Überall Demonstrationen für die Freiheit Abdullah Öcalans am Jahrestag seiner Entführung vor 15 Jahren

Bilanz der Proteste am Jahrestag von Öcalans Entführung: 2 Schwerverletzte und mehr als 40 Festnahmen

Zum Jahrestag des internationalen Komplotts, der am 15. Februar 1999 zur Festnahme von Abdullah Öcalan führte, kam es überall in Kurdistan zu Protesten. Allein in Nordkurdistan und der Türkei kam es in mehr als 70 Städten zu Protesten, an denen mehr als eine Millionen Menschen auf die Straßen gingen. Vielerorts reagierten die türkischen Sicherheitskräfte mit roher Gewalt. An zehn Orten kam es zu schweren Auseinandersetzung zwischen DemonstrantInnen und der Polizei. Dabei wurden Dutzende Menschen verletzt, zwei unter ihnen schwer. Ein Jugendlicher verlor ein Auge. Über 40 Menschen wurden festgenommen.

Die Proteste in Nordkurdistan begannen bereits am 8. Februar. Am 15. Februar blieben in den kurdischen Städten die Läden geschlossen und viele Orte glichen Geisterstädten, bis die Demonstrationen begannen. Laut Angaben der regionalen Nachrichtenagenturen kam es in den Provinzen Amed (Diyarbakır), Riha (Urfa), Şirnex (Şırnak), Wan (Van), Bedlis (Bitlis), Êlih (Batman), Mêrdîn (Mardin), Mûş (Muş), Semsûr (Adıyaman), Agirî (Ağrı), Colemêrg (Hakkari), Iğdır, Sêrt (Siirt), Elaziz (Elazığ), Erzîrom (Erzurum) sowie in einer Vielzahl weiterer Ortschaften zu Demonstrationen. Auch im Westen der Türkei kam es in Provinzen wie Istanbul, İzmir, Aydın, Adana, Mersin, Konya, Ankara, Muğla, Manisa zu Protesten.

Polizei setzt wieder auf Gewalt
Auch in diesem Jahr war die Reaktion der Polizei ähnlich wie in den Jahren zuvor. Vor allem in Nordkurdistan griff die Polizei mit Gasgranate, Wasserwerfern und Plastikgeschossen die Menge an. Aber auch in Istanbul setzte die Polizei auf rohe Gewalt. Der Jugendliche Cihat Ö. wurde bei dem Angriff der Polizei schwer verletzt, als ihm eine Gasgranate am Kopf traf. Ö. befindet sich weiterhin in der Notaufnahme. Allein in Istanbul wurden zehn Demonstranten bei den Auseinandersetzungen mit der Polizei festgenommen.
Auch in Wan demonstrierten die Menschen seit Tagen gegen das internationale Komplott. Bei den Protesten am 15. Februar wurden sechs Jugendliche von der Polizei auf offener Straße verprügelt und festgenommen. Auch einen Reporter der Nachrichtenagentur DIHA, der die Festnahme eines Jungen dokumentierte, wollten die Polizeikräfte festnehmen. Als sie bemerkten, dass er Journalist ist, ließen sie ihn allerdings unter Flüchen und Bedrohungen wieder frei.
Bei den Protesten in Colemêrg, Gever (Yüksekova) und Şemzînan (Şemdinli) kam es über den gesamten Tag hinweg zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und DemonstrantInnen. In Colemêrg wurden sieben Demonstranten, darunter sechs Minderjährige, festgenommen. In Gever wurden zehn Demonstranten bei den Auseinandersetzungen verletzt.
Ähnliche Bilder gab es in Amed. Dort demonstrierten die Menschen dezentral in verschiedenen Stadtteilen. Vielerorts griff die Polizei die Menschen an. Die Polizei stellte bei ihren Angriffen gegen die Menschen gleich auch ihr neues gepanzertes Fahrzeug mit dem Namen „Ural“ vor. Die Ural-Fahzeuge, eine türkische Selbstproduktion, patrouillierten den ganzen Tag über auf den Straßen Ameds.
In Êlih setzte die Polizei bei der Bekämpfung der rund zehntausend Demonstranten vor allem auf Gasgranaten. Die Auseinandersetzungen hielten bis in die Abendstunden an. Viele DemonstrantInnen erlitten Ohnmachtsanfälle durch den exzessiven Gasbombeneinsatz. Den Jugendliche Ömer E. traf eine Gasgranate im Gesicht; er verlor sein linkes Auge.
Ähnlich sah es auch in der Provinz Şirnex und den Orten Hezex (Idil) und Cizîr (Cizre) aus. Die Polizei duldete keinerlei Proteste und griff die Menschenmenge in allen drei Orten an. Überall kam es zu stundenlangen Auseinandersetzungen. In Cizîr begannen die Proteste und Auseinandersetzungen mit der Polizei bereits am 11. Februar. Als auch am 15. Februar die Polizei die Menschen angriff, griffen Jugendliche die Polizei und ihre Fahrzeuge an. Bei den Auseinandersetzungen wurde eine Journalistin der Frauen-Nachrichtenagentur JINHA am Kopf verletzt. Im Laufe des Tages musste die Polizei sich allerdings geschlagen zurückziehen.

