Bese Hozat: Die PKK ist nun ein gesellschaftliches System

Die Kovorsitzende des Exekutivrats der Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) Bese Hozat hat gegenüber der kurdischen Nachrichtenagentur Firatnews anlässlich des 35. Jahrestages des PKK-Gründungskongresses vom 26./27. November 1978 den Kampf der kurdischen Freiheitsbewegung bewertet. „Denn die PKK hat in ihrem 35-jährigen Aufstand das Paradigma der Demokratischen Nation hervorgebracht. Sie hat das demokratisch-konföderale System der Völker entwickelt. Das kurdische Volk baut sich, angelehnt auf ihre eigene Kraft, ihr System auf. Die PKK hat in der gegenwärtigen Situation das Niveau einer Bewegung überwunden und ist nun zu einem gesellschaftlichen System geworden“, erklärt Hozat.
Im folgenenden dokumentieren wir in Auszügen das Interview, in der Bese Hozat auf die Erfolge des 35-jährigen Kampfes der PKK und auf die daraus resultierende Veränderung in der kurdischen Gesellschaft eingeht, sowie ihre Definition der PKK darlegt.

„PKK hat eine mentale Revolution hervorgebracht“
„Ohne die Mentalität eines Volkes zu verändern und zu befreien, dessen Wille gebrochen, das gespalten, eingeschüchtert, versklavt und dessen Geist und Persönlichkeit mit einer brutalen Assimilationspolitik untergraben worden ist, kann diesem Volk niemals auf die Beine geholfen werden. In diesem Sinne hat die PKK innerhalb der kurdischen Gesellschaft eine mentale Revolution hervorgebracht. Sie hat die Sklaverei im Denken der kurdischen Bevölkerung entfernt und entsorgt. Sie hat die Angst entfernt. Anstatt der Angst und Sklaverei hat sie das freie Bewusstsein und die Überzeugung gesetzt. Das ist die eigentliche Revolution der PKK. Eine größere Revolution als diese kann es nicht geben. Die mentale Revolution ist die größte Revolution. Es bedeutet, in die Mentalität eines Volkes das freie Bewusstsein zu setzten und dieses Volk so zu befreien. Die PKK hat dies geschafft. Das in Gefangenschaft gehaltene Denken eines Volkes hat sie befreit. (…)

‚Ein Volk mit einer Frauenrevolution hat seine wichtigste Revolution gemeistert‘
Dieser Kampf hat einem großen gesellschaftlichen Wandel den Weg geebnet. Sie hat in der Gesellschaft den klassischen Blick auf die Frau niedergerissen. Im Hinblick auf den männlich dominierten sexistischen Blick hat sie einen großen Bruch hervorgerufen. (…) Die kurdische Frau hat begonnen, in allen Bereichen des Lebens sichtbar zu werden, das Subjekt des Lebens zu werden. Die Beteiligung der Frau am gesellschaftlichen Leben und der aktiven Teilnahme an Politik wurde gefördert. Sie ist die Vorreiterin der Volksaufstände und der sozialen-gesellschaftlichen Kämpfe. Die freie Frau hat den sozialen Aufbau der kurdischen Gesellschaft gewandelt; die feudale Kultur wurde mit der freien Frau hin zu einer demokratischen Gesellschaft transformiert. (…) Ein Volk mit einer Frauenrevolution hat die wichtigste Revolution gemeistert. Das kurdische Volk hat dies bewerkstelligt. So hat die PKK in Person der freien Frau die Volksrevolution im wirklichen Sinne erreicht. Mit der befreiten Frau hat sie eine befreite Gesellschaft geschaffen. Sie hat das Verständnis der Stammeskultur gebrochen und das Bewusstsein und die Kultur der demokratischen Nation hervorgebracht. Das ist gleichzeitig eine Revolution der Menschheit.

‚Die PKK ist keine klassische Widerstandsbewegung‘
Natürlich ist die PKK eine starke Widerstandsbewegung gegen Kolonialismus und Unterdrückung. Es geht um ein Volk, dessen Heimat besetzt, das kolonialisiert worden ist. Alle Rechte wurden ihm genommen, sogar seine Sprache zu sprechen war verboten. Hinsichtlich dieser Unterdrückung ist es sogar bedeutsam solch ein Volk überhaupt als Volk zu bezeichnen. Doch die PKK ist keine klassische Widerstandsbewegung. Sie ist eine moderne Widerstandbewegung, die über ein Programm, eine Ideologie, Philosophie und eine Widerstandsstrategie verfügt. Sie verfügt über eine strategische und taktische Führung. Sie besitzt eine Armee, die aus tausenden GuerillakämpferInnen besteht. Sie organsiert Millionen. Sie ist eine moderne Widerstandsbewegung, die auf regionaler und globaler Ebene Politik macht und über die Kraft verfügt, die Ordnung zu ändern.
In Anbetracht all dieser Entwicklungen ist es ungenügend, die PKK als eine Widerstandsbewegung zu definieren. Denn die PKK hat in ihrem 35-jährigen Aufstand das Paradigma der Demokratischen Nation hervorgebracht. Sie hat das demokratisch-konföderale System der Völker entwickelt. Sie hat als Alternative zum 5000-jährigen etatistischen System das Projekt des Systems der demokratischen Völker aufgebaut und hat die Vorreiterrolle beim Aufbau dieses Systems eingenommen. Heute ist das von der PKK entwickelte demokratisch, freie, geschlechterbefreite und ökologisches System das einigende System für die Befreiung der Völker. (…) Die PKK hat, in der gegenwärtigen Situation, das Niveau einer Bewegung überwunden und ist nun zu einem gesellschaftlichen System geworden.

‚Die PKK wurde niemals zu einer ethnischen Bewegung‘
Die PKK wurde niemals eine Bewegung, die einen ethnischen Kampf geführt hat. Es hat viele gegeben die versucht haben die PKK so widerzuspiegeln. Das war eine große Lüge. Diejenigen, die das gemacht haben, waren Feinde der PKK und der Bevölkerung. Die Ideologie der PKK ist freiheitlich und gerecht. Die PKK ist eine demokratische sozialistische Bewegung. Sie ist gegen Nationalismus, religiösen Fundamentalismus, Sexismus und Szientizismus [Positivismus]. Diese Ideologien bringen Faschismus und Militarismus hervor und führen zum Rassismus. Der ganze Kampf der PKK war und ist immer gegen Nationalismus, Sexismus und alle einheitlichen Ideologien. In diesem Sinne trägt die PKK die Besonderheit, die Widerstandsorganisation der regionalen Völker zu sein. (…)
Die PKK hat in ihrem 35-jährigen Kampf die Solidarität und Einheit der Völker gestärkt. Sie hat das Verständnis des gemeinsamen Kampfes entwickelt. Sie hat die Entwicklung eines freiheitlichen und demokratischen Bewusstseins bei den Völkern gefördert. Sie hat die Kultur des demokratischen und kommunalen Lebens wieder erweckt. Die PKK hat die Grundlagen des respektvollen Zusammenlebens der Völker und regionaler Gemeinschaften gestärkt, und diese Kultur in das Projekt der demokratischen Nation, das System der Demokratischen Autonomie und des Demokratischen Konföderalismus in ein gesellschaftliches System umgewandelt. Sie hat für das freie und gerechte Zusammenleben der Völker ein neues alternatives System-Modell hervorgebracht.“

ANF, 25.11.2013, ISKU

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