Pressemitteilung Nr. 36
(25.5.1999)
 
 

IHD Bericht APRIL
Der Menschenrechtsverein (IHD) hat für April die Bilanz der Menschenrechtsverletzungen veröffentlicht.
 

Urfa: Der Mitarbeiter von Özgür Halk, Mustafa Demir, wurde festgenommen. An ihn wurde aus Diyarbakir ein Paket mit Büchern von M. Can Yüce geschickt, u.a. mit dem Buch "Die Sonne geht im Osten auf". Die Polizei untersuchte das Paket und bestellte Demir auf das Amt. Er wurde sofort dem Haftrichter aufgrund der erhaltenen Bücher vorgeführt und in Haft genommen. (Ö.P. 19.5.)

Ankara: Das Verfahren gegen den ehemaligen DEP-Abgeordneten, Naif Günes, wurde verschoben. Ihm wird vorgeworfen,in Pressemitteilungen die PKK unterstützt zu haben und ein indirektes Mitglieder der PKK zu sein. Das Staatssicherheitsgericht in Ankara hat eine Haftstrafe zwischen 15-22,5 Jahren gefordert. (Ö.P. 19.5.)

Sabah 19.5. S. 7
Für den ehemaligen DEP'ler keine Freilassung (Überschrift)
Ankara: Der Prozeß gegen den ehemaligen DEP-Abgeordneten Naif Günes, gegen den wegen separatistischer Propaganda und Unterstützung der PKK 15-22 1/2 Jahre Freiheitsstrafe gefordert wird, wurde fortgesetzt. An dem gestrigen
Prozeß vor dem DGM Ankara Nr. 1 beteiligten sich Naif Günes und sein Anwalt Yusuf Alatas. Alatas forderte Günes Freilassung. Der Gerichtsvorsitzende Mehmet Orhan Karadeniz lehnte diese Forderung ab. In der Anklageschrift wird Naif Günes vorgeworfen, daß er in den verbotenen (Parteien, d. Ü.) DEP und HEP als Mitglied der Terrororganisation PKK Aktivitäten unternommen hätte.

Sabah, 19.5., S. 3
Curum: Noch ein Folterprozeß (Überschrift)
Gegen die Polizeibeamten im Polizeihauptkommissariat Oguzlar Hüseyin Kutlay, Beyhan Aydin, Arif Karaca und Sebahittin Tatli wurde, mit der Behauptung, den wegen eines Diebstahls in Untersuchungshaft genommenen Mustafa Bakirci (23 Jahre) gefoltert zu haben, Anklage erhoben. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft heißt es: "M. Bakirci wurde nach seiner Festnahme so mißhandelt, daß zwar keine Lebensgefahr bestand, er jedoch fünf Tage arbeitsunfähig war."

Mardin: Die zu Diyarbakir-Dicle gehörenden Dörfer werden seit dem 6. Mai durch das Militär von der Außenwelt abgeschnitten. Die Stationierung von Spezialeinheiten an den Dorfgrenzen wird fortgesetzt. Soldaten, Spezialeinheiten und Dorfschützer halten 24 Stunden Wache, damit die Bewohner aus den Dörfern Altay, Gelincik, Yesilsurt, Hinbi, Bilsin, Heselen, Kirkpinar, Gürzan und Kufarin, ihre Tiere nicht auf die Weide treiben und sie nicht auf den Feldern arbeiten können. Nahrungsmittel für die Dorfbewohner wird vom Militär beschlagnahmt. (Ö.P. 19.5.)

Diyarbakir-Lice: In dem Dorf Fis wurden 2 Bauernhöfe durch das Militär verbrannt. Den Angehörigen ließ man 10 Minuten Zeit, ihren Hof zu verlassen. Die Menschen flüchteten nach Lice. Den restlichen Bewohnern von 50 Häusern in dem Dorf gab man eine Woche Zeit, ihre Häuser zu räumen, da auch diese verbrannt werden sollen. (Ö.P. 19.5.)

Mardin: Dorfbewohner aus Nusaybin-Büyükkardes wurden vom Militär gezwungen, Arbeiten auf Militäreinrichtungen zu verrichten. Falls sie sich weigern, wurde ihnen gedroht, ihre Häuser in Brand zu stecken. (Ö.P. 19.5.)

Van: An der Grenze zu Özalp wurde ein Händler erschossen und ein weiterer verletzt, 16 wurden festgenommen. Die Händler kamen aus dem Iran. (Ö.P. 20.5.)

Van: Die Wohnung des Bürgermeister-Kandidaten der HADEP, Adil Aslan, wurde in seiner Abwesenheit von Militär-Einheiten durchsucht. Die Soldaten behaupteten, daß in seinem Garten eine Handgranate gefunden wurde. (Ö.P. 20.5.)

