MJÊA - Meclisa Jinên Êzîdî li Almaniya / Rat der Êzîdîschen Frauen in Deutschland

TJKE - Tevgera Jinên Kurd li Ewrupa / Frauenbewegung der Kurdinnen in Europa

Die brutalen Angriffe auf die Frauen in Şengal und Kobanê sind ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit

- Jeder Mensch und vor allem jede Frau, unabhängig welcher Bevölkerungsgruppe sowie welcher Glaubensgemeinschaft, steht in der Pflicht und Verantwortung die Menschlichkeit zu schützen und zu verteidigen -

Anlässlich des internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen am 25. November, sagen wir laut und deutlich: Gewalt gegen Frauen tötet die Menschlichkeit!

Der 25. November wurde den drei Schwestern Mirabel gewidmet, die aufgrund ihres Widerstandes gegen die Diktatur in der Dominikanischen Republik 1960 grausam vergewaltigt und ermordet wurden. Hiermit genauso wie mit der Hinrichtung der drei kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansiz, Fidan Dogan und Leyla Saylemez am 9. Januar 2013 in Paris, beabsichtigten die Täter, den Freiheitskampf von Frauen zu brechen. Unser Widerstand geht jedoch unbeirrbar weiter!

Dieses Jahr demonstrieren wir in Verbundenheit mit den Frauen in Şengal und Kobanê. Wir verurteilen alle Formen von Gewalt gegen Frauen in jedem Teil der Welt und rufen alle Frauen zum gemeinsamen Widerstand gegen die Brutalität der IS-Söldnerbanden auf. In Kurdistan steht heute nicht nur das Leben von Frauen unter schwerem Beschuss, sondern auch das Leben aller Menschen und Völker in der Region und diesem Zusammenhang die Menschlichkeit.

Die menschenverachtenden und mörderischen Angriffe der Terrorgruppe IS (Islamischer Staat) bedrohen die Existenz verschiedener Völker und Glau-bensgemeinschaften im Mittleren Osten. Nach den Angriffen auf Kobanê (West-Kurdistan, Syrien) seit Anfang Juni 2014 und die Besetzung von Mossul (Süd-Kurdistan, Irak) durch die IS-Milizen, richten sich ihre Angriffe seit Anfang August insbesondere gegen die ezidisch-kurdische Bevölkerung in der Region Şengal (Süd-Kurdistan).

In den Gebieten, die von den IS-Banden völkerrechtswidrig besetzt wurden, kommt es zu Massenexekutionen, Menschen werden zur Konversion zum Islam gezwungen oder ermordet. Heiligtümer der verschiedenen Glaubensgemeinschaften wie den Eziden und den Christen werden zerstört und geplündert. Mit dem Ziel der Vernichtung aller „Ungläubigen/Kafir“ verübt der IS einen physischen und kulturellen Genozid und zerstört damit ebenso die kulturelle und religiöse Vielfalt und Geschichte der Völker Mesopotamiens.

Laut den Vereinten Nationen UN Angaben befinden sich derzeit über 700.000 Menschen im Nord-Irak auf der Flucht vor diesen Massakern. Die meisten der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder.

Frauen und Mädchen sind auf ganz besondere Weise von den brutalen Angriffen des IS betroffen.
Die Terrorgruppe IS entführen und vergewaltigen Frauen und verkaufen sie zur sexuellen Ausbeutung wie Waren. Mit ihrer Interpretation des Islams be-gründen sie ihre patriarchale Gewaltherrschaft. Imame vollziehen auf einige Stunden befristete "Eheschließungen", um Frauenhandel und -versklavung zu legitimieren. Menschenrechtsorganisationen schätzen, das über 2.000 Frauen auf den von den IS-Milizen aufgebauten Sex-Sklavinnenmärkten in Mossul verkauft und vergewaltigt wurden.

Am 15. September 2014 begannen die gleichen Mörderbanden einen noch größeren Angriff auf die Region Kobanê in Rojava (West-Kurdistan/Nord-Syrien). Zehntausende Menschen aus Şengal und Kobanê wurden durch die Angriffe der IS-Banden zum Verlassen ihre Häuser und Dörfer gezwungen. Der Großteil der Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Sie alle leben unter den schwersten Bedingungen, mit großen Schmerzen und Leid. Insbesondere Frauen aus Şengal leiden unter schweren Traumata.

Als kurdische Frauen werden wir unseren Kampf gegen dieses Unrecht weiterführen und an der Seite der Frauen in Şengal und in Kobanê sein. Denn, die Wurzel unserer Existenz liegen in Şengal und unsere Zukunft liegt in Kobanê ist. Wir grüßen den Widerstand der Frauen in Kobanê, für den die YPJ-Freiheitskämpferin ARÎN MÎRXAN mit ihrem entschlossenen Kampf gegen die IS-Banden zum Symbol des Kampfes um Würde und Freiheit wurde.

Wir rufen alle Frauen auf, sich zusammenzuschließen. Als Frauen gehören wir zu einer Nation und erleben das selbe Leid. Frauen kennen und verstehen den Schmerz von Frauen. Deshalb sagen wir, dass alle, die von sich behaupten, Mensch zu sein, ihre Solidarität mit den Frauen in Şengal und Kobanê zeigen und sich den Gewaltverbrechen entgegenstellen müssen. Heute leben Frauen in Şengal und Kobanê unter den schwersten Bedingungen. Sie benötigen Frieden, Sicherheit und alles Lebensnotwendige. Aber heute verteidigen die Frauen in Kobanê und Şengal auch die Menschenwürde in ihrem Kampf gegen die IS-Banden. Ezidische Frauen haben die Überzeugung erlangt, dass sie ihre Würde nur im Widerstand verteidigen können. Deshalb haben sich viele ezidische junge Frauen dem Kampf in den Bergen von Şengal angeschlossen. Dieser Widerstand der kurdischen Frauen hat das Ziel, demokratische Werte wie Gleichheit, Völkerfreundschaft, Freiheit und Menschenwürde zu verwirklichen.

Die Öffentlichkeit muss sich umgehend für die Befreiung der Frauen aus Şengal aus der IS-Gefangenschaft einzusetzen. Des Weiteren müssen die Flüchtlinge dringend ausreichende Versorgung und winterfeste Unterkünfte erhalten. Alle Frauen müssen ihren Kampf auf allen Ebenen verstärken.

Als Frauen können und wollen wir dazu nicht schweigen – denn die Würde der Frau/Menschlichkeit ist unantastbar!

Nieder mit Ausbeutung, Diktatur, Faschismus, Terrorismus, Reaktion und jeder Form von Gewalt!
Nieder mit dem IS! - Es lebe der weltweite Frauenbefreiungskampf! - Es lebe der Widerstand in Kobanê und Şengal!

Jin Jiyan Azadî – die Frau, das Leben, die Freiheit

Rat der Ezidischen Frauen meclisajinen.ezidi@gmail.com / Cenî-Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V. ceni_frauen@gmx.de

Bielefeld, November 2014
weiterführende Informationen: www.civaka-azad.org, www.isku.org, www.ceni-kurdistan.com