Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland e.V.

 

Das Roj-TV-Verbot dient der Völkerverständigung nicht!

- Es dient eher der türkischen Aggression!

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(Art 5, Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland)

Das Bundesinnenministerium belegte vor ca. einem Jahr das in Deutschland herausgegebene kurdische und türkische Blatt Özgür Politika mit einem Verbot und beschlagnahmte das Archiv des Blattes, die PCs sowie weitere Unterlagen. Das Verbot wurde inzwischen durch einen Gerichtsbeschluss aufgehoben, denn die Begründung, die zum Verbot geführt hatte, hielt einer gerichtlichen Untersuchung nicht stand. Das Archiv, die PCs sowie alle weiteren Unterlagen wurden an die rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben. Mit anderen Worten: um der türkischen Regierung zu gefallen, war der Verfassungsminister bereit, die Verfassung zu brechen und für Menschen, die Texte in kurdischer und türkischer Sprache publizieren wollten, das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken.

Ungefähr ein Jahr später belegte das Bundesinnenministerium den Fernsehsender ROJ-TV, der seinen Sitz in Dänemark hat, mit einem Verbot. Der Sender ROJ-TV darf in Deutschland nicht mehr tätig werden und z.B. keine Büros unterhalten. Die Studios in Wuppertal wurden geschlossen und die Studio-Geräte beschlagnahmt! Auch diesmal wurden die Wohnungen der Mitarbeiter durchsucht und angeblich verfassungsfeindliche Unterlagen mitgenommen. Die Begründung, der Sender schüre Völkerfeindlichkeit(!), gibt die Propaganda der türkischen Regierung über diesen Sender wieder und ähnelt dem haltlosen Verdacht, der zum Verbot der Zeitschrift Özgür Politika geführt hat. Die Bundesregierung setzt mit diesem Verbot türkische Regierungspolitik um, von der sich Politiker fast aller Parteien in vielen Sonntagsreden distanzieren. Die politischen Interessen der türkischen Regierung und die eigenen wirtschaftlichen Interessen im Hinblick auf eine reibungslose Zusammenarbeit mit den zuständigen türkischen Stellen sind offensichtlich wichtiger als das Recht auf freie Meinungsäußerung gem. Art 5 des Grundgesetzes für die in Deutschland lebende Minderheit mit kurdischer oder türkischer Muttersprache. Von diesem Verbot sind auch Menschen mit arabischer und persischer Muttersprache betroffen, für die ROJ-TV ein wichtiges Informationsmedium war und ist. Wie kann ein Sender, der in vier verschiedenen Sprachen sendet und die völkerfeindliche Politik der türkischen Regierung anprangert, selbst völkerfeindlich sein?

Daher appellieren wir dringend an den Innenminister, diese Entscheidung zu überdenken und den Beschluss, der zum Verbot des Senders geführt hat, zurückzunehmen. Der Sender, der zutreffend über die Politik der türkischen Regierung informiert, kann nicht für die Emotionen verantwortlich gemacht werden, die eine Folge der Information über diese Politik sind.

Wir rufen alle demokratischen Organisationen und Initiativen auf, sich mit ROJ-TV, der Stimme des kurdischen und des türkischen Volkes, zu solidarisieren und gegen dieses Verbot zu protestieren. Eine demokratische und pluralistische Gesellschaft verträgt kein Verbot und keine Zensur. Meinung- und Pressefreiheit sind für jede Bürgerin und jeden Bürger unverzichtbar.
Köln, den 27. Juni 2008

V.i.S d.P: Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland e.V., 50670 Köln, Melchiorstr. 3