Diyarbakir: In der Nähe von Bismil, am Fluß Pamuk, sind am 16. Mai Abdulhalim, Kema Taha, Burhan Esret Betge während Sandarbeiten vom Militär angegriffen und schwer verletzt worden. Danach wurden sie auf die Militärstation gebracht, wo sie gefoltert wurden. Nach ihrer Entlassung aus der Militärstation gingen sie zum Krankenhaus, wo ihnen der Arzt Burhan Ayhan durch ein Attest die Folter bestätigte und sie 12 Tage krankschrieb. Nachdem sie die ärztliche Bescheinigung erhalten hatten, überfielen Militäreinheiten die Häuser der sechs Betroffenen und nahmen sie und den Chef-Arzt fest. Sie wurden zur Militärstation gebracht und zusammen mit dem Arzt verhört. Ihnen wurde gedroht, für den Fall, wenn sie eine Anzeige gegen das Militär erstatten. Ihre Ausweise wurden einbehalten. Die Betroffenen sind nach einigen Tagen nach Bismil umgezogen, da sie diese Bedrohungen nicht noch einmal erleben wollen. Der Arzt sagte nach der Entlassung: "Ich habe nur das getan, was ich machen sollte." (Ö.P. 20.5.)

Balikesir: Ein Journalist wurde zu 5 Monaten verurteilt. Der Verantwortliche von der Regional Zeitung "3. September", Ahmet Erdogan, hat vor 3 Jahren (Der Bürgermeister hat die Brotpreise unrechtmäßig erhöht, er klaut den Menschen das Geld aus den Taschen) den Bürgermeister (RP) beleidigt. Das Verfahren wurde gestern beendet, Ahmet Erdogan muß für 5 Monate und 25 Tage ins Gefängnis. (Hürriyet, 21.5.)
 
Diyarbakir: Semdin Sakik wurde zum Tode verurteilt. Am 20. Mai ging in Diyarbakir vor dem Staatssicherheitsgericht(DGM) das Verfahren gegen Semdin Sakik zu Ende. Das Gericht hat Semdin Sakik für schuldig befunden, an 191 Aktionen beteiligt gewesen zu sein, bei den Aktionen sollen 283 Menschen getötet worden sein. Mit den Aktionen hat Sakik versucht, die Republik Türkei und ihr Territorium zu teilen. Nach § 125 wurde er dafür zum Tode verurteilt. Sein letzter Versuch, als Kronzeuge gegen Abdullah Öcalan eingesetzt zu werden, ist  nicht von dem Gericht berücksichtigt worden. Sein Bruder, wurde ebenfalls zum Tode verurteilt. Arif Sakik war mit ihm in Süd-Kurdistan festgenommen worden und in Diyarbakir mit vor Gericht gestellt. "Seine letzte Bereuung hat nichts genützt" schrieb die Zeitung Hürriyet am 21.5.
Eigenbericht (22.5.)

Wie einem Bericht der Sabah vom 22.5. zu entnehmen ist, hat ein Staatssicherheitsgericht (DGM) den CD-Rom-Atlas der Zeitschrift "National Geographio" in der Türkei verboten. Es wird u.a. behauptet, das Gebiet der südöstlichen und östlichen Türkei als Kurdistan und Diyarbakir als Hauptstadt bezeichnet wird. In dem Atlas sind jedoch die Staatsgrenzen mit der jetzigen Situation übereinstimmend, die Nennung Kurdistan erfolgt mit dem Hinweis auf ehtnische Grenzen und Diyarbakir wird wie jede andere Stadt in dem Atlas aufgeführt.
 
Van: An der Baskale-Saray und der iranischen Grenze sind vom türkischen Militär, 9 aus dem Iran und Nord-Irak kommende Menschen getötet, 6 verletzt, und 36 Menschen festgenommen worden. Der Gouverneur von Van, Necmettin Kalkan, sagte, es hat eine Auseinandersetzung an der Grenze gegeben, wo iranische und irakische Bürger illegal in unser Land einreisen wollten. Von unseren Sicherheitskräften wurde das Feuer eröffnet. (Hürriyet 23.5.)

Malatya: Das Verfahren gegen 57 Menschen, die gegen das Bekleidungsgesetz  protestiert haben, wurde eröffnet. Ihnen droht ein Jahr Gefängnis, weil  sie eine unerlaubte Demonstration durchgeführt haben. Das Verfahren wurde zu einem späteren Termin vertagt. (ÖP 23.5.)

