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Pressemitteilung
Berlin, 11. November 2002

 

An Frau
Christa Nickels
Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Deutscher Bundestag
Platz der Republik
11011 Berlin

Besorgniserregende Entwicklungen im Falle des kurdischen Politikers Abdullah Öcalan


Sehr geehrte Frau Nickels,

wie Sie sicher mitverfolgt haben, hat sich in der Türkei nach den Wahlen vom 3. November eine neue Regierung gebildet. Bereits unter der vorherigen Regierung waren Anfang August endlich die langersehnten Anpassungsgesetze erlassen worden, mit denen die Türkei die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen hofft.
Auch für den kurdischen Politiker Abdullah Öcalan, der seit über dreieinhalb Jahren in strengster Isolationshaft auf einer Insel gehalten wird, wurde damit die bestehende Todesstrafe in lebenslängliche Haft unter erschwerten Bedingungen umgewandelt. Dieser Schritt hat deutlich zum gesellschaftlichen Frieden in der Türkei beigetragen.
Zwar wurden weltweit die Gesetzesreformen als ein wichtiger Schritt begrüßt, aber gleichzeitig die fehlende Umsetzung u.a. auch vom EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen bemängelt. So werden trotzt nunmehr eindeutiger Gesetzeslage immer noch Eltern angeklagt, die ihren Kindern kurdische Namen geben oder StudentInnen verfolgt, die Kurdisch als Wahlfach forderten.

Am 7. November 2002 richteten sich sechs Verteidiger von Herrn Abdullah Öcalan an das Komitee zur Folterprävention beim Europarat CPT sowie an Amnesty International, nachdem sie in den letzten zwei Monaten ihren Mandanten lediglich für eine Stunde besuchen konnten (siehe Anlage). Seit diesem Besuch sind inzwischen mehr als vier Wochen vergangen, ohne dass Informationen über sein Befinden an die Öffentlichkeit gelangten.

Vorherige Berichte des CPT mit der Aufforderung an die türkische Regierung, Verbesserungen an den Haft- und Lebensbedingungen von Herrn Öcalan vorzunehmen, wurden bislang ignoriert und die Haftbedingungen willkürlich verändert.

Die letzten drei Jahre zeigen, welche Schlüsselrolle Herr Öcalan nach wie vor bei der Demokratisierung der Türkei und bei der Lösung der kurdischen Frage innehat. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind sehr viele KurdInnen in der Türkei und in Europa sehr besorgt über die Unterbrechung des Außenweltkontaktes. Sosehr die Abschaffung der Todesstrafe eine positive Ausgangsbasis geschaffen hat, droht die genannte Situation den Prozess der gesellschaftlichen Aussöhnung zunichte zu machen.

Wir bitten Sie, sich dafür einzusetzen, dass das CPT dem Ersuch der Anwälte nachkommt und die bestehenden Empfehlungen des CPT durch die türkische Regierung berücksichtigt werden, damit die universellen Gefangenenrechte Herrn Öcalans endlich umgesetzt werden. Hierfür ist leider noch immer internationale Aufmerksamkeit dringend notwendig. Vor diesem Hintergrund wäre eine schriftliche Intervention Ihrerseits beim neuen türkischen Justizminister sicherlich konstruktiv.

Secretariat of the CPT
Human Rights Building
Council of Europe
F-67075 Strasbourg Cedex
France
Tel.: France: 03 88 41 39 39, Int.: +33 3 88 41 39 39
Fax: France: 03 88 41 27 72, Int.: +33 3 88 41 27 72
E-mail: cptdoc@coe.int

Türkische Justizministerin
Adalet Bakanligi
Prof. Dr.
Aysel Celikel
PK. 06659
Kizilay-Ankara
Tel: 0090 – 312 419 60 50
info@adalet.gov.tr
acelikel@adalet.gov.tr

Mit freundlichen Grüssen

Songül Karabulut

Kopie an alle Mitglieder des Ausschusses