtsextremer Frauen wird einfach unterschätzt. Das nutzen die Neonazis zur Imageaufbesserung und schicken sie bei Aufmärschen vor – denn sie wirken nicht so aggressiv wie Männer. Doch ideologisch stehen die Frauen den Männern in nichts nach. Und die Aktive Frauen Fraktion ist auch nicht die einzige nationalistische Frauen-gruppe: Biedere Traditionalistinnen kämpfen genauso wie emanzipierte Skingirls und gewaltbereite Kameradschaftsaktivistinnen für die nationale Sache. Renate Feldmann, Expertin für rechtsextreme Frauen, sagt:

"Je mehr Frauen darin sichtbar werden, je mehr weitere Frauen werden sich dafür interessieren und werden denken: Das könnte ja auch für mich ein Platz sein."

Frauen erobern inzwischen auch die aggressive Skinhead-Musik-Szene. Ein konspiratives Konzert der Neonazi-Band Propaganda im Juni diesen Jahres bei Bautzen. An der Gitarre: Martina Trick. Hier ein Textauszug der Band:

“Keine Türken werden mehr rumlaufen, keine Pfaffen deutsche Kinder taufen, keine Nigger deutsche Brillen verkaufen, keine Juden unser Volk verkaufen.“

Kein Kommentar von der Propaganda-Gitarristin zu den volksverhetzenden Texten. Vor allem die konspirativen Konzerte dienen als Kontaktbörse der Skinhead-Szene – das nutzt auch die Aktive Frauen Fraktion. Inzwischen gehören neben Württemberg auch Sektionen in Bayern, Sachsen und Thüringen dazu. Der Verfassungsschutz scheint ahnungslos. Hans-Jürgen Doll vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg:

"Also mir sind bisher keine bundesweite Aktivitäten dieser Frauengruppierung bekannt geworden."

Bundesweite Kontakte – das wirkt sich auch auf die Besucherzahlen aus. Zu einem Konzert der Aktiven Frauen Fraktion kamen mehr als 200 Skinheads. Isabell Pohl von der AFF begrüßt dies:

"Um Spenden zu bekommen, für unsere Arbeit auch. Weil Flugblätter, Spuckis und das kostet ja alles eine Menge Geld. Gerade auch um andere Leute zu unterstützen damit."

Frage report München: "Wen zum Beispiel?"

Antwort Isabell Pohl: "Betroffene. Meistens Leute, denen es nicht so gut geht."

Zum Beispiel die Band Race War (Rassenkrieg), der die Ermittlungsbehörden Aufruf zum Krieg und Volksverhetzung vorwerfen. Die AFF hat für sie Geld gesammelt – auf das Konto der kleinen Tochter ihrer Chefin. Ein Textauszug der Band Race War:

"Sie haben den Eid auf den Führer geschworen,
Für dieses Land sind wir auserkoren. Für die Reinheit dieser Rasse werden wir es wagen, wir werden die Feinde aus dem Lande jagen."

Frage report München an Isabell Pohl von der AFF: "Du unterstützt ja auch Race War."

Antwort Isabell Pohl: "Ich brech das jetzt hier ab. Das hat für mich keinen Sinn."

Steht auf und geht. Kein Kommentar von der Aktiven Frauen Fraktion zu den Vorwürfen. Ihre Strategie zahlt sich an-scheinend aus – fast ungestört von Polizei und Verfassungsschutz können sie weiterhin ihre menschenverachtende rechtsextremistische Ideologie verbreiten.