Bilde aus – Rüste auf: Eine weitere Geschichte eines Sumpfes Die Türkei hat im Kampf gegen den IS gegenüber der internationalen Anti-IS-Koalition eingewilligt, auf türkischem Boden mindestens 2.000 syrische Oppositionskämpfer selbst auszubilden oder ausbilden zu lassen. Derzeit überprüft der türkische Geheimdienst wer in die erste Gruppe von rund 400 Kämpfern dazugehören soll. Fehim Taştekin, Kolumnist der Tageszeitung Radikal, greift dieses Thema in seiner aktuellen Kolumne auf: Die Einrichtung einer Pufferzone ist zwar unwahrscheinlich, aber das amerikanische Konzept bilde und rüste gemäßigte Oppositionelle aus, scheint Ankara anzusprechen. Wer aber sind diese gemäßigten Oppositionellen, an die wieder mal ein Traum von einer Revolution übertragen wird? Mit diesen Bündnispartnern das Amerika zu sein, scheint schwierig. Das habe ich aus den Diskussionen um die Zusammensetzung einer Koalition gegen den Islamischen Staat (IS) verstanden. Einerseits die Absage der Herren vom Golf mit den Worten, „Du willst Assad nicht stürzen und mit dem Iran zusammenarbeiten, dann bin ich nicht dein Partner.“ Andererseits das Drängen des vom „vorbildlichen“ zum „gezwungenermaßen“ abgestiegenen Bündnispartners, der Zuschauer der Einkesselung Rojavas durch den IS ist und stur darin bleibt, „zum Sturz Assads entweder eine Pufferzone oder eine Sicherheitszone einzurichten.“ Der amerikanische Präsident Barack Obama hat es schwer, vor allem nach dem er eingestanden hat, dass mit den Gemäßigten eine Revolution utopisch ist ... Herr Präsident versucht eine Operation gegen den IS zu planen, die „nicht direkt das Assad-Regime zum Ziel hat“ und die von Arabien, Katar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Türkei akzeptiert wird, indem er mit ihnen den Weg der Zwischenformel des Ausbildens und Ausrüstens „gemäßigter“ Oppositioneller gehen will. Der Präsident Recep Tayyip Erdoğan weiß sehr wohl, dass die Einrichtung einer Pufferzone gegen Assad keine Unterstützer finden wird und hat nun regelrechten Gefallen an dem Teil „bilde und rüste aus“ gefunden. Er wiederholte dies am 6.Oktober in Gaziantep, wo er sagte: „Mit dem Begriff ‚bilde und rüste aus‘ ist zu verbinden, dass die gemäßigten Oppositionellen Syriens und des Iraks sowohl ausgebildet, als auch ausgerüstet werden sollen.“ DER VERNÜNFTIGSTE OPPOSITIONELLE
IST DIE ZWEIFELHAFTESTE FRONTLINIE Es kann gesagt werden, dass auf dem Spielfeld ein paar Hauptkräfte vorhanden sind, die das Gleichgewicht verändern können: der IS, die Nusra-Front, die Islamische Front, Dachorganisation salafistischer Islamisten und die bewaffneten Kräfte von Rojava, die Volksverteidigungskräfte (YPG). Ergänzend könnte auch die Front der Revolutionäre Syriens (FRS), Favoriten der USA, hinzugefügt werden. Die Freie Syrische Armee (FSA) ist innerhalb dieser Gebilde nur noch ein Beiwerk. Eigentlich ist genauer hingeschaut unter diesen Gruppen die YPG diejenige, die den westlichen Vorlagen am besten entspricht. Zudem ist die YPG mit einigen Gruppen, die ihr „gemäßigt“ nennt, Bündnisse eingegangen. Die YPG hat zu Beginn des Septembers mit der FSA und mit einigen Gruppen der Islamischen Front unter dem Namen Vulkan des Firat ein gemeinsames Aktionszentrum gegründet. Als ich vor zwei Wochen in Qamischli den YPG-Sprecher Redur Xelil darauf angesprochen habe, erhielt ich folgende Informationen: „Es war der FSA, mit der die YPG einen gemeinsame Verteidigungsvertrag abgeschlossen hat, nicht möglich, von außen zu unterstützen. Aber acht der FSA zugehörige Brigaden, die schon in Kobanê waren, beteiligen sich am Krieg. Auch sie haben wie wir Waffenprobleme. Da Kobanê eingekesselt ist, können wir nicht aus dem Norden, aus der Türkei für militärischen Nachschub sorgen.“ Da habt ihr euren Vertrauenstest: Mit acht „gemäßigten“ Brigaden ist die YPG dort und wartet in Kobanê auf eure Hilfe ... Das geht nicht, denn die Rechnung lautet anders: Erst müssen die Kurden geschwächt werden, dann muss das in der Damaskus'er Emeviye Moschee halb gebliebene Gebet geleistet werden! Aber es scheint, dass die Erlaubnis zum Durchzug des IS infolge der restriktiven Haltung der Türkei in Bezug zu den Kurden bzw. mindestens des Übersehens bei den Amerikanern zu Missmut führt. Botschaften hinter der Fassade: „Einerseits redest du von deiner Grenzsicherheit, andererseits tust du nichts gegen den IS. Das geht nicht!