Bonn, 19. März 1999
Im folgenden geben wir die Erklärung von dem Vorsitzenden der
Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, Abdullah Öcalan vom 16. März
1999, die er über seine Anwälte in Imrali Gefängnis abgab,
zur Kenntnis.
An die Nachrichtenredaktionen
Im Verlaufe der Gespräche, die wir mit dem auf der Insel Imrali
inhaftierten Mandanten Abdullah Öcalan geführt haben, hat dieser
eine Erklärung an die Presse und Öffentlichkeit abgegeben. Wir
sind der Überzeugung, daß eine möglichst korrekte Auswertung
dieser Erklärung, die wir im Anhang veröffentlichen, dem inneren
Frieden unseres Landes dienlich sein wird.
Wir wünschen viel Erfolg bei ihrer Arbeit.
Hochachtungsvoll
RA Ahmet Zeki Okcuoglu
RA M. Selim Okcuoglu
RA Irfan Dündar
RA Niyazi Bulgan
18.03.1999
Presseerklärung
Es ist mir ein vorrangiges Anliegen, daß meine Erklärungen
in allen Presse- und Medienorganen in einer Weise wiedergegeben werden,
die Verzerrungen oder Mißverständnisse ausschließt. Denn
wir durchlaufen eine Phase, in der ausnahmslos jeder zu verantwortungsbewußtem
Handeln verpflichtet ist.
Ich halte die Meldungen in den Medien im Zusammenhang mit meiner Person
für nicht richtig. Insbesondere Äußerungen und Aktionen,
die zu einem türkisch-kurdischen Konflikt führen können,
nehme ich mit Bedauern zur Kenntnis.
Meine wirkliche Lage und Einstellung lege ich hiermit klar und deutlich
dar:
Die seit dem Waffenstillstand von 1993 verfolgte Linie ist mit dem
letzten Waffenstillstand vom 1. September 1998 nochmals in aller Deutlichkeit
ausgedrückt worden. Ich bin weiterhin den in dieser Phase indirekt
unterbreiteten Erklärungen in ihren einzelnen Punkten ebenso wie meinen
öffentlich erklärten Antworten verpflichtet. Ich habe während
meiner Haftzeit diese Punkte sowohl der Untersuchungskommission als auch
der Staatsanwaltschaft gegenüber ausführlich dargelegt und werde
sie zur Grundlage meiner Verteidigung vor Gericht machen. Es ist von höchster
Bedeutung, daß diese Punkte in allen Nachrichten, Kommentaren, Gesprächsrunden
und ähnlichen Sendungen der Medien objektiv wiedergegeben werden.
Dies hat nichts mit meiner Gefangenschaft oder Freiheit zu tun. Dies ist
ein konkreter Ausdruck des langjährigen Verständnisses der PKK
von einem demokratisch-friedlichen politischem Ausgleich. Dieses Verständnis,
das sich implizit auch auf Seiten des Staates äußert, umzusetzen
muß der Kern aller politischen und diplomatischen Tätigkeiten
sein. Nicht akzeptabel sind Auffassungen, die dies ignorieren. Ich glaube,
daß diese Haltung zumindest bis zum Ende der Wahlen Richtigkeit und
Gültigkeit besitzt. Aus diesem Grund möchte ich hervorheben,
daß es von großer Bedeutung ist, daß die Wahlen am 18.
April unter freien und demokratischen Bedingungen durchgeführt werden.
Die Gründe des Waffenstillstandes vom 1. September müssen von
allen Beteiligten beachtet werden.
Ein breiter Kampf für Geschwisterlichkeit, Frieden und Demokratie
soll die Grundlage aller Aktivitäten im In- und Ausland sein. Wir
wollen von der Türkei einen wirklichen Frieden und eine wirkliche
Demokratie. Mein Kampf ist ein Kampf für einen starken Frieden und
Demokratie; es ist der Kampf zwischen denen, die in der Türkei Frieden
und Demokratie anstreben, und denen, die dies nicht wollen.
Wenn die Türkei die Gewährleistung von rechtlichen Sicherheiten
und die Umsetzung einer rechtlichen, politischen Lösung positiv angeht,
so wird dies eine historische Chance sein.
Vor diesem Hintergrund rufe ich alle Länder Europas und der zivilisierten
Welt und die demokratische Öffentlichkeit dazu auf, sich entsprechend
ihrer historischen Verantwortung für eine Verwirklichung der im Beschluß
des Europäischen Parlaments vom 25.02.1999 festgelegten Punkte einzusetzen.
Eine Lösung, die auf der Grundlage der Einheit und der Unabhängigkeit
der Türkei Frieden und wirkliche Demokratie gewährleistet, und
die die Bedingungen für ein freiheitliches Zusammenleben der Völker
in Frieden schafft, ist auch unser innigster Wunsch.
Dies erkläre ich der Öffentlichkeit und der Presse hochachtungsvoll.
Abdullah Öcalan
Imrali |