"Ich
wünschte, ich wäre ein kurdisches Mädchen" Von Belgin Akaltan An diesem Punkt der
Geschichte wünschte ich, ich wäre eine kurdische Frau. Warum? Weil ihre
Zukunft besser aussieht als unsere. Irgendwie wird unsere Zukunft, die
der türkischen Frauen, auf Werten, die der Vergangenheit angehören, aufgebaut,
während die Kurden besonders für die Frauen neue, zeitgemäße Perspektiven
entwickelt haben. Die idealtypische türkische Frau der Zukunft hat bedauerlicherweise weniger Perspektiven, weniger Rechte und weniger Privilegien als unsere Großmütter vor 70 Jahren hatten. Ich habe zwar keine Tochter, aber ich habe große Sorge um meine Nichten, meine künftige Schwiegertochter und um alle Mädchen, die ich kenne. Hauptsächlich um die nächste Frauengeneration, aber ich habe noch viel schlimmere Befürchtungen, was meine Enkelinnen betrifft. Sie werden sich entweder der Macht beugen, die ihnen veraltete, unreife Werte und viele Diskrimierungen aufzwingt, oder sie werden sich an unangemessenen Kämpfen beteiligen. Schaut euch unseren Nachbarn Iran an. In den 1970ger Jahren erlebten die iranischen Frauen nicht die heutigen Einschränkungen. Die heutige iranische Generation kennt nicht einmal andere Optionen oder ist sich darüber bewusst, dass man diese Optionen auch in Frage stellen kann. Sie wurden in eine Situation hineingeboren, die ihnen als normal erscheint. Entschuldigung, das Thema war
ja die Zukunft der kurdischen Mädchen. Lasst mich eines klarstellen: Sie,
die kurdischen Frauen, haben unvorstellbar unter dem „Staat“ und unter
ihren kurdischen Landsleuten gelitten... Sie wurden nicht zur Schule geschickt,
sodass sie nur Kurdisch sprechen können, auch eine Möglichkeit, die Sprache
zu schützen. Diese Taktik scheint aufgegangen zu sein, aber um welchen
Preis? Viele haben ihr Leben vergeudet... Es gab Fälle, in denen kurdische
Frauen nicht mit ihren Kindern sprechen konnten, weil die einzige Sprache,
die sie beherrschten, verboten war. Sie wurden Opfer von Morden, Folter,
Diskriminierungen und erzwungenen Suiziden im Namen der Ehre... Ich möchte
das nicht fortführen. Sie wurden als niedrigste Form menschlichen Lebens
behandelt, diese Ungerechtigkeit kam von allen Seiten, oft auch von Seiten
der Familie. Weise Männer und Frauen Hier ein kurzer Blick auf den Bezirk Bağlar in der südöstlichen Provinz Diyarbakir, wo der Bürgermeister eine Frau ist: Yüksel Baran. Nach einem Interview von Banu Tuna in der Tageszeitung Hürriyet weist der Bezirk die schlechtesten Zahlen in Bezug auf Wirtschaft, häusliche Gewalt, Migration, Anzahl der Kinder, Schulklassenstärke und Büchereien (keine) auf. Trotz allem wurde Bağlar von [dem Umfrageinstitut] SONAR 2011 zur erfolgreichsten Stadtverwaltung gewählt. Es gibt hier ein Frauenschutzhaus und zwei Frauenzentren. Es gibt Sprachkurse. Es gibt hier heute 12 Busfahrerinnen. Es gibt einen Wochenmarkt, wo nur Frauen arbeiten. Es gibt Zentren zur Bildungsunterstützung von Kindern und Jugendlichen. Sie bieten Hausaufgabenhilfe an und Vorbereitungskurse für die Aufnahmeprüfungen an den höheren Schulen und Universitäten. Letztes Jahr bestanden 70 von 100 Schülern diese Prüfungen. Versteht Ihr, was ich meine? Noch einmal, zu diesem Zeitpunkt wünschte ich mir, ich wäre ein kurdisches Mädchen. Wäre ich es, würde ich meinen türkischen Schwestern in jeder mir möglichen Weise helfen, ihre immer geringer werdende Stellung zu verbessern. 30.03.2013, Hürriyet Daily News „Keşke Kürt Kızı
Olsaydım“, Artikel auf Türkisch unter http://belgin.akaltan.com/index.html |
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