Rojava verurteilt Festnahme Öcalans
Auch in den Städten Westkurdistans kam es zu Protesten anlässlich des Jahrestages der Festnahme von Abdullah Öcalan. So gingen im westkurdischen Kanton Kobanî knapp 100.000 Menschen auf die Straßen und forderten die Freilassung Öcalans. Die Menge marschierte mit Postern Öcalans, verstorbener YPG-Kämpferinnen und -Kämpfern sowie Transparenten mit der Forderung nach der Freiheit Öcalans auf den zentralen Platz der Stadt, wo die SprecherInnen der Demokratisch-Autonomen Verwaltung Kobanî kurze Reden zu der Menschenmenge hielten, in denen sie das internationale Komplott verurteilen.
Auch in Heleb (Aleppo) demonstrierten trotz Ausnahmezustands aufgrund des Bürgerkriegs die Menschen im Stadtteil Şêx Meqsûd (Şeyh Maksud) gegen die Festnahme Öcalans. Auffällig war, dass alle DemonstrantInnen in Şêx Meqsûd schwarz bekleidet waren. Auf der Abschlusskundgebung hielten die Vertreterinnen der kurdischen Frauenbewegung Yekîtiya Star eine Rede, in der sie erklärten, dass Öcalan zum Vertreter aller unterdrückten Völker des Mittleren Ostens geworden sei.
Auch in Efrin, Tirbespiyê, Qamişlo, Amude, Girkê Legê und weiteren Orten in Rojava verurteilten die Menschen mit Protesten das internationale Komplott und forderten Freiheit für Abdullah Öcalan.

Zehntausende Menschen waren in Strasbourg gegen das internationale Komplott auf den Straßen
Mit der Forderung nach Freiheit für Öcalan waren am Samstag zehntausende Menschen in der französischen Stadt Strasbourg auf den Straßen. Der Kovorsitzende der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistan (KCK) Cemil Bayık wandte sich per Telefonzuschaltung an die DemonstrantInnen und erklärte, dass der Widerstand bis zur Freilassung des PKK-Vorsitzenden anhalten werde. Der Widerstand der Bevölkerung habe dieses Komplott zerstört. „Das kurdische Volk muss sich vereinen und seine Freiheit erlangen”, so Bayık.
Auch am 15. Jahrestag des internationalen Komplotts folgten zehntausende Menschen dem Aufruf der Föderation der kurdischen Vereine in Frankreich (FEYKA) zur Demonstration unter dem Motto „Freiheit für Öcalan“. Die Menschen reisten mit hunderten Bussen und Autos aus vielen Städten ganz Europas an und verurteilten gemeinsam erneut die Festnahme Abdullah Öcalans am 15. Februar 1999.

Özgür Gündem, 16.02.2014, ISKU

ISKU | Informationsstelle Kurdistan