“ BEOBACHTUNGEN DER BBC Auch Bowen unterstreicht, dass es unmöglich ist, eine Bewaffnung der dschihadistischen Gruppen einzudämmen. Auch früher schon sind von den Saudis finanzierte und über Jordanien an die Gemäßigten geschickte Waffen am nächsten Tag in die Hände der Al-Qaida-Mitglieder geraten. Die dringende Notwenigkeit der Schaffung einer gemäßigten Front sieht folgendermaßen aus: Nusra, syrischer Arm der Al Qaida, die Islamische Front, die vertrauenswürdige „gemäßigte“ FRS und die Hareket Hazm sind schon in Gebieten wie in Aleppo, Idlib, Dara, in den ländlichen Gebieten von Damaskus und den Golan-Höhlen ineinanderverbunden. Beispielsweise haben die FSA, Nusra, die FRS, die Untergruppen Sukur-el-Sam und das islamische Herr der islamischen Front gemeinsam um die Einnahme des Hara-Hügels in Dara gekämpft. Bei dem Angriff sind die von den USA beschafften BGM-71 TOW Raketen benutzt worden. Auch im August und im September kämpften bei den Angriffen in Quneitra die FRS, Nusra und die schlagkräftigste Untergruppe Ahrar-us Sam der Islamischen Front Schulter an Schulter. Und die Gruppe Hareket Hazm hat mit dem unter tschetschenischer Kontrolle stehendem Heer der Muhacir und Ensar, die die Nusra huldigen, in der Region Handerat bei Aleppo eine gemeinsame Operation durchgeführt. Gehen wir noch ein bisschen weiter zum Datum des 4. bis 18. August 2013 zurück, an der die Ahrar-us Sam, IS, Nusra, Muhacir und Ensar gemeinsam mit der Sukur el Iz im dünn besiedelten Lazkiye 190 Aleviten geopfert hatten. Solche Allianzen zeigten sie auch bei der Einnahme der Flughafens Minning. Natürlich steht der IS derzeit dieser Allianz gegenüber. Es gibt viele solcher Beispiele. WELCHEN? Wer sind die gemäßigten Partner,
die ausgebildet und ausgerüstet werden sollen? Es gibt hier ein weiteres Problem. Nur wollen die oppositionellen Gruppen nicht als schwarzes Schaf gegen den IS benutzt werden. Denn sie klagen ebenfalls wie die Zivilisten darüber, an den Auswirkungen der US Luftangriffe zu leiden. Es gibt nicht wenige, für die es keinen Unterschied macht, „ob es nun die Fassbomben des Regimes oder die amerikanischen Raketen sind.“ Oberst Riyad, einer der Gründer der FSA, hat erklärt, dass sie solange nicht an den Angriffen der Koalition gegen den IS teilnehmen werden, bis sie den Sturz des Assad-Regimes garantieren. Die Gruppe Hareket Hazm hat in ihrer Erklärung vom 23. September die Bombardierung Syriens aus der Luft durch die USA als Angriff auf die Souveränität des Landes und auf die Ziele der Revolution bewertet. „Der einziger, der aus den ausländischen Eingriffen einen Nutzen hat, ist das Assad-Regime.“ Die FRS hat erklärt, dass sie die Kämpfe gegen den IS in den Randgebieten von Damaskus eingestellt hat. Eine ähnliche Erklärung hat die Islamische Front abgegeben. Und dabei ist die Islamische Front die stärkste der Gruppen, die sich gegen den IS stellen kann. Zudem würde ein Bündnis der oppositionellen Gruppen mit der USA durch den IS zur Zielscheibe von Propagandaangriffen gegen ihre eigenen Quellen und lokalen Unterstützer. DIE IRAKISCHE ARMEE SIEHT MAN
DOCH ... Kurz gesagt: Die „Mudschaheddin“-Unterstützungsprogramme der USA haben in Afghanistan die Taliban und Al Qaida geboren. Auch der IS und Nusra sind Produkte von Abenteuern für Regimewechsel. Diese Ausbildungs- und Ausrüstungsprogramme werden wie Zauberformeln genannt, aber sie könnten zu nichts anderem führen als zu der Produktion neuer Al Qaidas oder neuer Kriegsherren. Das Beharren darauf könnte Syrien letztendlich zu einem zweiten Somalia machen. Dringlich ist also eine Planung, die sowohl das Regime in Syrien als auch den IS als Ziel hat. Daher dreht sich der Zeiger des Westens langsam Richtung syrischem Regime. So wie einige Bündnispartner der NATO im Irak indirekt das Bündnis mit Iran eingegangen sind, so glauben nun einige, dass die Zeit gekommen ist, mit dem Assad-Regime in Syrien zusammenzukommen. Der Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu tritt jedoch immer noch an derselben Stelle und sagt: „Wir wollen das syrische Regime nicht an unseren Grenzen.“ Türkei muss sich langsam entscheiden, mit wem es benachbart sein will. RADIKAL, 10.10.2014 |
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