Siirt: Das Betretungsverbot der Weiden mit Tieren in  Eruh und Umgebung  wurde vom  Militär weiter verlängert. Das zuständige Militär hat am 18.5 in der Nähe von Eruh 5000 Schafe zusammengetrieben und zum Zentrum  gebracht. Die Menschen, die ihre Schafe auf die Weide gebracht haben, wurden festgenommen. Die Namen der Festgenommenen sind: Tahir, Hasan, Resul, Halil, Ahmet und Bengin Bestas. Die Festgenommenen wurden zu Militärkasernen gebracht und dort verhört. Ebenfalls am 20.5 wurde noch ein Hirte (Schäfer) mit dem Name Bengin festgenommen. Sein Ausweis wurde vom Militär einbehalten. Er darf sich nicht mehr aus der Stadt begeben. Nach Aussagen der freigelassenen Schäfer wurde während der Verhöre Folter eingesetzt. Sie wurden von den Folterern gezwungen, Dorfschützer zu werden. Von den Schäfern, die vom Militär zum Zentrum gebracht wurden, fehlen 100 Schäfer, deren Verbleib noch nicht geklärt ist. "Der Kommandant des Militärs hat uns gesagt, entweder müßt ihr Dorfschützer werden, oder ihr dürft die Weiden nicht mehr betreten." Ebenfalls kam es in der Nähe Yüksekova-Oramar am 19.5 zu einem Vorfall, wo Soldaten 300 Schafe angeschossen haben, dabei wurden ca. 20 Schafe getötet. Der Schäfer floh bei der Schießerei.  (Ö.P. 23.5.)

Mersin-Silifke: In Tasucu wurde noch einmal ein Geschäft, das einem Kurden gehört,  von MHP-Leuten mit Dynamit angegriffen. Das Geschäft wurde schon zweimal angegriffen. (ÖP.23.5.)

Siirt-Eruh: Die Rücktrittserklärungen der Dorfschützer von Buziki wurden vom zuständigen Militär nicht akzeptiert. Am 18.5 wollten die Dorfschützer von Buziki wegen des Lebensmittel-Embargos und nicht mehr bezahlter Löhne  ihre Tätigkeit als Dorfschützer niederlegen. Der zuständige Kommandant hat den
Antrag abgelehnt und sagte: "Wir werden euer Dorf räumen und ihr kriegt keine Löhne mehr. Wir werden auch eure Waffen, die ihr von uns gekriegt habt, nicht zurücknehmen. Das Embargo wird weiter existieren." In diesem Dorf wurden seit einem Jahr 27 Personen, die angeblich der PKK Unterstützung gewährten, vertrieben. In dem Dorf gibt es 120 Dorfschützer. Die Dorfbewohner dürfen in der Woche einmal am Mittwoch einkaufen. Wer was einkaufen darf, wird vom Militär bestimmt. Seit April dürfen die Dorfbewohner ihre Weiden nicht mehr betreten. (ÖP 24.5.)
 
Van : Die aus dem Iran und Irak stammenden Kurden, die an der Grenze vom Militär erschossen wurden, wurden mit einem Bagger in einem Grab ohne religiöse Versammlung  begraben. Die Leichen waren total zerfetzt. Die Behandlung der Verletzten im Krankenhaus geht weiter, die Festgenommenen werden weiter verhört. Ihnen droht die Abschiebung in den Iran. Es gibt ein Abkommen zwischen dem Iran und der Türkei, daß die Festgenommenen abgeschoben werden. (Hürriyet 24.5.)
 
Malatya: Die Gefangenen Yilmaz Kahraman, Yusuf Timur, Özgür Isik und Mehmet Acettin haben eine Erklärung abgegeben, daß die Gefängnisleitung die neu ankommenden Gefangenen foltert. Als Beispiel wurde der Fall Kemal Yavuz, der aus dem Gefängnis Umraniye-Istanbul nach Malatya verlegt worden war, angegeben. Sie werden sowohl gefoltert als auch ihre Gegenstände entwendet. Obwohl Yavuz schwer gefoltert wurde, hat der Gefängnisarzt Nail Umay ihn nicht behandelt. Ebenfalls wird den Frauen ärztlichen Hilfe verweigert. Ihre Anträge, in einem Krankenhaus behandelt zu werden, werden ohne Grund abgelehnt. (ÖP 24.5.)
 

Die Informationen wurden aus unten aufgeführten Zeitungen zusammengestellt.
Auf Wunsch können wir Ihnen die Belegausschnitte aus den Zeitungen per Kopie zur Verfügung stellen. Nicht direkt gekennzeichnete Artikel stammen aus Mitteilungen, die wir ebenfalls auf Wunsch zur Verfügung stellen können. (Ö.P = Özgür Politika, Sabah, Evrensel, Milliyet)