St. Galler Tagblatt, 31.03.2006

Anhaltende Unruhen in der Südosttürkei

Batman. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen nach dem Tod von 14 kurdischen PKK-Rebellen im Südosten der Türkei haben sich gestern ausgebreitet.

In der Stadt Batman ging die Polizei gegen etwa 2000 Demonstranten vor. Laut Medienberichten wurden dabei mindestens zehn Menschen verletzt. In den vergangenen Tagen war es im nahen Diyarbakir zu den schwersten Strassenkämpfen seit über zehn Jahren gekommen. In der Region und in der Türkei fragt man sich, ob nun die alten Zeiten mit Ausnahmezustand und Kriegsrecht wiederkehren und welche ökonomischen Auswirkungen dies auf die Region haben könnte, die ohnehin das Armenhaus der Türkei ist.

Gewalt gegen Verweigerer

Begonnen hatten die Unruhen am Dienstag. Die prokurdische Partei für eine demokratische Gesellschaft (DTP) hatte behauptet, die 14 Rebellen seien mit Giftgas getötet worden. PKK-nahe Kreise riefen die Ladeninhaber in der Innenstadt auf, aus Protest nicht zu öffnen. Geschäftsleute, die dem Aufruf nicht Folge leisteten, bezahlten dafür teuer. Mit Knüppeln und Molotowcocktails bewaffnete Jugendliche verwüsteten ihre Läden. Armee und Polizei gingen mit Tränengas und wohl auch mit scharfer Munition gegen die Aufrührer vor. Die Bilanz: drei Tote, 250 Verletzte und 200 Festnahmen.

Zu den Aktionen aufgerufen hatte angeblich der von Dänemark aus arbeitende PKK-nahe Satellitensender «Roj-TV». Deshalb wiederholte gestern der Sprecher des türkischen Aussenministeriums, Namik Tan, die Forderung der Türkei an Dänemark, «Roj-TV» zu schliessen. Die Geschäftswelt Diyarbakirs, die politischen Parteien inklusive der in der Region starken DTP rufen unisono zur Besonnenheit und zu einem Ende der Gewalt auf.

Nicht nur PKK schuld

Es dürfte zu kurz greifen, die PKK allein für die Unruhen verantwortlich zu machen. Zu den Ursachen gehören auch die hohe Arbeitslosigkeit und politische Rückschläge für die Kurden. Ein Staatsanwalt, der die Verwicklung der Armee in Anschläge gegen Oppositionelle aufklären wollte, wurde dafür bestraft. Der Polizeichef Sabri Uzun wurde seines Postens enthoben, weil er sich in ei- nem parlamentarischen Untersuchungsausschuss Kritik an der Armee erlaubt hatte. (ket)